Unter all den Daten, welche die neueste Umfrage der Swisscanto wiederum hervorbrachte, dürften jene auf Seite 26 der Studie am meisten zu reden und schreiben geben. Die dazu gehörige Grafik zeigt die Entwicklung des ermittelten Leistungsziels seit 2009. Nach einem stabilen Verlauf bis 2013 ist seither eine stetige Abnahme zu registrieren.

Zusammen mit der AHV wird gemäss informeller Vorgabe eine Ersatzquote von 60 Prozent des letzten Bruttolohnes angestrebt, wovon 34 Prozentpunkte auf die 2. Säule entfallen. Bis 2013 wurden gemäss Swisscanto stets Werte in der Grössenordnung von gesamthaft 80 Prozent ermittelt, dann setzte ein steter Rückgang auf aktuell noch 69 Prozent ein.

Die Zahlen sind aufgrund unterschiedlicher Fragestellung ab 2015 nicht über die ganze Periode voll vergleichbar, der festzustellende Trend ist aber eindeutig. Während die AHV-Leistung stets auf unveränderter Höhe verblieb, ergibt sich aus der Summe der beiden Säulen ein jährlicher Rückgang um ein bis zwei Prozentpunkte. Dieser ist allein auf die Entwicklung in der beruflichen Vorsorge zurückzuführen.

An der Präsentation der Daten wagte Reto Siegrist, Geschäftsführer der Swisscanto, die Voraussage, dass absehbar bis in drei Jahren die angestrebten 60 Prozent unterschritten würden, ausgehend vom Durchschnitt (Median) über alle Pensionskassen. Am besten stehen die Versicherten der öffentlich-rechtlichen Kassen da, für welche der Satz noch bei 74 Prozent liegt, verglichen mit 67 Prozent bei den privatrechtlichen Kassen. Schon nahe bei den 60 Prozent befindet sich das Segment der Sammel- und Gemeinschaftsstiftungen, für welche bloss noch 64 Prozent erreicht werden.

Die Ermittlung der Daten ist nicht ganz einfach. Um zu konkreten und vergleichbaren Zahlen zu kommen, wurde nach dem Leistungsziel bei einem Einkommen von 80’000 Franken gefragt. Damit befindet man sich im Rahmen des BVG-Obligatoriums. Die Rentenhöhe berechnet sich auf Basis der reglementarischen Vorgaben, womit nicht in jedem Falle alle Elemente für die konkrete Rentenhöhe erfasst werden.

Auch wenn weitere Vorbehalte ins Feld geführt werden, bleibt doch die unbestreitbare Erkenntnis, dass das Leistungsniveau in der beruflichen Vorsorge seit ein paar Jahren in einem erheblichen Ausmass zurückgeht.

Ablesbar ist die Entwicklung an der seit über einem Jahrzehnt festzustellenden Senkung der technischen Zinsen und Umwandlungssätze. Der ermittelte technische Zins der privaten Kassen ging im genannten Zeitraum von 3,5 auf 1,9 Prozent zurück. Ohne Ausgleichsmassnahmen der Kassen wäre die Leistungsminderung noch grösser ausgefallen. Zu nennen ist vor allem die Erhöhung der Beiträge, welche heute im Schnitt weit über dem im BVG festgelegten Mindest-Sparziel liegen. Der zusätzliche Aufwand reichte aber nicht aus, um den Effekt des tieferen Zinses resp. Umwandlungssatzes auszugleichen.

Das heisst nicht, dass die 2. Säule «wankt» oder «schwächelt». Es bedeutet aber, dass zur Stabilisierung des Rentenniveaus erhebliche Anstrengungen notwendig sind. Swisscanto schlägt dazu eine ganze Reihe von Massnahmen vor. Alle laufen letztlich darauf hinaus, dass mehr angespart oder länger gearbeitet werden muss, soll der Trend gestoppt werden. Das mag schmerzhaft sein, aber es ist sinnlos, die Augen vor der Realität zu verschliessen.

Die AHV bleibt von der Entwicklung nicht verschont. Wie in zwei Jahrzehnten ihre Leistungen angesichts des massiven Rückgangs der Anzahl Beitragszahler pro Rentner finanziert werden sollen, steht in den Sternen geschrieben. Gleichzeitig fordern die Gewerkschaften eine 13. Rente und wollen damit als Baby Boomer nochmals einen tiefen Griff in die klamme Kasse tun, während die linken Jungparteien mit besorgtem Blick auf ihre Work-Life-Balance einen heiligen Eid geschworen haben, nie, aber auch gar nie ein höheres Rentenalter zu akzeptieren. Mit anderen Worten, wir stehen in der Schweiz vor interessanten sozialpolitischen Experimenten. Bonne chance.

Peter Wirth, E-Mail