imageMichael Ferber und Anna-Barbara Luft haben mit vier Vorsorgefachleuten ein langes und höchst gehaltvolles Gespräch über Fragen der Altersvorsorge geführt. Beteiligt waren: Veronika Weisser (UBS), Marco Bagutti (Auffangeinrichtung), Thomas Schönbächler (BVK) und Stefan Beiner (Publica). Auszug:

Ist die Lage der Schweiz nach der Corona-Krise tatsächlich noch so gut?
Weisser: Zu Beginn der Corona-Krise lag die Verschuldung bei etwa 40% des BIP. In der AHV beträgt die Verschuldung aber ungefähr 136% und die impliziten Schulden im Gesundheitssystem belaufen sich auf rund 200%. Diese impliziten Schulden werden mit der Zeit explizit und dieser Prozess beschleunigt sich derzeit. Das ist eine spannende gesellschaftliche Frage, denn die Systeme, in denen die hohen impliziten Schulden vorhanden sind, sind einfach nicht nachhaltig aufgestellt.

Nachhaltig würde bedeuten, dass diese Systeme mit den aktuellen Regeln auf Dauer bestehen, also die erforderlichen Leistungen erbringen können. Probleme gibt es zwischen den Generationen genau dann, wenn diese Nachhaltigkeit nicht gegeben ist. Das sehen wir im Ressourcenverbrauch genauso wie beim Lebensstandard. Der Lebensstandard, den wir haben, zehrt mehr, als nachhaltig möglich ist. Mit unserer Bevölkerungsstruktur, den aktuellen Beitrags- und Steuersätzen, kommen wir langfristig finanziell nicht durch. Das gilt für die Gesundheitsvorsorge, für die erste Säule und auch für die zweite Säule.

Wir können uns unseren Lebensstandard also gar nicht leisten?
Weisser: Auf Dauer nicht, und zwar weder auf der Ressourcenseite noch auf der finanziellen Seite. Wenn die Verschuldung schneller steigt, dann ist das immer ein Punkt, an dem wir riskieren, dass gesellschaftliche Konflikte ausgelöst werden. Schulden sind nicht nur eine Zahl. Irgendwann schlägt die Verschuldung zurück, jemand muss das über einen tieferen Lebensstandard in der Zukunft bezahlen.

  NZZ / Zusammenfassung