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Die tiefe Arbeitslosigkeit und der Fachkräftemangel führen dazu, dass auch Personen über 50 Jahren in der Schweiz wieder neue Jobs finden. Christin Severin schreibt in der NZZ dazu:

Die Altersguillotine verschiebt sich mit dem angespannten Arbeitsmarkt mehr und mehr nach oben. 50 Jahre sei kein Thema mehr, 55 Jahre auch nicht, auch 58 und 59 würde noch gehen, über 60 sei es weiter schwierig, sagen Personaler.

Grosse Unterschiede gibt es nach Branchen. Gerade in der Gastronomie, wo der Fachkräftemangel am ausgeprägtesten ist, finden gemäss einer Studie des Outplacement-Beraters Rundstedt sogar 60-Jährige wieder Stellen. Ein Grund dafür ist, dass die Eintrittsbarrieren in diesem Bereich tiefer sind als anderswo.

Auch im Gesundheits- und Sozialwesen, bei den Dienstleistern, aber auch im Bau und in der Informationstechnologie gaben viele Unternehmen bei einer Befragung im Sommer 2022 an, dass sie weniger Mitarbeitende hätten rekrutieren können als gewünscht. Die Finanzbranche, wo der Fachkräftemangel weniger ausgeprägt ist, tendiert hingegen anstatt zu späten Neueinstellungen zu Frühpensionierungen. (…)

Das Loblied auf die neuen Lückenbüsser am Arbeitsmarkt hat aber auch seine Grenzen. Es gibt zwar immer mehr Arbeitnehmer in der Altersklasse Ü 50, verfügbar sind de facto aber nur wenige. Traditionell ist die Arbeitslosenquote der über 50-Jährigen in der Schweiz unterdurchschnittlich tief. Der effektive Pool, in dem die Unternehmen fischen können, ist somit eher klein. Ein weiterer Haken: Ältere Mitarbeitende haben im Schnitt höhere Löhne, sind damit teurer und im Vergleich mit den Jüngeren damit unter Umständen doch weniger wettbewerbsfähig. Die höheren Pensionskassenbeiträge verstärken diesen Effekt. Und zu allem Übel sind ältere Arbeitnehmer unter Umständen auch häufiger krank.

Ein Lichtblick für die Älteren ist hingegen, dass eine knappe Mehrheit (51 Prozent) der Schweizer Human-Resources-Manager gemäss einer grossen Befragung des Outplacement-Spezialisten Rundstedt den zunehmenden Jugendwahn bei der Rekrutierung durchaus kritisch beurteilt. So glauben 72 Prozent der über 9000 befragten HR-Manager, dass Junge zwar viel mehr fordern, aber dafür nicht mehr leisten als ihre älteren Kollegen.

Dass die Jungen ihre Verhandlungsmacht ausnutzten, komme in vielen Unternehmen nicht gut an. Hier sei bei den HR-Managern eine klare Unzufriedenheit zum Ausdruck gekommen, meint der Rundstedt-CEO Pascal Scheiwiller. Dieser Unmut könne durchaus ein grundlegenderes Umdenken zugunsten der Älteren auslösen, die gemeinhin als weniger anstrengend, zuverlässiger und loyaler gälten.

  NZZ