“Die privaten Versicherungen «klauen» die Renten, sagen die Gewerkschaften. Der lärmige Vorwurf soll das eigentliche Problem übertönen. Die Gewerkschaften hintergehen ihre eigenen Leute”, schreibt Markus Somm in der Weltwoche. Er hält fest: “In ihrer Kampagne erwecken die Gewerkschaften den Eindruck, das Problem bestehe bloss, weil ein paar Versicherungsmanager zu hohe Boni abzweigten und zu hohe Profite machten: «Zwölf grosse Versicherungsgesellschaften und ihre Manager sind die treibenden Kräfte hinter der Rentensenkung», schreibt der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB), «unsere Pensionskassen sind für sie ein lohnendes Geschäft. Sie haben damit in den vergangenen Jahren fette Gewinne eingefahren.»

Eine alte literarische Regel besagt: Je greller die Adjektive, desto dünner die Faktenlage. Das gilt auch hier. Die kämpferischen Sätze des SGB, die an die besten Zeiten des Generalstreiks erinnern, täuschen darüber hinweg, dass die Gewerkschaften sich auf ein Nebenproblem eingeschossen haben: Erstens verwalten die privaten Versicherungen nur etwa zwanzig Prozent des Kapitals in der Zweiten Säule. Sie sind kein Hauptspieler, sondern entscheidend sind die zahlreichen (teil)autonomen Pensionskassen. Eigenartigerweise kommen sie aber in der Kampagne der Linken praktisch nicht vor. Liegt es daran, dass viele Gewerkschafter in den Stiftungsräten von Pensionskassen sitzen – und zum Teil genau wissen, welche technischen Sachzwänge ihnen das Leben schwermachen?”

Weltwoche