Die Versprechungen der Vertreter der Kriegsmaterial-Initiative sind vollmundig. Die Initiative sei “ein Schritt zu einer friedlicheren Welt, schütze “die Neutralität und Glaubwürdigkeit der Schweiz”, bekämpfe Fluchtursachen und sei “wirtschaftlich sinnvoll”. Zu diesen hehren Zielen sollen auch die Pensionskassen ihren Teil beitragen. Der Initiativtext, der im November zur Abstimmung gelangt, lautet:

Art. 107a  BV  Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten

1 Der Schweizerischen Nationalbank, Stiftungen sowie Einrichtungen der staatlichen und beruflichen Vorsorge ist die Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten untersagt.

2 Als Kriegsmaterialproduzenten gelten Unternehmen, die mehr als fünf Prozent ihres Jahresumsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erzielen. Davon ausgenommen sind Geräte zur humanitären Entminung sowie Jagd- und Sportwaffen und deren zugehörige Munition.

3 Als Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten gelten:

  1. die Gewährung von Krediten, Darlehen und Schenkungen oder vergleichbaren finanziellen Vorteilen an Kriegsmaterialproduzenten;
  2. die Beteiligung an Kriegsmaterialproduzenten und der Erwerb von Wertschriften, die durch Kriegsmaterialproduzenten ausgegeben werden;
  3. der Erwerb von Anteilen an Finanzprodukten, wie kollektiven Kapitalanlagen oder strukturierten Produkten, wenn diese Finanzprodukte Anlageprodukte im Sinne von Buchstabe b enthalten.

4 Der Bund setzt sich auf nationaler und internationaler Ebene dafür ein, dass für Banken und Versicherungen entsprechende Bedingungen gelten.

Unter dem Titel “Was die Kriegsmaterial-Initiative für die Pensionskassen bedeutet” hat sich Hansueli Schöchli für einen Artikel der NZZ umgehört, wie die Initiative eingeschätzt wird. Kurz zusammengefasst: technisch ist sie umsetzbar, aber einschneidend. Der Ausschluss von Produzenten geächteter Waffen werde wohl zum Branchenstandard, aber die Initiative schiesse über das Ziel hinaus und bringe Zusatzaufwand ohne Friedensnutzen, sagt der Pensionskassenverband. Zitiert wird u.a. Luzius Neubert von PPCmetrics:

«Eine Umsetzung wäre möglich, aber einschneidend», bilanziert Luzius Neubert von der Zürcher Finanzberatungsfirma PPC Metrics. In den wichtigsten Anlagekategorien würden laut Neubert wahrscheinlich neue Initiativ-kompatible Fondsangebote entstehen, aber es gäbe «weniger Anbieter und kaum internationale Konkurrenz, da der Markt für viele ausländische Anbieter zu klein wäre». Viele Pensionskassen müssten «mit höheren Kosten sowie eingeschränkten Anlagemöglichkeiten rechnen».

Diverse befragte Fachleute betonen, dass die Umsetzbarkeit auch von den Übergangsbestimmungen abhänge. Laut Initiative sind nach deren Annahme keine neuen Finanzierungen der anvisierten Hersteller zulässig – womit dies sofort gelten mag, auch wenn alternative Fondsprodukte nicht schon am Folgetag verfügbar sind.

FuW-Redaktor Peter Morf kommentiert aus Anleger-Sicht:

Finanzierungen von Unternehmen, die mehr als 5% des Umsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erwirtschaften – wie auch immer dieses genau definiert ist – würden verboten. Diese niedrige Quote führt zu einer Vielzahl betroffener Unternehmen.

Damit werden den Pensionskassen und dem AHV-Fonds anlagepolitisch die Hände gebunden, viele Anlagen fallen ausser Betracht. Da wird es immer schwieriger, vernünftige und vor allem notwendige Renditen zu erzielen, was sich wiederum negativ auf die Renten auswirkt – der berühmte dritte Beitragszahler verliert an Bedeutung.

Während sich die Politik standhaft weigert, die strukturellen Probleme der Altersvorsorge – Rentenalter – seriös anzupacken, kommt diese nun auch noch anlageseitig unter Druck. So ist absehbar, dass die Einkommenslücke tendenziell wächst. Eher früher als später wird dann der Staat als Financier einspringen und sich entsprechend verschulden müssen – zu Lasten des Steuerzahlers natürlich. Beide Varianten gefährden letztlich die Altersvorsorge. Das ist ein Spiel mit dem Feuer.

 InitiativeNZZ / FuW