Martin Kaiser, zuständig für das Ressort Sozialpolitik beim Schweiz. Arbeitgeberverband, schreibt in einem Kommentar zum letztjährigen Mindestzins-Entscheid (für 2015):
“Nach der Aufhebung der Frankenuntergrenze durch die Schweizerische Nationalbank herrscht in der beruflichen Vorsorge Katzenjammer. Die Schuldigen sind schnell gefunden: ungehörige Regulierungen, falsche Parameter, die Mühlen der Gesetzgebung,… Die Liste der Klagen aus den Kreisen der beruflichen Vorsorge liesse sich beliebig verlängern. Verständlich. Doch müssen sich die Exponenten der Branche selber an der Nase nehmen. Zusammen mit den Vertretern der Wirtschaft stellen sie eine klare Mehrheit in der BVG-Kommission. Mit Mehrheitsbeschluss aber hat die Kommission letzten Herbst dem Bundesrat empfohlen, für 2015 einen schon aus damaliger Sicht zu hohen Mindestzins festzulegen.
Kürzlich forderte Werner Enz in der NZZ den Bundesrat auf, den aktuellen Mindestzins von 1,75 Prozent zu überdenken. Es wäre nicht verkehrt, wenn die falsch gesetzten BVG-Parameter – Mindestumwandlungssatz und Mindestzins – korrigiert oder aus der Welt geschafft würden. Enz ist zweifellos beizupflichten. Nur: Weshalb nutzte die mehrheitlich aus Vertretern der beruflichen Vorsorge und Wirtschaftsvertretern zusammengesetzte BVG-Kommission letzten Herbst ihren Spielraum nicht, als sie dem Bundesrat empfahl, den Mindestzins bei 1,75 Prozent zu belassen? Wäre es nicht genau ihr gesetzlicher Auftrag gewesen, einen realistischen Mindestzins vorzuschlagen? Traditionsgemäss folgt der Bundesrat der Empfehlung der BVG-Kommission, wenn er den Mindestzins jeweils gegen Ende Jahr definitiv beschliesst. Zu Recht vertraut er darauf, für die Vorbereitung dieser Entscheidung eine Expertenkommission eingesetzt zu haben.”