imageDie Finanz und Wirtschaft hat Werner Rutsch, Chef des institutionellen Geschäfts der Axa, befragt. Auszüge:

Herr Rutsch, die Börse schwächelt. Wie ist die Stimmung unter Ihren Kunden – Banken, Versicherungen, Pensionskassen?
Weil die meisten Anlageklassen seit Anfang Jahr an Wert verloren haben, müsste man meinen, sie sei im Keller. Das ist sie aber nicht, die Stimmung ist vorsichtig optimistisch. Das hängt mit der gut laufenden Wirtschaft zusammen, aber auch damit, dass im langen Aufschwung die Nerven in den vergangenen Jahren mehrfach angespannt waren, was zu einer gewissen Abhärtung geführt hat. Man lässt sich nicht gleich aus der Fassung bringen, wenn die Kurse mal tauchen.

Nach überwiegender Meinung der Auguren befinden sich die Märkte in der Endphase des Aufschwungs. Was sagt Axa Investment Managers, wie geht es weiter?
Gestützt auf die Fakten hat der Trend zumindest bei den Zinsen zu drehen begonnen. Auch schwächt sich die Konjunktur in Europa moderat und in China offensichtlich ab. Was für die Anlagemärkte trotzdem längerfristig zuversichtlich stimmt, ist der Umstand, dass die Zyklen flacher werden, dass also auch ein Abschwung bescheidener ausfällt als früher.

Grossanleger mögen den Privatmarkt, weil er ihnen eine Illiquiditätsprämie bietet, eine Überschussrendite, so bei Immobilien. Wie gross ist das Risiko?
Der Immobilienmarkt ist ein typisch illiquider Markt, den institutionelle Anleger aufgrund ihrer langen Erfahrung aber gut im Griff haben. Das Problem bei Privatmarktanlagen ist das fehlende Risikomass. Volatilität gleich Risiko, sagt man am Finanzmarkt. Diese Grösse fehlt, was nicht heisst, Privatmarktanlagen würden keine Risiken bergen. Diese gibt es durchaus: Gegenpartei- und Abwicklungsrisiko etwa. Das muss genau geprüft werden.

Machen Privatmarktanlagen ein Pensionskassen- Portfolio sicherer, weil breiter diversifiziert?
Grundsätzlich ja, solange der Anteil nicht überbordet. Institutionelle Anleger benötigen Liquidität nur für die jeweils fälligen Rentenzahlungen. Das Kapital ist langfristig investiert, sodass sie von der Illiquiditätsprämie profitieren. Selbstverständlich muss diese im Verhältnis zu den Risiken stehen. Das abzuklären, erfordert einen Mehraufwand. Auch der muss entschädigt werden.

Aufwand und Know-how: Wie gut halten Pensionskassen-Manager und Stiftungsräte in der Schweiz mit der Entwicklung mit? Sind sie auf der Höhe der Zeit?
Wer heute noch behauptet, Schweizer Pensionskassen hinkten der Entwicklung in den USA hinterher, ist zu wenig nah am Markt. Noch vor 20 Jahren gab es mehr als 4000 Pensionskassen in der Schweiz, heute sind es weniger als 2000 – Tendenz weiter sinkend. Umgekehrt proportional hat sich das Know-how entwickelt. In den letzten Jahren haben die Kassen viel in Fachkräfte, Wissen und Technologie investiert. Die heutige Finanzgeneration ist top ausgebildet, was wir nicht zuletzt dem hervorragenden Bildungssystem zu verdanken haben. Wer den Vorsorgeeinrichtungen heute pauschal mangelnde Professionalität vorwirft, tut ihnen Unrecht.

Was sind die negativen Seiten des PK-Sterbens?
Negativ ist, dass besonders patronale Kassen, selbstständige Firmenkassen, aufgeben müssen, weil es sich nicht mehr rechnet, eine eigene Struktur aufrecht zu erhalten. Sie gehen zu einer Sammelstiftung oder einer Versicherung. Dem Arbeitgeber geht so ein personalpolitisches Instrument verloren. Früher konnte er selbst entscheiden, einen 20-jährigen Angestellten, der noch viele Beitragsjahre vor sich hat, behandle ich versicherungstechnisch vielleicht so und einen 50-jährigen anders. Diese Gestaltungsmöglichkeit war Teil der Firmenkultur und fehlt, wenn keine autonome Kasse vorhanden ist.

  Interview FuW