imageArbeitgeberpräsident Valentin Vogt wirft sich in einem Interview mit der Luzerner Zeitung für den Renten-Kompromiss in die Schanze. Auszüge:

CVP-Präsident Gerhard Pfister räumt dem Kompromiss geringe Chancen ein.
Überall wo wir eine Chance bekommen, den Sozialpartnerkompromiss zu erklären, ist das Verständnis deutlich besser. Die SVP und der Gewerbeverband reden den Kompromiss mit Schlagworten wie Umverteilung schlecht. Doch das stimmt so einfach nicht.

Der solidarisch finanzierte Zuschlag für Neurentner ist ein Systembruch in der BVG.
Schon heute findet eine Umverteilung statt: Jedes Jahr werden sieben Milliarden Franken von Erwerbstätigen zu den Rentnern umverteilt. Um diese deutlich zu reduzieren, schlagen wir die Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6,0 Prozent vor. Das würde im Durchschnitt zu 13 Prozent tieferen Renten führen. Um das zu verhindern, braucht es den solidarisch finanzierten Rentenzuschlag. Ein Lohnbeitrag von 0,5 Prozent zur Sicherung des zweitwichtigsten Sozialwerkes für die nächsten 15 Jahre ist aus unserer Sicht verkraftbar.

Selbst Millionäre bekommen einen Rentenzuschlag von 200 Franken pro Monat.
Der Millionär beteiligt sich mit seinen Lohnbeiträgen auch stärker an der Finanzierung als weniger gut Verdienende. Die meisten Millionäre beziehen zudem ohnehin keine Rente, sondern lassen sich ihr Alterskapital ausbezahlen.

Es gibt Experten, die sagen, es brauche gar keine Reform.
Das ist fast zynisch. Die während des Erwerbslebens angesparten Gelder decken wegen der verlängerten Lebenserwartung die ausgesprochenen Renten schon lange nicht mehr. Für diese Lücke müssen alle noch Erwerbstätigen geradestehen. Es gibt Pensionskassen, die das Problem der Umverteilung nicht mehr selbst lösen können, das sind primär die BVG und BVG-nahen Kassen. Wenn diese Kassen in Schieflage geraten, droht dem ganzen BVG-System inklusive des überobligatorischen Bereichs Einsturzgefahr.

Inwiefern?
Die obligatorische berufliche Vorsorge ist das Fundament. Man kann nicht im zweiten Stock des Hauses – der überobligatorische Bereich – wohnen bleiben, wenn das Fundament des Hauses wegbricht. Es drohen neue Regulierungen, die auch den überobligatorischen Bereich der Pensionskassen betreffen, so zum Beispiel die Forderung nach einem gesplitteten Umwandlungssatz.


Zahlreiche Wirtschaftsverbände lehnen den Kompromiss ab. Etwa die Banken und die Pharmabranche.

Da bei den Banken und der Pharmaindustrie überdurchschnittlich hohe Löhne bezahlt werden, tragen diese Branchen auch überdurchschnittlich zur Finanzierung der Rentenzuschläge bei. Es braucht hier aber eine Solidarität zur Sicherung des Gesamtsystems.

Bei den Baumeistern und den Detailhändlern zählen die hohen Löhne nicht. Weshalb können Sie selbst diese Verbände nicht überzeugen?
Die Pensionskassenlandschaft ist sehr vielfältig. Das ist gut so. Aber es fordert von allen Betroffenen, nicht nur die eigenen Interessen zu verfolgen, sondern das grosse Ganze im Blickfeld zu haben. Wenn wir jetzt nicht gemeinsam handeln, wird der Zerfall der beruflichen Vorsorge unabwendbar und allen zum Verhängnis. Diese Einsicht wird sich hoffentlich bei den gestaltungswilligen Kräften durchsetzen.

Die Wirtschaft hinterlässt einen zerstrittenen Eindruck bei der BVG-Reform. Droht so nicht der Absturz der Reform?
Als Hüter der zweiten Säule tragen die Arbeitgeber zusammen mit den Sozialpartnern eine Gesamtverantwortung. Beide haben in einem langen Tauziehen einen durchdachten Kompromiss gefunden. Sonst hätte ihn der Bundesrat wohl nicht übernommen und in die Vernehmlassung geschickt. Wir sind zuversichtlich, dass dieser Vorschlag im Verlauf der politischen Beratungen die Oberhand behalten wird. Niemand will angesichts der sich zuspitzenden Probleme im BVG einen Scherbenhaufen anrichten. Zudem haben Reformen in der Sozialpolitik historisch betrachtet immer dann die grössten Chancen, wenn sie von den Sozialpartnern geprägt und von einem breiten politischen Spektrum getragen werden.

  Luzerner Zeitung