imageDie NZZ am Sonntag interviewte Thomas Schönbächler, Chef der Zürcher BVK. Nicht unbedingt der einfachste Job in der Branche. Auszüge aus dem Gespräch:

Der Ruf der BVK hat stark gelitten. Das hat zu Austritten aus Ihrer Kasse geführt. Wie viele sind es bis heute?
Bis Ende 2011 wurden 5 von 531 Verträgen gekündigt, mit total 362 Versicherten. Über 300 davon stammen aus der Gemeinde Stäfa. Gleichzeitig sind rund 2300 Versicherte dazugekommen. Für 2012 läuft die Kündigungsfrist noch bis Ende November. Wir erhalten aber laufend positive Rückmeldungen, die Stimmung hat gekehrt. Aber: Es ist ein extrem umkämpfter Markt. Die Versicherungsbroker verdienen sehr, sehr viel Geld daran, wenn sie einen unserer Partner überzeugen können, die BVK zu verlassen und woandershin zu gehen.

Die Gewerkschaften beklagen sich, dass die Gemeindeangestellten von Stäfa mit dem neuen Anbieter schlechtere Leistungen erhalten, als wenn sie bei der BVK geblieben wären. Ist dem so?
Ich habe die Lösung des neuen Anbieters nie gesehen. Aber ich bin nicht unglücklich über den Fall Stäfa. Er war gross in den Medien, und nun scheinen nicht alle zufrieden zu sein. Die BVK ist eben nicht so schlecht, wie sie manche machen. Wir wissen das auch, weil wir Arbeitgebern, die sich von uns trennen möchten, eine Zweitmeinung anbieten: Was wir dabei bis jetzt gesehen haben, ist sehr viel schlechter, als was die BVK bietet.

In der zweiten Säule findet heute eine horrende Umverteilung von Jung zu Alt statt. Ist das richtig?
Nein. Geld umverteilen ist Sache der AHV. Die Umverteilung von den aktiv Versicherten zu den Rentnern ist massiv: Bei uns sind es seit drei Jahren jährlich 100 Millionen Franken! Pensionierungsverlust nennt man das. Da verstehe ich, wenn die Arbeitnehmer nicht einsehen, wieso Rentner nichts zur Sanierung beitragen müssen. Aber das Gesetz will es so. Ich persönlich halte das für richtig.

Wieso? Fair ist es nicht.
Wenn wir laufende Renten senken, ramponieren wir das Vertrauen in das System. Wir müssen einfach dringend die Grundlagen anpassen, damit die Umverteilung aufhört. Sonst wächst der Druck, laufende Renten senken zu dürfen. Für die Zukunft andenken sollten wir beispielsweise ein System mit Basisrenten und Bonusrenten: Die Basisrente wäre garantiert, egal, was kommt. Die Bonusrente gibt es dann, wenn alles gut läuft.

Für das Gesamt-Loch von 3,6 Milliarden Franken in der Kasse der BVK sind nicht primär die Fehlentscheide des angeklagten Anlagechefs verantwortlich, sondern die Politik. Wie setzt sich das Loch zusammen?
Rund ein Drittel stammt aus sogenannten Beitragsferien in den Jahren 1998 und 2001, bei gleichzeitigen Höherverzinsungen. Ein zweiter Drittel aus freiwilligen Teuerungszulagen laufender Renten zwischen 1995 bis 2000, und nochmals ein Drittel für die Veränderung der technischen Grundlagen zwischen 2000 und 2002.

Hat man nicht jahrelang auch zu hohe Renten versprochen?
Das ist so. Man hat die Leistungen viel zu lange nicht angepasst beziehungsweise die dafür nötigen Beiträge nicht eingefordert. Die BVK braucht seit zehn Jahren 4% Rendite jährlich, um die Leistungen zahlen zu können. Erwirtschaftet haben wir nur 1% pro Jahr! Man muss kein Genie sein, um zu merken, dass diese Rechnung nie aufgeht. Die öffentlich-rechtlichen Kassen brauchen leider viel zu lange, bis sie reagieren können. Auch deshalb ist es richtig, dass man die staatlichen Kassen nach Möglichkeit von der Politik abtrennt. Die Verselbständigung, die wir auf Anfang 2014 vollziehen, ist deshalb eine Riesenchance.

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