Christoph Schmutz und Beat Gigy befassen sich in NZZ Equity mit den neuen, verschärften IAS-Regelungen für die Bilanzierung von Vorsorgeverpflichtungen. Schmutz beschreibt die Funktion des Korridors, der mit der revidierten IAS-19 jetzt wegfällt, was sich markant in den Bilanzen der Unternehmen mit IAS-Rechnungslegung auswirken wird. “Laut Lukas Marty, CFO der Beratungs- und Prüfungsgesellschaft KPMG, müssen sich die Schweizer Unternehmen auf einen rund 30% bis 50% höheren Vorsorge-Aufwand in der Erfolgsrechnung einstellen.

Dies ist aber nicht die Folge der höheren Vorsorge-Rückstellungen. Diese werden nämlich im sonstigen Gesamtergebnis OCI («other comprehensive income») untergebracht, das an die eigentliche Erfolgsrechnung anschliesst. Die zusätzlichen Kosten ergeben sich aus der Tatsache, dass neu sowohl auf der Vorsorgeverpflichtung als auch auf dem bereits zurückgelegten Vermögen derselbe Zinssatz anzuwenden ist, der Diskontsatz. Unter dem alten Regime konnte eine zu erwartende Rendite auf das Vorsorgevermögen gerechnet und von den Kosten in der Erfolgsrechnung entsprechend abgezogen werden. Da nun der tiefere Diskontsatz vom Aufwand in der Erfolgsrechnung abgezogen wird, resultieren höhere Kosten.”

Gigy geht auf die Tatsache ein, dass nach schweizerischem Recht eine strikte Trennung zwischen Pensionskasse und Arbeitgeberfirma vorliegt. KMU, welche nach Swiss FER bilanzieren, sind deshalb von den IAS-Änderungen auch nicht betroffen. Allerdings werden auch diese Unternehmen von der Finanzierungssituation ihrer VE betroffen. “Nach Einschätzung des Vorsorgeexperten Christian Fitze (Ecofin Investment Consulting) laufen die meisten Anreize im Pensionskassensystem darauf hinaus, zu hohe Diskontierungssätze zu verwenden. Ein zu hoch angesetzter technischer Zinssatz gaukelt sichere künftige Erträge auf dem bestehenden Deckungskapital vor, die sich in Realität nicht oder nur mit einem zu hohen Anlagerisiko erreichen lassen. Auf diese Weise lässt sich ein höherer Deckungsgrad ausweisen, als er sich bei marktgerechter Beurteilung ergäbe.

Offenbar gibt es in der Schweiz ein West-Ost-Gefälle in dem Sinn, dass in der Romandie das Schönfärben mit hohen technischen Zinssätzen noch etwas intensiver ist als im Osten des Landes. Abschreckend für Jüngere Fitze legt dar, dass eine relativ grosse Koalition Interesse daran hat, die zweite Säule gut aussehen zu lassen: die Politik, die die Gesetze erlassen hat, Pensionskassenexperten, die lange Zeit hohe Diskont-Raten geduldet oder vertreten haben, und eben auch die Unternehmen, die die Belastung ihrer Bilanzen durch Sanierungen zu vermeiden suchen. Hinzu komme die mit den verzerrten Zinssätzen einhergehende Umverteilung von den Jungen zu den Älteren bzw. Rentenbezügern, die von einem hohen Umwandlungssatz profitieren.”

Artikel NZZ