handelszeitung“Börsencrash und Nullzinspolitik drücken die Vorsorgeeinrichtungen in die Unterdeckung. Jetzt verlangen sie einen tieferen Mindestzins”, schreibt die Handelszeitung am 11.8.11. Urs Aeberli hält fest: “Claude Frey, der Präsident der Schweizer BVG-Kommission, welche den Bundesrat bei der beruflichen Vorsorge berät, will lediglich verraten, wann sein Gremium das nächste Mal tagt: Am 1. September. «Die Agenda wird kurzfristig festgelegt, um der Aktualität möglichst Rechnung zu tragen», so Frey. Doch angesichts der heftigen Turbulenzen an den Finanzmärkten und den immensen Verlusten ist jetzt schon klar, was im Herbst besprochen wird. Die Arbeitgeber-, Arbeitnehmer- und Branchenvertreter werden über die Höhe des BVG-Mindestzinses für 2012 debattieren. Es geht um viel – nämlich um die Frage, wie die rund 600 Milliarden Franken Rentenvermögen in der 2. Säule künftig verteilt werden.”

Im gegenwärtigen Marktumfeld seien 2 Prozent zu hoch, sagt Peter Bänziger, Anlagechef der Fonds- und Vorsorgemanagerin Swisscanto. «Vor dem Hintergrund der schlechten Börsenperformance und angesichts der mageren Rendite zehnjähriger Bundesobligationen, die nur etwa 1,2 Prozent abwerfen, erwarte ich eine Senkung des BVG-Mindestzinses von 2 auf 1,75 bis 1,5 Prozent». Von einem noch deutlicheren Schnitt geht Graziano Lusenti aus. Der Geschäftsführer der Pensionskassenberatungsfirma Lusenti Partners in Nyon prognostiziert eine Rücknahme des Satzes auf 1,0 bis 1,25 Prozent.

Praktisch vollständig auf Absicherung verzichtet die Vorsorgeeinrichtung Profond. Während bei den Börsianem in den Finanzzentren rund um die Welt die Nerven blank liegen, gibt sich Profond-Geschäftsführer Christoph Strohm gelassen. Dabei ist auch seine Kasse nicht ungeschoren durch die Börsenkrise gekommen. Profond versichert über 1600 KMU-Betriebe mit insgesamt mehr als 30000 Arbeitnehmern – die Verpflichtungen ihnen gegenüber sind aktuell nur noch zu 90 Prozent gedeckt. Zu Jahresbeginn lag der Deckungsgrad immerhin noch bei knapp 100 Prozent. Aber auch bei Profond sind nachdenkliche Töne zuhören. Sollte das in den letzten Jahren gehäufte Auftreten von Crashs auf eine dauerhafte, strukturelle Veränderung des Wirtschaftssystems hindeuten, müsste man die Anlagestrategie überdenken, heisst es.

Bei der Sammelstiftung Asga, ist man bereits überzeugt, dass sich die Welt grundsätzlich geändert hat. Dank allgemein tiefer Aktienquote, Währungs- und Aktienabsicherungen konnte die Asga den Schaden für ihre über 70000 Versicherten bisher in Grenzen halten. So verschlechterte sich der Deckungsgrad seit Jahresbeginn nur relativ moderat von 108,5 auf rund 105 Prozent. Jürg Althaus, Leiter Kapitalanlagen bei Asga, spricht weiterhin einer Strategie mit vorsichtig formulierten Renditezielen das Wort und befürwortet daher eine Senkung des Mindestzinses «Er ist ein Überbleibsel aus dem letzten Aktienbullenmarkt. Im Umfeld der künftigen weltweiten Entschuldung dürften die Anlagerenditen sinken, was gegen die Beibehaltung eines Mindestzinses von 2 Prozent spricht.»

Auch für die Lebensversicherer sei der Satz historisch gesehen zu hoch, erklärt Selma Frasa-Odok, Mediensprecherin des Schweizerischen Versicherungsverbands (SVV). «Der SVV stellt sich auf den Standpunkt, dass eine Senkung des Mindestzinses auf höchstens 1,5 Prozent richtig wäre.» Dem widersprechen die Arbeitnehmervertreter, die in der BVG-Kommission Einsitz haben. «Die Gewerkschaft Unia wehrt sich vehement dagegen, dass die Arbeitnehmenden erneut für die Achterbahn der Spekulation zur Kasse gebeten werden sollen. Panikreaktionen in Unternehmen und Pensionskassen wären jetzt völlig verfehlt», erklärt Hans Hartmann vom Unia-Zentralsekretariat.

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