Gut eine Billion Franken haben die Pensionskassen mittlerweile angehäuft. Mehr Geld als man sich vorstellen kann. Dass es allerhand Begierden und Forderungen weckt, schon eher. Mit dem Kapital sollen nebst der Vorsorge gleichzeitig noch zahlreiche andere Ziele verfolgt werden. Alle natürlich uneigennützig zum Schutze von Mensch, Umwelt, Klima oder dann der Wirtschaftsförderung.

Es reicht offenbar nicht, das Kapital möglichst sicher und gleichzeitig gewinnbringend anzulegen. Obwohl das bereits höchst anspruchsvoll ist. Zunehmend werden weitere Randbedingungen entwickelt. Dass die vielbeschworene Umwelt und vor allem der Klimawandel in die Diskussion eingebracht werden, ist wohl unvermeidlich. Dazu hat auch der WWF sich wieder zu Wort gemeldet.

Kürzlich wurde eine Neuauflage der als «WWF Pensionskassen-Rating» bezeichneten Studie publiziert, erstellt von Inrate. Untersucht wurden 20 Kassen, deren Resultate in 5 Kategorien eingeteilt wurden. Drei erhielten das Prädikat «Vorreiter», es schliessen sich an die «Verfolger», dann ein oberes und ein unteres «Mittelfeld» und schliesslich gibt es die «Nachzügler». Die Terminologie ist gewöhnungsbedürftig und nicht wirklich schlüssig.

Vor allem aber bedeutet Nachzügler nicht, dass die betreffenden Kassen sich nicht WWF-konform oder schlechter als die anderen verhalten würden, sondern vor allem, dass sie nicht bereit waren, dem WWF alle gewünschten Daten zur Verfügung zu stellen. Die Beurteilung stellt also eine Abqualifizierung und keine objektive Klassifikation dar, was fragwürdig ist. Dabei sind die Renegaten durchaus honorige Einrichtungen: die BLPK, die PKs von CS und UBS und die PKE. Aber wenn der WWF ruft, hat man offenbar zu parieren, oder es gibt schlechte Noten.

Wenn das mit dem Mangel an Transparenz der betroffenen Kassen gerechtfertig wird, so ist dem entgegenzuhalten, dass mit unterschiedlichen Ellen gemessen wird, was den Vergleich und damit die Einstufung hinfällig macht.

Gleichzeitig erhebt der WWF sehr selbstbewusste Forderungen an die Vorsorgeeinrichtungen: «Der WWF Schweiz erwartet von Pensionskassen, dass sie bei der treuhänderischen Verwaltung der beruflichen Vorsorgegelder systematisch alle relevanten Faktoren berücksichtigen – wirtschaftliche, aber auch ökologische und gesellschaftliche. Als Aktionäre und Kapitalgeber vertreten die Pensionskassen die ganzheitlichen Interessen ihrer Versicherten», schreibt der WWF-CEO Vellacott im Vorwort. Ob das die Versicherten auch so sehen? Und ist die durchschnittliche Pensionskasse für eine so hochtrabende Forderung überhaupt der richtige Adressat?

Oder ist der Anspruch so selbstverständlich, dass sich jede Diskussion erübrigt? Man würde sich jedenfalls einen etwas bescheideneren Auftritt wünschen. Oder dann Antworten auf die Frage, welche Anlagen denn überhaupt noch akzeptabel und ohne negative Auswirkungen auf die Umwelt sind. Und Angaben dazu, wie das geforderte nachhaltige Investieren sich nachprüfbar positiv auf Umwelt und Gesellschaft auswirkt. Dass die geforderte Kapitalmarkt-Pädagogik messbare Wirkungen hat, ist womöglich blosses Wunschdenken.

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Der WWF mit seinem Rating ist nicht die einzige Organisation, welche das ergiebige Feld der PK-Vermögen mit Blick auf die sogenannte Nachhaltigkeit beackert. Vor knapp zwei Jahren hat das Bafu (Bundesamt für Umwelt) einen «Klimatest» lanciert, konzipiert von einem EU-finanzierte NGO. Allerdings ist auch dieser nur auf mässiges Interesse gestossen. Von 1000 angefragten haben damals 65 PKs teilgenommen. Es wurden weitere Auswertungen versprochen, allerdings hat man seither nichts mehr davon gehört. Das war offenbar nur ein behördlicher Versuchsballon.

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Forderungen ganz anderer Art stellt der unter bundesrätlicher Flagge segelnde « Swiss Entrepreneurs Fund», der das Vorsorgevermögen zur Förderung innovativer Unternehmen und Projekte aktivieren will. Damit steht der SwissEF nicht allein da. Swisscanto hat auf rein kommerzieller Basis und ohne politisches Beigemüse seinen Private Equity Fonds aufgegleist. Viel Politik hingegen ist im Spiel bei den Forderungen im Rahmen der Motion Graber und der Forderung nach einem Zukunftsfonds Schweiz, der Pensionskassen die Investition in Jungunternehmen zumindest erleichtern soll.

Mit einer Revision der BVV2 und einer neuen Anlageklasse im Rahmen alternativer Anlagen sollen ebenfalls verbessere Bedingungen dafür geschaffen werden. Gesucht wird offenbar nach der passenden Form des «Nudging», also des gutgemeinten und mehr oder minder freiwilligen Schubsens der Adressaten in Richtung Förderung von Jungunternehmen und Innovationen.

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Schutz der Umwelt, Kampf dem Klimawandel, Förderung von Start Ups, was folgt als nächstes? Wir befürchten, dass die notorische Genderfrage demnächst aufs Tapet kommt. Ein PK-Rating, das im Gefolge der Gender Pay Gap sich den Frauen*-Anliegen widmet. Das heisst dann: nur Anlagen in Firmen, welche die Geschlechter-Parität im Verwaltungsrat verwirklicht haben, eine Mindestzahl von Krippenplätzen bieten, einen minimalen Prozentsatz von weiblichen Führungskräften aufweisen und nachweisbar keinerlei Lohndifferenz zwischen den Geschlechtern. Man kann noch viel tun mit der Billion auf der hohen Kante für die berufliche Altersvorsorge. Vielleicht sogar vorsorgen.

Peter Wirth, E-Mail