Die NZZ schreibt: Die Geburtenraten sind global auf Rekordtiefe, und sie sinken weiter. Das hat seine Vorteile, doch über die immensen Folgen wird noch kaum nachgedacht.
Ein kurzer Rundgang um die Welt liefert ein erstaunliches Bild der Lage – angefangen mit Ostasien. Seit drei Jahren ist dort jede grössere Bevölkerungsgruppe im Schrumpfen begriffen. 2023 fehlten in Japan 40 Prozent für den Ersatz der Elterngeneration, in China über 50, in Südkorea erstaunliche 65 Prozent. Selbst die Geburtenrate des verarmten, vom Krieg zerrütteten Myanmar liegt unter dem stabilen Niveau.
In Südasien gewinnt man einen ähnlichen Eindruck, und das gilt selbst für Indien. Mit Nepal und Sri Lanka tauchte das Land vor der Pandemie unter die Erhaltungslinie. Ein sprechendes Beispiel gibt dabei Kolkata ab: Gemäss amtlicher Statistik ist die Geburtenrate in der Metropole 2021 auf eine Geburt pro Frau gesunken – das ist weniger als in jeder grösseren Stadt Deutschlands. (…)
1994 entdeckte der amerikanische Ökonom Lant Pritchett den bisher aussagekräftigsten Indikator für die Geburtenrate. Er lässt sich ganz einfach auf den Punkt bringen: Der entscheidende Faktor ist, was Frauen wollen. Pritchett stellte fest, dass weltweit die von Frauen gewünschte Zahl Kinder praktisch eins zu eins den nationalen Statistiken entsprach. (…)
Der anfängliche Übergang zur Depopulation wird zweifellos schmerzhafte, einschneidende Veränderungen mit sich bringen. In alternden und entvölkerten Ländern wird es schwierig sein, die nötigen Ersparnisse für Investitionen in Wachstum oder auch nur für den Ersatz alter Infrastruktur aufzubringen.
Die derzeitigen Anreize sind für die beginnende Entvölkerung völlig falsch ausgerichtet. Um sich erfolgreich auf eine leerere Welt einzustellen, müssen Staaten, Unternehmen und Einzelpersonen grossen Wert auf Verantwortung und Spardisziplin legen. Bei Investitionsprojekten wird es weniger Spielraum für Fehlgriffe geben.
NZZ
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