imageBis eine Pensionskasse ihre Anlagestrategie ändert, vergehen schon mal Jahre, sagt Tobias Wolf, Mitglied der Geschäftsleitung von Mercer Schweiz im Interview mit der FuW. Er rät zum angelsächsischen Modell. Auszüge:

Herr Wolf, auf welche Asset ­Allocation sollten institutionelle ­Investoren derzeit setzen?
Ein professionell verwaltetes Portfolio sollte gut diversifiziert sein. Vor allem die Faktordiversifikation ist wichtig. Über die bekannten Faktoren wie Aktien- und Kreditrisikoprämien hinaus leisten Multi-­Asset-Faktoren einen wichtigen Beitrag, beispielsweise Schwellenländer-, Small-Cap- und Illiquiditätsprämien. Auch die Berücksichtigung von ESG-Kriterien ist zunehmend ein wichtiger Aspekt.

Wie lange dauert die Umsetzung einer solchen neuen ESG-Strategie bei institutionellen Anlegern?
Das geht leider nicht von heute auf morgen und hängt sehr stark vom Umfang und von den Zielen ab. Zwölf Monate braucht es wohl mindestens, um eine Basis zu ­schaffen, es wird sich aber in den meisten Fällen über mehrere Jahre hinziehen.

Ist es noch zeitgemäss, dass so ­wichtige Entscheidungen so viel Zeit in Anspruch nehmen?
Nein. Gerade bei Pensionskassen haben wir häufig die Situation, dass sich die Anlagekommission oder der Stiftungsrat nur quartalsweise treffen und alle Anlageentscheide an diesen Rhythmus gebunden sind. Wir raten daher zum Hinzuziehen von Fiduciary-Managern, wie sie in vielen angelsächsischen Ländern bereits üblich sind.

Was machen die genau?
Bei den wenigsten Pensionskassen gibt es ein professionelles Investmentteam, und es gibt niemanden, der das Portfolio aktiv bewirtschaften kann. Das übernehmen die Fiduciary-Manager, an die Pensionskassen ihre Anlagetätigkeiten teilweise oder vollumfassend delegieren können. Wie nötig das ist, haben wir während der Covid-19-Krise gesehen. Da haben einzelne Pensionskassen ­monatelang nicht reagiert und Opportunitäten an den Märkten liegen gelassen. Wir sehen häufig einen grossen Verzug in der Entscheidungsfindung.

Ist denn die richtige Managergeneration mit den Entscheidungen ­betraut? Müsste man nicht auf Nachwuchs ­setzen, der sich besser auskennt?
Viele Pensionskassen haben nicht die kritische Grösse, um sich intern die erforderlichen Spezialisten aufzubauen. Es muss vielmehr ein Umdenken stattfinden, und nicht nur für die Anlage­beratung, sondern auch für die -umsetzung und die fortlaufende Portfolio­bewirtschaftung müssen unabhängige Spezialisten engagiert werden.

  FuW