Freude bei SP, Grünen und Gewerkschaften, als vor Wochenfrist die Stimmbürger die Vorlage zur Stempelsteuer bachab schickten, dank ihrem Referendum. Verhindert wurde die Abschaffung einer überflüssigen, überholten und volkswirtschaftlich schädlichen Steuer.

Das Schicksal des nächsten Pakets zur Verrechnungssteuer, das unter ähnlichen Voraussetzungen in die Abstimmung geht, scheint bereits besiegelt. Es droht ein Déjà-vu. Wiederum auf Kosten des Wirtschaftsstandorts Schweiz.

Nachdem der Gewerkschaftsbund innerhalb von 50 Tagen 100’000 Unterschriften gegen die AHV-Reform 21 zusammengebracht hat, ist auch hier das Referendum sicher. Das letzte Wort wird im Herbst gesprochen. Erneut Aussicht auf Jubel bei Gewerkschaften und SP? Wiederum mit sozialen Kollateralschäden.

Und selbstverständlich wurde bereits auch das Referendum gegen BVG 21 in Aussicht gestellt. Die Anpassungen sind überfällig. Aber Referenden sind offenbar courant normal.

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Die Sicherung der Altersvorsorge ist nicht schmerzfrei zu haben, was immer auch versprochen wird. Sowohl AHV wie BVG sind nicht ausreichend finanziert. Das geht zulasten der nachfolgenden Generationen. Die Stabilisierung der Finanzen, aber auch Gerechtigkeit und Anstand, erfordern Reformen.

Kritisiert wird die Angleichung der Rentenalter. SGB-Präsident Maillard argumentiert in der NZZ mit der volkswirtschaftlichen Bedeutung der pensionierten Grossmütter beim Kinderhüten. Die wäre mit einem Rentenalter 65 für Frauen offenbar akut gefährdet.

«Die Frauen sind wütend», erklärte er im Blick, was allerdings nicht überall gut ankommt. Nicht alle Frauen lassen sich vom SGB-Boss ihr Gefühlsleben vorschreiben. Das Fachwort lautet Mansplaining, will heissen, ein Mann erklärt, was Frau zu denken hat.

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Argumente gegen die Reform zu finden, ist offenbar herausfordernd. Dazu ein paar Beispiele von der Website des SEV, der Gewerkschaft des Verkehrspersonals:
«Erhöhung des Rentenalters: heute für die Frauen und morgen für alle. Nicht mit uns!» Giorgio Tuti, Präsident SEV.
Oder: «Ich habe das Referendum gegen AHV 21 unterschrieben, weil ich ein tieferes Rentenalter für alle will.» Peter Käppler, Zentralpräsident AS.
Oder: «Ich habe das Referendum gegen AHV 21 unterzeichnet, weil es sich um den ersten Schritt zur Demontage unseres Rentensystems handelt.» Christian Fankhauser, Vizepräsident SEV.
Oder: «Ich habe das Referendum gegen AHV 21 unterschrieben, weil die perfide Salamitechnik der ständigen Erhöhung des Rentenalters, speziell bei uns Frauen, dazu führt, dass wir alle bis ins Grab arbeiten.» Lucie Waser, Gleichstellungsbeauftragte SEV.

Was bleibt da noch zusagen? Eigentlich haben wir nichts Besseres verdient, wenn solche Argumente Gehör finden. Mit Blick auf die verheerenden Folgen für die junge Generation verbietet sich allerdings solche Nonchalance.

Und nicht zu vergessen: Alle sozialen Wohltaten, die uns versprochen werden, müssen wir selbst bezahlen. Das betrifft auch verhinderte Anpassungen. Und falls wir uns via Referendum davor drücken, geht die Rechnung an unsere Kinder und Enkel. Nice.

Peter Wirth, E-Mail