Michael Schönenberger kommentiert den Parlamentsentscheid in der NZZ:

Stände- und Nationalrat haben sich nun für eine Rentenreform entschieden, deren Zeithorizont gerade einmal bis 2030 reicht. Danach werden die AHV-Ausgaben aus dem Ruder laufen, es werden sich Defizite in Milliardenhöhe auftürmen – jährlich. Das ist keine Reform, sondern ein Hinausschieben der grundlegenden Probleme. Die Zeche wird die junge Generation zu bezahlen haben.

Nicht auszudenken, auf welche gesellschaftlichen Probleme wir nun zusteuern. Es wäre die Pflicht und Schuldigkeit von Bundesrat und Parlament gewesen, eine Reform vorzulegen, die AHV und berufliche Vorsorge nachhaltig strukturell saniert. Diese Chance ist verpasst. Stattdessen schickt man sich an, die AHV auszubauen und die Probleme noch grösser zu machen, als sie ohnehin schon sind.

SP-Bundesrat Alain Berset hat sein Ziel erreicht: den Ausbau der ersten, staatlichen Säule. Es darf unterstellt werden, dass dies von Beginn an sein grosser Masterplan war. Zuerst hat er die eigentlich getrennt zu sanierenden Säulen miteinander vermischt und ein Grosspaket gezimmert, um dann im Parlament einen vermeintlichen Handlungszwang zur Erhöhung der AHV herbeizuführen. Die CVP ist ihm und dem Gewerkschaftsführer Paul Rechsteiner auf den Leim gekrochen. Bei der Linken dürften heute noch die Korken knallen. (…)

Eine üble Figur machten die Grünliberalen: Ihr Sprecher im Parlament legte wortgewaltig dar, warum diese Vorlage überhaupt nicht die Vorlage seiner Partei sei, und zählte alle Nachteile der Reform auf – und empfahl dann, trotzdem mit Ja zu stimmen, damit das Volk entscheiden könne. Inkonsequenz ist nur der Vorname solchen Handelns.

FDP-Fraktionschef Ignazio Cassis nahm zu Recht das Wort Chaos in den Mund, als er von der Zeit nach 2030 sprach. Denn statt die Grundprobleme der Demografie zu lösen, fliessen die Mehreinnahmen in den AHV-Ausbau. Die Folge davon wird sein, dass die Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre unausweichlich wird. Das ist dann vielleicht das einzig Positive, das man aus diesem denkwürdigen Tag herauslesen kann.

  NZZ