Prof. Silvio Borner kritisiert in der Basler Zeitung die Bemühungen um Kompensation bei der Rentenreform.

Nach dem Nein vom 24. September haben sich vor allem Politologen dazu geäussert, wie man mit einer neuen Vorlage eine Ja-Mehrheit hinkriegt. Einigkeit besteht in diesem Kreis darüber, dass es halt «Kompensationen» braucht, um (angebliche) Verlierer ins Ja-Lager zu holen. Den Ökonomen interessieren aber die harten Fakten, um herauszufinden, wie die schweizerische Altersvorsorge nachhaltig den wirtschaftlichen und demografischen Entwicklungen angepasst werden muss. Denn diese sind entscheidend und nicht die politischen Versprechen auf dem Papier.

Die Lebenserwartung bei Geburt ist seit 1948 rasant gestiegen: für Männer von 65 auf 81 und bei Frauen von 69 auf 85. Die Beitragsjahre sind konstant geblieben, aber die Pensionsjahre haben für Männer um gut 7 und bei Frauen gar um 9 Jahre zugenommen. (…)

Die 2. Säule hat einen grundlegenden Konstruktionsfehler: die politische Garantie des Umwandlungssatzes und damit einer minimalen Rendite. Die Ersparnisse liegen ja bei den Pensionskassen oder Versicherungen, die damit auch die Anlagerisiken übernehmen, jedoch immer mehr auf die Versicherten zurückwälzen. Die 2. Säule sollte deshalb liberalisiert werden mit einer blossen Finanzaufsicht bei gleichzeitiger Lockerung der Anlagevorschriften.

Wenn die Renditen der Kapitalanlagen trotzdem längerfristig sinken, müssen auch die Renten fallen. Da gibt es rein gar nichts zu kompensieren und schon gar nicht durch die AHV. Wenn wir den gesetzlichen Umwandlungssatz durch einen finanztechnischen Automatismus ersetzen, braucht die 2. Säule gar keine staatliche Sanierung mehr. Selbst mit dem heutigen Umwandlungssatz für den obligatorischen Teil können sich die PK und Versicherungen selber aus der Schlinge ziehen. Dass der PK-Verband und zwei Versicherungsgesellschaften die AV 2020 lautstark unterstützt haben, zeugt von Unwillen oder Unfähigkeit, die eigenen Probleme selber zu lösen. Das auf die AHV abwälzen zu wollen, war unredlich und kurzsichtig.

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