Mit dem kurz vor Verhandlungsbeginn von FDP und GLP eingebrachten Antrag Sauter/Weibel (dritter Weg zur Leistungsgarantie in der 2. Säule) sollen die Altersgutschriften neu festgesetzt und der Koordinationsabzug ganz gestrichen werden. Der Nationalrat ist dem Antrag gefolgt. Die Kostenfolgen sind unklar. Viel zu reden gaben im Rat die im Tages-Anzeiger wiedergegebenen Berechnungen des BSV. Der TA hatte geschrieben:

Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) hat auf Anfrage des «Tages-Anzeigers» hierzu erstmals konkrete Zahlen errechnet. Und kommt zu einem vernichtenden Fazit: Der «dritte Weg» schlüge im Endeffekt mit fast 4,5 Milliarden Franken jährlich zu Buche – womit er rund 1,5 Milliarden mehr kosten würde als die Modelle des Ständerats (voraussichtlich 2,9 Milliarden) und des Bundesrats (3,2 Milliarden).

Besonders hart würde es die Jungen treffen. «Ein 34-Jähriger mit 70 000 Franken Jahreseinkommen muss heute einen Beitrag von knapp 4500 Franken leisten. Mit dem Vorschlag der FDP und der GLP wären es neu 6000 Franken», sagt BSV-Direktor Jürg Brechbühl. «Bei unserem eigenen Reformvorschlag käme man nur auf 164 Franken mehr als unter der aktuellen Regelung – beim Modell des Ständerats auf 228 Franken, die sich auf AHV und berufliche Vorsorge verteilen.»

Dass FDP und Grünliberale eine Mehrbelastung von 1500 Franken auslösen, hängt mit den Parametern zusammen, an denen sie schrauben. Unter anderem wollen sie den Lohn neu vollständig statt nur teilweise versichern. Das will auch der Bundesrat – doch während er bei den 25- bis 34-Jährigen einen Beitragssatz von 5 Prozent vorsieht, sind es im FDP-GLP-Konstrukt 9 Prozent. (…)

Die neuen Zahlen des BSV könnten den erhofften Befreiungsschlag der Freisinnigen und Grünliberalen vereiteln. Ihr Modell steht bereits von anderer Seite unter Druck: Der FDP-geführte Gewerbeverband warb am Montag in einem Positionspapier bei den Parlamentariern «eindringlich» für eine Ablehnung des Vorschlags. Die Gewerbler sehen Arbeitsplätze gefährdet.

Die NZZ schreibt zum Thema Kostenfolgen:

Grosse Verwirrung gab es am Mittwoch über die Kosten der verschiedenen Kompensationsmodelle in der zweiten Säule. «Bund» und «Tages-Anzeiger» machten Berechnungen der Verwaltung publik, wonach das vom Nationalrat beschlossene Modell 4,45 Milliarden Franken kostet (per 2030). Dies sind rund 1,5 Milliarden Franken mehr, als der Arbeitgeberverband veranschlagt. Viel hängt von den Annahmen für die Berechnungen ab, die notwendig sind, weil die Statistik für die berufliche Vorsorge nur rudimentär ist.

Der Verband hält an seinen Zahlen fest. Sie seien plausibel, sagt Martin Kaiser vom Arbeitgeberverband. Die Variante des Nationalrats liege nahe bei jener des Bundesrats, der mit Aufwendungen von 3,2 Milliarden Franken rechnet. Zu Mehrkosten führen die höheren Beitragssätze. Dafür verzichtet das Modell Nationalrat auf die Herabsetzung der Eintrittsschwelle in die Pensionskasse, was Kosten spart.

pw. Dass die vom BSV errechneten Zahlen allenfalls zu hoch sind, wurde im Rat von Bundesrat Berset eingeräumt. Dass das BSV die brisanten Zahlen kurz vor Debattenbeginn einer Zeitung zuspielt, ist problematisch. Unübersehbar ist, dass die Aufgabe des Koordinationsabzugs technisch während einer längeren Übergangsphase für die Vorsorgeeinrichtungen erhebliche Probleme bieten wird. Wie sich der Wechsel auf die Rentenbildung auswirken wird, werden erst genauere Analysen zeigen. Der Vorschlag ist keineswegs ausgegoren.

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