Hansueli Schöchli versucht in der NZZ herauszufinden, wieviel Kassen resp. Versicherte von der geplanten Senkung des Mindestumwandlungssatzes in der Tat betroffen sind. Das herauszufinden ist gar nicht so einfach.

Gemäss Daten der Oberaufsicht der beruflichen Vorsorge sind unter 5 Prozent der erwerbstätigen Versicherten in Vorsorgeeinrichtungen, deren Alterskapital zu weniger als einem Fünftel überobligatorisch ist. In dieser Lesart liesse sich somit nach geltendem Recht schon für fast alle Versicherten ein Umwandlungssatz von 6 Prozent oder weniger anwenden. Dies relativiert die These, wonach nun «unbedingt» irgendeine BVG-Reform gelingen muss. Das Preisschild der Reform ist bedeutend.

Der Bundesrat nennt aber in seiner Botschaft ans Parlament andere Zahlen. Laut Regierung sind rund 12 Prozent der Versicherten auf dem gesetzlichen Minimum versichert, und weitere rund 20 Prozent seien von der geplanten Reform direkt betroffen, weil sie nur wenig überobligatorisches Kapital hätten. Total ergäbe dies rund einen Drittel Direktbetroffene.

Die Diskrepanz ist laut Beteiligten durch die unterschiedlichen Sichtweisen zu erklären. Die Schätzungen des Bundesrats sind aus der Pensionskassenstatistik abgeleitet und beruhen auf der Betrachtung der einzelnen Versicherten. Die Daten der Oberaufsicht beruhen dagegen auf der Betrachtung der einzelnen Vorsorgeeinrichtung.

So kommt es vor, dass Vorsorgeeinrichtungen mit insgesamt viel überobligatorischem Kapital auch Versicherte ohne überobligatorisches Kapital haben. In solchen Fällen kommt es innerhalb einer Pensionskasse zu Quersubventionierungen von hohen Einkommen zu tiefen Einkommen. Solche versteckten Umverteilungen sind im Prinzip systemfremd. Aber Politiker lieben versteckte Umverteilungen, wenn es der eigenen Klientel dient.

Unter dem Strich dürfte laut Beobachtern das «wahre» Ausmass der Betroffenheit irgendwo zwischen den Zahlen des Bundesrats und jenen der Oberaufsicht liegen – vielleicht bei 10 bis 20 Prozent. Genaueres Datenmaterial dazu liegt bis jetzt allerdings nicht vor. Doch die verfügbaren Befunde legen nahe, dass die meisten Vorsorgeeinrichtungen den Finanzdruck des überhöhten Mindestumwandlungssatzes durch Ausweichmanöver abfedern könnten – zum Preis versteckter Quersubventionierungen sowie der Ausdünnung des Angebots von BVG-Vollversicherungen.

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