imageIm SonntagsBlick gibt CVP-Fraktionschef Gerhard Pfister Auskunft über seine Sicht der Dinge nach der AV2020-Abstimmung.

Herr Pfister, vor einer Woche scheiterte die Reform der Altersvorsorge an der Urne. Wo steht die bürgerliche CVP beim nächsten Anlauf – wieder an der Seite der Linken?
Wir dürfen nicht zu schnell sein und sagen: Das machen wir ohne die Linken! Ideal wäre es, wenn auch die Linken mehrheitlich hinter einer neuen Vorlage stehen könnten. Wichtig ist jetzt, dass zuerst FDP und CVP schauen: Was ist unser gemein­samer Nenner? Dann können wir überlegen, wie wir nach Möglichkeit die anderen Parteien mitnehmen.

Sie haben die FDP vor kurzem als «kalt» bezeichnet …
Abstimmungskämpfe sind hart, aber wenn die Entscheidung gefallen ist, muss man wieder aufeinander zugehen. Die Tonalität hat sich bereits gewandelt.

Wie konnte überhaupt eine Reform scheitern, für die Sie gemeinsam mit der Linken kämpften?
Eine Vorlage, die im Parlament so knapp durchkam und bei der die Fronten derart verhärtet sind, steht an der Urne unter schwierigen Vorzeichen.

Ihre Gegner kritisierten, das Ja-Lager wolle keine Kompromisse eingehen.
Beide Seiten waren ziemlich kompromisslos. Die Gegner haben es uns schwer gemacht, sie wollten von einem sozialen Ausgleich nichts wissen.

Was heisst das für eine kom­mende Reform?
Mit Blick auf die Mehrheitsverhältnisse muss es unser Ziel sein, mindestens drei Bundesratsparteien auf einen Vorschlag zu verpflichten. Sonst wird es wieder knapp.

Und inhaltlich?
Die CVP setzt sich weiter dafür ein, dass das Frauenrentenalter nur dann auf 65 steigt, wenn dies in irgendeiner Art kompensiert wird. Wir dachten, eine Erhöhung der AHV könnte dieser Ausgleich sein. Aber die ist jetzt vom Tisch.

Also gibt es mit Ihnen keinen AHV-Ausbau mehr?
Für uns war es nie ein Ausbau, sondern eine Kompensation für die Ausfälle bei den Pensionskassen. Wenn wir die AHV isoliert sanieren – und danach sieht es aus –, wird man sie nicht ausbauen können.

Wie sehen Sie eine gemeinsame Reform der ersten und zweiten Säule?
Die Reform der AHV ist dringlicher als die der zweiten Säule. Dort herrscht auch grössere Einigkeit: Das Volk hat eine Verbindung abgelehnt. Dennoch sollten beide Pfeiler zeitgleich angegangen werden. Nur so weiss jeder Stimmbürger, wie hoch seine Rente insgesamt ausfallen wird.

Ihre persönlichen Lehren aus der Niederlage?
Unsere Partei darf sich nicht zu früh festlegen. Die Dinge ändern sich.

Wie meinen Sie das?
Die Rentenreform war noch ein Geschäft der Legislatur vor den Wahlen 2015, die den Nationalrat nach rechts rückten. Wir haben dem zu wenig Rechnung getragen. Wir hätten Alternativen zu den 70 Franken vertiefter prüfen müssen. Wir hätten darüber verhandeln müssen, als klar wurde, dass das rechte Lager – gestärkt durch den Wahlsieg – diesen Ausbau der AHV nicht will. Künftig müssen wir länger kompromissbereit sein.

  SonntagsBlick