Konnte die produktive Wirtschaft vor sechzig Jahren über 90 Prozent der Ersparnisse verfügen, disponiert sie heute noch über etwa 40 Prozent. Die übrigen 60 Prozent fliessen, so die Berechnungen von Simon Zaby von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Basel, in behördlich reglementierte «Spartöpfe» wie Pensionskassen und Lebensversicherungen. Und dort wird das Geld grösstenteils in vermeintlich sichere Anlagen investiert. Eine latente Angst vor Verlusten sitzt den Kassenverwaltern im Genick. Das Beispiel der Bernischen Lehrerversicherungskasse, die über 50 Millionen Franken mit Risikoanlagen verspekuliert hatte, ist nach wie vor präsent, schreibt die Berner Zeitung.

Nur 0,02 Prozent der Pensionskassengelder fliessen in der Schweiz in Wagniskapital, in Amerika sind es 250-mal so viel. Die Praxis der US-Pensionskassen im Umgang mit Venturecapital ermöglichte Wachstumsmotoren der amerikanischen Wirtschaft wie Intel, Google oder Hewlett-Packard. Investitionen in Jungunternehmen mögen riskanter sein als der Kauf von Nestlé- oder Novartis-Aktien, aber sie zahlen sich volkswirtschaftlich aus: Schätzungen der Schweizerischen Vereinigung für Unternehmensfinanzierung (Seca) gehen davon aus, dass US-Start-ups pro Jahr drei Millionen Jobs schaffen.

Würden die schweizerischen Pensionskassen dasselbe tun, könnten nach den Berechnungen der Basler Ökonomen bis 2030 etwa 40 Milliarden Franken Risikokapital geäufnet werden.

Mentor des Projekts Zukunftsfonds Schweiz ist Henri B. Meier, ehemaliger Finanzchef und Verwaltungsrat von Roche, Biotech-Unternehmer und seit vierzehn Jahren Förderer von Start-ups. Die zentrale Herausforderung der Schweiz sei das Kanalisieren von Ersparnissen in wertschöpfende Zukunftstechnologien, ist Meier überzeugt. Da es sich dabei um langfristige Anlagen handelt, sind die Pensionskassen dafür besonders prädestiniert. Weil die individuelle Investition in ein Jungunternehmen aber ein hohes Verlustrisiko beinhaltet, könnten die etwa 2500 Pensionskassen der Schweiz ihre Ressourcen bündeln und via Fonds ein gemeinsames, auf Wagniskapital spezialisiertes Vehikel schaffen. Alimentiert würde der Fonds mit einem Minimum von einem halben Prozent der Schweizer Pensionskassenvermögen in den ersten Jahren, graduell ansteigend bis 5 Prozent nach zehn Jahren. Über den Fonds lassen sich auch jene Spezialisten finanzieren, welche die Start-up-Szene bestens kennen und dadurch die Risiken von Fehlinvestitionen minimieren.

Im Ständerat ist ein entsprechende Vorstoss von Konrad Graber auf Wohlwollen gestossen und ohne Gegenstimme überwiesen worden. Im Nationalrat könnte es der Zukunftsfonds schwerer haben: Die dafür zuständige Kommission für Soziale Sicherheit und Gesundheit begrüsst zwar das Anliegen, allerdings nur mit 11 Ja- und 7 Nein-Stimmen. Entscheiden wird die grosse Kammer in der Herbstsession.

Newsnet / Motion Graber