imageDer Bund hat ein Interview mit Reto Steiner, Professor für öffentliches Management und Direktor der ZHAW in Winterthur, zum Rentenalter 63 geführt, das weiterhin bei der Pensionskasse der Stadt Bern gilt.

Herr Steiner, Angestellte der Stadt gehen bereits mit 63 in Rente. Ist Bern ein Sonderfall?
Dieses tiefere Rentenalter ist in der heutigen Zeit sicherlich ungewöhnlich. Ich weiss aber von der Stadt Freiburg, die ebenfalls das Rentenalter 63 kennt –, aber da gibt es Pläne für eine Erhöhung.

Welche Folgen hätte eine Erhöhung des Rentenalters für die städtische Pensionskasse?
Wenn die Rentenleistungen später einsetzen, kann deren Finanzierung auf eine etwas kürzere restliche Lebensdauer abgestimmt werden. Entweder kann dadurch die Rente erhöht werden, oder aber Arbeitnehmende und Arbeitgeber müssen weniger Beiträge zahlen.

Könnte die Stadt mit einem höheren Rentenalter also Geld sparen?
Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Da spielen noch ganz andere Faktoren mit. Die Folgen würden aber sowieso primär die rechtlich verselbstständigte Personalvorsorgekasse der Stadt betreffen. Für diese würde eine sicherere Finanzierung durch ein höheres Rentenalter eher wahrscheinlich.

Kritiker monieren, dass die Personalkasse für diese «sichere Finanzierung» auch ihren Zinssatz zur Berechnung des Alterskapitals von 2,75 Prozent senken müsste.
Der heutige technische Zinssatz ist tatsächlich hoch und ohne das Eingehen von Anlagerisiken nicht erreichbar.

Wie handhaben das andere Pensionskassen?
Gemäss der Swisscanto-Pensionskassenstudie weisen nur 10 Prozent aller öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen einen technischen Zins von 2,75 Prozent oder höher aus. Unter den privatrechtlichen Kassen sind es gar nur 4 Prozent. Der Durchschnitt bei den öffentlich-rechtlichen Pensionskassen liegt bei 2,2 Prozent, bei privatrechtlichen sogar bei nur 1,9 Prozent.

Würde die Stadt mit einem höheren Rentenalter als Arbeitgeberin an Attraktivität einbüssen?
Eher nicht. Ein Rentenalter von 65 Jahren ist heute Standard und wird in Zukunft wegen des demografischen Wandels schweizweit in der Tendenz wohl sogar noch weiter erhöht werden. Und wenn ich mich als Arbeitnehmer zwischen einer höheren Rente bei längerer Arbeitsdauer oder einem früheren Rentenalter entscheiden müsste, würde ich mich für Ersteres entscheiden. Das sind jedoch individuelle Präferenzen. (mas)

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