Was geht uns Pensionskässeler die AHV an? Die arme Verwandte, die genährt wird von Umverteilung, Subventionen und dem Suchtverhalten von Rauchern und Glücksspielern? Die trotz Revision spätestens 2030 wieder in die roten Zahlen rutscht? Und dauernd höhere Mehrwertsteuerprozente absorbiert? Ein solides Geschäftsmodell sieht anders aus.

Aber da wir alle Beiträge einzahlen, sind auch wir betroffen und damit von dem Geschäft Nr. 19.050 mit dem Titel «AHV 21». Mit etwas Glück kann die «AHV 21» bis 2023 in Kraft gesetzt werden, wenige Jahre später hagelt es bereits wieder Verluste, falls der Tabakkonsum nicht markant steigt oder die nächste Pandemie grassiert. Das wollen wir doch nicht hoffen, also wird auch das bisschen Stabilisierung wie jetzt geplant ziemlich teuer.

Man könnte sagen, die AHV «schwächelt», aber dieser Vorwurf ist für die 2.Säule reserviert, bei der 1. ist der Ausdruck verboten. Und gut zu wissen: obwohl mehr Geld für die 1. Säule aufgebracht werden muss, bildet die bundesrätliche Botschaft eine «Abbauvorlage». Diese Terminologie gilt es zu beachten, wenn im Ratsprotokoll die Diskussion im Ständerat verfolgt wird. Es enthält im Übrigen überraschende Einsichten und einige Perlen der Weisheit.

Gar nicht gut weg kommt bei Rot und Grün die Gleichstellung der Frauen beim Rentenalter. Es lässt sich zwar kaum verhindern, aber dass die Jungparteien sich nun gar für ein generell höheres Rentenalter stark machen, wird in gewissen Kreisen als Skandal gesehen. Paul Rechsteiner hat im Rat verdienstvollerweise auf die düstern Hintergründe verwiesen. «Es ist ja erstaunlich, dass die bürgerlichen Jungparteien bei ihrer Kampagne über sehr viel Geld verfügen. Man fragt sich, wer dahintersteht, Banken, Versicherungen, man kann es sich denken.»

Klar, kann man sich denken. Genau jene Branchen, die ihre Angestellten möglichst bis ins hohe Alter in ihren Jobs behalten wollen, stellen die Checks aus, um die jungen Konservativen für ihre finsteren Pläne zu gewinnen. Vielleicht sollte man Pro Juventute alarmieren. Die Jusos würden sich für so etwas nie hergeben. Nie im Leben. Die sind zu sehr mit dem Suppeverteilen an die Armen und mit ihrer politischen Karriere beschäftigt. Dafür bekommen sie von UBS und Co. natürlich keine dicken Couverts zugesteckt.

Gar keine Freude am Rentenalter 65 der Frauen hat die grüne Basellandschäftlerin Maya Graf: «Das frühere Rentenalter von einem Jahr in der AHV ist für die meisten Frauen immer noch eine Kompensation für ihre eklatanten Nachteile beim Ersparen der eigenen Altersvorsorge infolge ihrer unterschiedlichen Erwerbsbiografien und Lebensplanungen.» Das hätte Meghan Markle nicht schöner formulieren können. Und wo liegt die Krux? «Die Frauen erhalten heute im Durchschnitt einen Drittel weniger Rente, wobei dies vor allem auf den Systemfehler in der zweiten Säule zurückzuführen ist.»

Wahrscheinlich hat nicht bloss die zweite Säule einen Systemfehler, sondern die ganze kapitalistische Wirtschaft. Wie diese zu überwinden wäre, dazu gibt es reichlich Literatur. Zum Einstieg empfehlen wir die Schriften von Lenin und Mao.

Aber wo bin ich stehen geblieben? Ach ja, AHV-Reform. Und wie soll es weitergehen? Jetzt geht die Vorlage an den Nationalrat. Der sieht zu, dass sie teurer wird und weniger bringt. Eine echte Reform ist dann mit der nächsten versprochen. Grosses Ehrenwort des Bundesrats, gleich wie beim BVG. Allerdings haben wir es bei der Altersvorsorge mit mehr als einer (Fall-)Zahl zu tun. Und das Durchregieren par Ordre de Mufti wie in Sachen Corona ist keine Option. Nach aller Erfahrung stösst unser Siebnergremium damit schnell an seine Grenzen. Aber damit sollen sich dann andere herumschlagen.

Peter Wirth, E-Mail