bgerFranziska Bürgin, BVG-Anwältin bei Ludwig & Partner, orientiert auf ihrem Blog über den Entscheid 9C_752/2015 vom 28. Dezember 2016 des Bundesgerichts über Haftung von Stiftungsräten, Revisionsstelle und Anlageberater betreffend Vermögensanlage. Bürgin hält dazu fest: “Das Bundesgericht hat erneut zur Haftung von Organen – dieses Mal im Hinblick auf die Vermögensanlage Stellung genommen. Der Sachverhalt lässt erkennen, dass es um die Sammelstiftung PROVITAS geht, die (u.a. mit Vermögensanlagen bei Dieter Behring) insgesamt rund CHF 50 Mio. verloren hatte. Was das Bundesgericht zur Arbeit der Vorinstanz sagt, ist nicht schmeichelhaft. Weiter hält sie u.a. fest:

Die Vorinstanz habe es ferner nicht verstanden, die Schwankungsreserven als wesentliches Element der Risikofähigkeit in Relation zum Aktienengagement zu setzen. Sie habe einzelne für die Beurteilung der Risikofähigkeit relevante Parameter zwar isoliert betrachtet, aber nicht der Gesamtsituation Rechnung getragen.

Die Vorinstanz habe sodann nicht beachtet, dass die Sammelstiftung extrem stark wuchs und ihren Bestand z.B. von 1998 auf 1999 verdoppelte. Dies war laut Bundesgericht ein gewichtiger Risikofaktor, da Neueintretende sich in die Wertschwankungsreserven nicht einkaufen mussten, sondern diese laufend verwässerten. Unter Berücksichtigung all dieser Elemente qualifiziert das Bundesgericht bereits den Aktienanteil von 23%, den die Sammelstiftung im Jahr 1999 hatte, als „grenzwertig hoch“. Es sei damals schon hinreichend bekannt gewesen, dass Investitionen in risikoreiche Anlagen wie Aktien nur zulässig seien, wenn ausreichend Wertschwankungsreserven bestünden.

Dazu erwähnt es die „goldene Grundregel“, wonach Aktienanlagen nur soweit zulässig sind, als freie Mittel im Umfang von mind. 1/3 des gesamten Aktienengagements vorhanden sind. Vorliegend habe das Anlagereglement zwar Wertschwankungsreserven von 20% des Kurswerts der Aktien vorgesehen, jedoch seien diese zu keinem Zeitpunkt vollständig geäufnet gewesen. Damit hätte bereits 1999 Anlass bestanden, die Asset Allocation kritisch zu überprüfen. Im Jahr 2000 habe der Stiftungsrat die Aktienquote stattdessen noch auf 33.9% erhöht, sodass Ende 2000 Aktienanlagen von gut 1/3 des Gesamtvermögens nur noch Wertschwankungsreserven von 2.6% gegenüber standen. Dies sei nun klar unzureichend. Damit ist für das Bundesgericht erstellt, dass der Stiftungsrat das Gebot der Sicherheit der Anlagen und die Pflicht zur Führung der Vorsorgeeinrichtung im Bereich der Vermögensanlage verletzte.

Ebenfalls sorgfaltswidrig ist laut Bundesgericht, dass der Stiftungsrat dem ab 1999 tätigen Vermögensverwalter keine nähere Umschreibung des aktiven Anlagestils vorgegeben hatte und – v.a. – dass kein Benchmark definiert worden war. Damit unterliess er auch die Risikokontrolle oder – wie es das Bundesgericht ausdrückt – „dem Ausmass und der Aggressivität des aktiven Managements“ Grenzen zu setzen. Damit seien Tür und Tor für eine Erhöhung des ohnehin schon zu hohen Anlagerisikos geöffnet worden.

Als zentral hervorzuheben ist aus den weiteren Ausführungen des Bundesgerichts die Aussage, dass Anlagen innerhalb der Grenzwerte der BVV2 nicht per se zulässig sind, sondern nur insoweit, als sie den allgemeinen Sicherheitsanforderungen nach Art. 71 BVG genügen.

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