Am «Jahresstart» des ASIP in Bern gab sich Arbeitgeber-Direktor Roland Müller optimistisch. Befragt nach seinen Erwartungen bei den Sozialpartner-Gesprächen zur BVG-Revision verblieb er gemäss Abmachung im Allgemeinen, betonte aber, die Diskussion laufe, sie sei konstruktiv und vermittelte insgesamt den Eindruck, dass man im Mai in der Tat mit einem vorzeigbaren Ergebnis rechnen dürfe. Müller spekulierte gar, die BVG-Revision könnte rascher vorangehen als jene der AHV.

Keine zwei Wochen später hat Daniel Lampart von der Gewerkschaftsseite seine Einschätzung der beruflichen Vorsorge und die daraus folgenden Revisionsforderungen formuliert. Und man fragt sich, ob wirklich ein Kompromiss für eine Revision zwischen den beiden Trägern der 2. Säule möglich ist, und woraus die Arbeitgeber ihren Optimismus schöpfen.

Ganz oben auf dem Forderungskatalog des SGB steht weiterhin ein AHV-Ausbau. Nach dem Scheitern aller bisherigen Vorhaben mit AHV-Plus und 70 Franken-Zustupf wird es neu mit einer 13. Rente versucht.

Aus Lamparts Äusserungen lässt sich schliessen, dass der Gewerkschaftsbund das Rentenniveau zwar unbedingt halten aber nicht gesamthaft ausbauen will, eine Gewichtsverschiebung von der 2. zur 1. Säule dafür jedoch für notwendig hält. Zu befürchten ist, dass dahinter erneut eines der in Mode gekommenen «Päckli» steckt. Möglicherweise wieder nach dem Strickmuster «Umwandlungssatz-Senkung gegen mehr AHV». Ob der Arbeitgeberverband da mitmacht?

Schwieriger zu interpretieren ist die Forderung nach «Stärkung der Umlagekomponente zur Verbesserung des Preis-Leistungsverhältnisses» der 2. Säule. Haben wir denn nicht schon genug Umlage? Soll sie jetzt auch noch gezielt und mit gesetzlicher Grundlage ausgebaut werden? Das würde dem Individual-Charakter der beruflichen Vorsorge den Garaus machen. Jedenfalls wäre ein Schritt Richtung Volkspension getan, was wohl noch immer die Vision der Gewerkschaft ist. Und das berühmt berüchtigte Preis-Leistungsverhältnis, das wir von den deutschen Discountern kennen, würde nur scheinbar besser und nur dank Verschiebung von laufenden Kosten auf die nächste Generation. Aber das wäre dann unter dem Titel «Mogelpackung» abzubuchen.

Und schliesslich wird ein weiteres Mal die uralt/immergrüne Forderung nach Verbot der Gewinne in der 2. Säule präsentiert. Das heisst in der Realität eine noch höhere Legal Quote. Man mag schon gar nicht mehr darüber diskutieren. Deren Realisierung würde die Anlagen in der Kollektivversicherung noch mehr Richtung Mündelsicherheit verschieben, was allein auf Kosten der Versicherten geht. Aber das scheint dem Chefökonomen des SGB ziemlich egal, obwohl gerade sie unter einem besonders schlechten Preis-Leistungsverhältnis leiden. Die Arbeitgeberseite kann und darf hier nicht nachgeben.

Wie bei dieser wenig erbaulichen Ausgangslage irgendetwas Brauchbares bis Mai entstehen soll, entzieht sich unserer Vorstellungskraft.

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Wenig erbaulich auch die Aussicht auf den Abstimmungskampf um die Staf alias Kuhhandel im Mai. Man muss dagegen sein, weil es sich bei dem Doppelgeschäft – wie in der FuW formuliert – um einen Fall von Nötigung und Erpressung des Stimmbürgers und damit um einen kriminellen Akt handelt. Man sollte und kann auch diese Vorlage wieder versenken, aber unsere Hoffnung, dass in Zukunft etwas Gescheiteres vorgelegt wird, sinkt angesichts der bisherigen Arbeit des Parlaments asymptotisch gegen Null. Machen wir uns nichts vor: Zu mehr und Besserem scheinen das politische System der Schweiz und seine Träger derzeit schlicht und ergreifend nicht fähig.

Peter Wirth, E-Mail