Mit Bezug auf die Drohung des Präsidenten des Bauernverbands gegen die Beschlüsse zur BVG-Reform spekuliert Fabian Schäfer in der NZZ über taktische Machenschaften hinter den Kulissen, um die Reform bereits im Parlament abzuschiessen.

Die grosse Frage ist: Wird Markus Ritter, werden die Bauern aktiv dazu beitragen, die Reform zu versenken? Es wäre vermutlich der Todesstoss, denn bereits der prononcierte Widerstand der linken Parteien und der Gewerkschaften stellt eine hohe Hürde dar. Wenn nun auch noch die Landwirtschaft klar dagegen Position bezieht, könnte es bereits in der Schlussabstimmung im Parlament eng werden. Sie soll übernächste Woche stattfinden. (…)

Weshalb stimmt die SVP für eine Variante, die dem Gewerbe und den Bauern erklärtermassen zu weit geht? «Wir befinden uns hier in einem Spannungsverhältnis», sagte der SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi am Rande der Debatte. Es sei das erklärte Ziel der bürgerlichen Parteien, dafür zu sorgen, dass gerade Angestellte mit kleineren Löhnen künftig mit ihren Arbeitgebern mehr für das Alter ansparten. «Das geht natürlich nur, wenn im Gegenzug die Lohnabzüge während des Berufslebens höher ausfallen.» Dies müsse man in Kauf nehmen, anders seien höhere Pensionskassenrenten nicht möglich.

Hinter vorgehaltener Hand macht eine böse These die Runde: Etliche bürgerliche Parlamentarier, die gar keine Reform wollten, hätten nur aus taktischem Kalkül für diese Variante gestimmt, um die Vorlage zum Absturz zu bringen. Sie wollten demnach die Kosten für Bauern und Gewerbe derart stark erhöhen, dass diese die Reform zusammen mit der Linken bereits im Parlament zu Fall bringen. Thomas Aeschi weist diesen Verdacht im Namen der SVP kategorisch zurück: «Wir stehen hinter der Vorlage mit den aktuellen Eckwerten und werden sie bis zum Ende der Beratungen geschlossen mittragen.»

Besorgt zeigte sich am Dienstag der Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbands, der Mitte-Nationalrat Fabio Regazzi. Sein Fazit: «Wenn es bei dieser Variante bleibt, kann ich für nichts garantieren.» Zwar betont auch Regazzi, wie wichtig diese Reform sei – auch aus politischen Gründen: um zu zeigen, dass eine bürgerliche BVG-Reform möglich sei. «Aber nicht um jeden Preis.»

Einige Eckwerte sind gemäss Regazzi inzwischen so justiert, dass das Gewerbe damit leben könnte. «Aber diese massive Ausweitung des versicherten Lohns gerade im unteren Bereich ist für viele unserer Mitglieder ein riesiges Problem.» Verbandsintern sei mit grösster Gegenwehr zu rechnen, wobei die Branchen unterschiedlich betroffen seien. Regazzi plant kurzfristig eine Vorstandssitzung, sobald das Parlament die Vorlage bereinigt hat, damit er nach Möglichkeit vor der Schlussabstimmung eine konsolidierte Stellungnahme abgeben kann.

Zunächst aber hofft der Gewerbepräsident auf den Ständerat. Dieser solle die Entscheide zum versicherten Lohn im Sinne des Gewerbes und der Landwirtschaft korrigieren. «Nach meiner Meinung hat die Reform in der Volksabstimmung nur eine Chance, wenn die Wirtschaft geschlossen und klar dahinterstehen kann.» Dies werde für den Gewerbeverband schwierig sein, wenn sich nichts mehr ändere. «Viele Betriebe können sich das nicht leisten, und es ist auch nicht im Interesse ihrer Angestellten.»

Und doch wäre es eine Überraschung, wenn die gewerblich-bäuerlichen Wünsche erhört würden. Der Ständerat wollte bisher bei der Ausweitung des Alterssparens noch weiter gehen als nun der Nationalrat. Ob er der Mehrheitsfähigkeit zuliebe über seinen Schatten springt und den früheren Entscheid widerruft, wird sich bereits am Donnerstag zeigen.

 NZZ