Der wegen seiner pointierten Aussagen von den Medien gern zitierte PK-Spezialist Martin Janssen hat der Weltwoche Nr. 6/2010 ein Interview zum Umwandlungssatz gegeben. Seine ebenso schlichte wie einleuchtende These: Die Linke will die Pensionskassen zugunsten einer Volkspension in den Ruin treiben. Mit massiven wirtschaftlichen Folgekosten. Ein Auszug aus den Fragen und Antworten:

Weltwoche: Am 7. März stehe die Zukunft der Renten auf dem Spiel, behaupten Befürworter und Gegner. Wird da nicht übertrieben?
Janssen: Nein, denn es geht nicht nur um die Höhe des minimalen Umwandlungssatzes.

Sondern?
Wer den Umwandlungssatz auf dem aktuellen Niveau festschreiben will, höhlt die Pensionskassen aus. Und das hätte politische und wirtschaftliche Folgen.

Weil Pensionskassen bankrottgehen?
Nicht nur. Dahinter stehen handfeste politische und wirtschaftliche Interessen. Die Befürworter eines unveränderten Umwandlungssatzes sind ja nicht dumm. Es ist ihnen klar, dass es eines Tages zu wenig Kapital geben wird, wenn der Umwandlungssatz nicht reduziert wird. Deshalb gibt es wohl nur einen Schluss: Sie wollen unsere Altersvorsorge auf kaltem Weg in Richtung Volkspension umpolen, ohne dass sie ihre Absicht deklarieren. Eine Volkspension anstelle einer obligatorischen Pensionskasse wollte die Linke ja bereits in den sechziger Jahren einführen.

Was wäre ein korrekter Umwandlungssatz?
Richtig wäre ein Umwandlungssatz in der Grössenordnung von fünf Prozent.

Wie berechnen Sie das?
Gemäss Bundesamt für Statistik haben Erwerbstätige, die dieses Jahr 65 Jahre alt werden, eine durchschnittliche Lebenserwartung von 22 Jahren. Teilt man 100 Franken Alterskapital durch 22 Jahre, ergibt das eine Jahresrente von Fr. 4.54, d. h. einen Umwandlungssatz von 4,54 Prozent pro Jahr. Berücksichtigt man, dass die Witwen und Waisen ca. 21 Prozent der Leistungen empfangen, verbleiben nur noch 79 Franken. Und 79 Franken geteilt durch 22 Jahre macht Fr. 3.59 pro Jahr. Unterstellt man einen risikoarmen Zins, weil die Rentner ja sichere Renten erhalten, kommt man höchstens auf 5 Franken pro Jahr. Weil auf absehbare Zeit keine Inflation herrscht, muss auch kein Inflationsausgleich finanziert werden.

Wer sind die Gewinner und Verlierer dieser Entwicklung?
Die Gewinner sind diejenigen, die heute 55 bis 65 Jahre alt sind. Wenn diese Gruppe nur an sich denkt, ist sie an einem hohen Umwandlungssatz interessiert. Man kümmert sich nicht darum, dass man zu viel Rente ausbezahlt bekommt. Für mich reicht es gerade noch, sagen sich die Egoisten. Die Verlierer sind jene, die jünger als 55 Jahre sind. Ihnen wird man eines Tages sagen müssen: Leider reicht das Kapital nicht mehr aus, um eure Rente zu bezahlen.

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