In einem umfassenden Interview mit CH-Media äussert sich ASIP-Direktor Lukas Müller-Brunner u.a. zur Situation der beruflichen Vorsorge, den Aussichten für eine neue BVG-Revision und den Absichten des Bundesrats, Kapitalbezüge stärker zu besteuern. Auszüge:

Nach dem klaren Nein zur Pensionskassen-Reform: Wie tief sitzt der Frust?
Lukas Müller-Brunner: Das Nein ist einerseits eine verpasste Chance. Das Gesetz über die berufliche Vorsorge stammt aus dem Jahr 1985. Mit der Reform hätten wir es modernisieren und den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen anpassen können. Andererseits ist es ein Volksentscheid, den wir selbstverständlich respektieren. Die Welt geht deswegen nicht unter. Viele Pensionskassen haben reagiert und ihre Vorsorgepläne angepasst.

Niemand hat Lust auf eine neue Reform. Welche Änderungen braucht es?
Diese Einschätzung teile ich. Und wir stellen fest: Alle drei Versuche, das Gesetz den neuen Lebensumständen anzupassen, sind gescheitert. Jetzt nochmals dasselbe zu versuchen, wäre eine Zwängerei. Zudem lassen sich gewisse Themen wie beispielsweise die Digitalisierung ohne Gesetzesänderungen umsetzen.

Probleme bleiben bestehen. Die tieferen Frauenrenten liegen an den tieferen Pensionskassenrenten. Wie lässt sich das ausbügeln?
Der Grund für den Unterschied ist nicht das Geschlecht, sondern unterschiedliche Erwerbsbiografien. Personen, die ähnlich verdienen, haben eine vergleichbare Rente. Aber es stimmt: Gerade das Erwerbsleben von Frauen, die jetzt pensioniert werden, war stark geprägt von Unterbrüchen und Teilzeitarbeit. Und das schmälert zwangsläufig die Rente.

Wie lässt sich das auffangen?
Ich sehe zwei Hebel: Zum einen ist der Arbeitsmarkt vielschichtiger geworden. Aufgrund des Fachkräftemangels gibt es ein grösseres Angebot auch an Teilzeitstellen. Der zweite Hebel liegt bei den Pensionskassen: Die meisten Kassen haben reagiert und ihre Vorsorgepläne so angepasst, dass insbesondere tiefe Einkommen aus Teilzeitanstellungen besser versichert sind.

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