Seit einem Jahr haben die Börsen weltweit im Schnitt rund 20% verloren. Wie die Baisse die Schweizer Pensionskassen rein mathematisch trifft, rechnet Professor Martin Janssen von Ecofin in Zürich vor. «Bei einem Aktienanteil von rund 30% bedeutet das – bezogen auf das Gesamtvermögen von 650 Mrd. Fr. – einen Verlust von 6%, also etwa 40 Mrd. Fr.» Das sei ein Durchschnitt; einzelne Kassen stünden viel schlechter da, manche auch besser. So weist etwa die Pensionskasse Stadt Zürich per Mitte September eine Performance von minus 7,5% aus, Novartis per Ende August eine von minus 2,1%, schreibt die NZZ am Sonntag.

Für die Deckungsgrade der Kassen (Deckung der Verpflichtungen durch Vermögenswerte) verheissen die Verluste nichts Gutes. Janssen erklärt: «Zum Vermögensverlust von durchschnittlich 6% kommt die Minimalverzinsung von rund 2,5% für die vergangenen 12 Monate hinzu. Der Deckungsgrad der Kassen ist damit in den letzten 12 Monaten im Schnitt um rund 8,5 Prozentpunkte gefallen.»

Schwerer als die Börsenverluste wiegen für Janssen die falschen technischen Grundlagen bei vielen Kassen: «Die gestiegene Lebenserwartung wird oft nicht korrekt berücksichtigt, und der Wert der zukünftigen Leistungen per heute wird meist mit viel zu hohen Zinsen berechnet.» Deshalb werde der Deckungsgrad dieser Kassen im Schnitt um 20 Prozentpunkte zu hoch ausgewiesen.

Viele Kassen würden 2008 das Kapital nicht oder nur teilweise verzinsen, falls das Kassenreglement dies zuliesse, prophezeit Janssen. «Das ist ein echter Sanierungsbeitrag in der Höhe der BVG-Mindestverzinsung.» Auch Hanspeter Konrad, Direktor des Pensionskassenverbandes Asip, rechnet damit, dass viele Kassen dieses Jahr wegen der gesunkenen Wertschwankungsreserven eine «Nullrunde» prüfen werden. Viele Kassen hatten nach der Börsenkrise 2001 bis 2003 diese Möglichkeit in ihre Reglemente eingebaut. Konrad hält dies für eine angemessene Massnahme: «Es ist besser, in einem Jahr auf die Verzinsung zu verzichten, wenn damit die Kasse langfristig auf gesündere Beine gestellt werden kann.»

Kommt es so weit, verzichten nur die Arbeitnehmer auf eine Verzinsung: Die Rentner hingegen können nicht für die Sanierung von Kassen herangezogen werden. Sobald eine Rente läuft, werden die Guthaben der Rentner mit 4% oder mehr verzinst. Besonders ärgerlich für Junge sei, so Janssen, «dass sie zur Sicherstellung der laufenden Renten Risiken übernehmen müssen, die sie gar nicht tragen können und für deren Übernahme sie nicht entschädigt werden». Entlastung für die Pensionskassen kommt derweil aus der politischen Ecke: Der Mindestzins soll von 2,75 auf 2% gesenkt werden.

Artikel NZZaS