In Die Volkswirtschaft, Ausgabe vom 16.9.25, stellen Michael Huynh, Yvonne Seiler-Zimmermann und Heinz Zimmermann (HSLU) ihre auf Englisch erschienene Studie zur Bedeutung der freien Mittel als Qualitätsmerkmal von Pensionskassen vor. Zur Klarstellung: Freie Mittel liegen vor, wenn die Ziel-Wertschwankungsreserven vollständig geäufnet sind. Wertschwankungsreserven dienen dazu, das Anlagerisiko des Vorsorgevermögens mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit über einen bestimmten Zeithorizont aufzufangen. In der Volkswirtschaft schreiben sie:
Schaffen Einrichtungen freie Mittel dadurch, dass sie in den Vorjahren keine Leistungsverbesserungen gewährten, obwohl sie dazu in der Lage gewesen wären? Dieser Zusammenhang wird mit Daten der Pensionskassenstatistik der Schweiz aus den Jahren 2005 bis 2017 untersucht.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass dies nicht der Fall ist: Die meisten Einrichtungen verfügen nicht länger als in drei aufeinanderfolgenden Jahren über freie Mittel. Die freien Mittel werden also nicht lange gehortet, sondern die Einrichtungen geben einen Teil davon an die Versicherten weiter. (…)
Das Entstehen freier Mittel ist von mehreren Faktoren abhängig, welche durch das verantwortliche Organ festgelegt werden. Zum Beispiel vom technischen Zinssatz, welcher der Bewertung künftiger Verpflichtungen dient. Ist er hoch, senkt dies den ausgewiesenen Wert dieser Verpflichtungen, was den Deckungsgrad und die Wahrscheinlichkeit freier Mittel erhöht.
Die Studie zeigt, dass freie Mittel wahrscheinlicher sind, je weiter der gewählte Zinssatz über der Obergrenze liegt, welche die Schweizerische Kammer der Pensionskassen-Experten (SKPE) jährlich festlegt. Ebenso belegt die Studie, dass Einrichtungen mit einer konservativen Anlagestrategie, das heisst einem geringen Anteil an Aktien und alternativen Anlagen, eher freie Mittel ausweisen.
Freie Mittel werden gemäss der Studie auch durch strukturelle Faktoren begünstigt. So weisen Einrichtungen, welche mehrheitlich Personen mit BVG-Mindestleistungen versichern – alle anderen Faktoren identisch –, mit höherer Häufigkeit freie Mittel aus.
Ausserdem zeigen die Ergebnisse, dass unter gleichen Voraussetzungen die Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein freier Mittel bei Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen (SGE) grösser ausfällt als bei firmeneigenen Pensionskassen.
Denn für SGE spielen Leistungsverbesserungen aus Wettbewerbsgründen eine wichtigere Rolle. Sie haben also einen Anreiz, die Schwankungsreserven unter sonst gleichen Bedingungen tiefer anzusetzen – das zeigen auch die Daten. Immerhin ist dieser Anreiz nach 2012 etwas gesunken. Denn seither sind Leistungsverbesserungen bei SGE bereits erlaubt, wenn mindestens 75 Prozent der Ziel-Schwankungsreserven geäufnet sind.
Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse der Studie, dass sich Qualitätsindikatoren für Vorsorgeeinrichtungen nicht nur auf den traditionellen Deckungsgrad oder auf das Vorhandensein freier Mittel beschränken dürfen. Pensionskassenvergleiche sollten auch die freien Mittel unter Berücksichtigung der gewährten zusätzlichen Leistungsverbesserungen, namentlich Zinsgutschriften, miteinbeziehen.
Die empirischen Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass die untersuchten Einrichtungen im Durchschnitt freie Mittel weder horten noch übermässig ausschütten. Im Einzelfall kann das Bild jedoch davon abweichen.
Volkswirtschaft / Studie Huynh, Seiler, Zimmermann / Cash