PW. Die andauernde Tiefzinsphase und die daraus sich ergebenden Konsequenzen für die berufliche Vorsorge bildeten Thema einer Fachtagung von PPCmetrics. Aus makroökonomischer Sicht gingen Daniel Lampart (SGB ) und Jêrome Cosanday (avenir suisse) das Thema an, aus Kassenperspektive Susanne Haury von Siebenthal (Publica) und aus Expertensicht Marco Jost (PPCmetrics).
Wie man die aktuelle Situation beurteilt, hat politische Konsequenzen. Deutlich wurde das aus den beiden ersten Referaten von Lampart und Cosanday. Lampart betonte mehrfach, es handle sich um ein singuläres Ereignis. Die Finanzkrise mit ihren Auswirkungen auf die Kapitalmärkte sei eine Jahrhundertkrise. Die Schlussfolgerung: sie ist vorübergehend und darf nicht Anlass für langfristig wirkende Entscheide sein. Cosanday hingegen wies darauf hin, dass die tiefen Zinsen nun bereits seit Ende der 90er Jahre dominieren und der Fall Japan zumindest Anlass sein sollte, auch das Szenario einer über Jahrzehnte hinweg andauernden Tiefzinsphase in Betracht zu ziehen. Auch die aktuellen Obligationenrenditen zeigen, dass die Märkte mit weiterhin tiefen Zinsen rechnen. Das gleiche Resultat ergab eine Spontanumfrage bei den Tagungsteilnehmern. Die grosse Mehrheit rechnet für die nächsten Jahre mit weiterhin tiefen Zinsen.
Ganz genau weiss es allerdings niemand. Wie ist entsprechend beim Entscheid zum Umwandlungssatz vorzugehen? Lampart wehrt sich als SGB-Vertreter gegen die aus Experten- und Kassensicht längst überfällige Anpassung. Sein Argument: ohne eine umfassende, ökonomische Abklärung des schweizerischen Wachstumspotentials dürfte nicht angepasst werden, denn das Wachstum bestimme letztlich das Zinsniveau. Eine solche Analyse vermisst er in den neusten Absichtserklärungen des Bundesrates zur Altersvorsorge 2020. Bei einem aus seiner Sicht möglichen Wachstum von nominal 3% plus einer Liquiditätsprämie von 1% plus einer Risikoprämie von ungenanntem Ausmass ergäbe sich eine theoretische, längerfristige Rendite von 4,8 bis 4,9 Prozent. Damit liesse sich kurzfristig die Umwandlungssatz-Anpassung (knapp) verhindern; allerdings ist die Zahl nur hypothetisch und klammert die biometrische Entwicklung aus.
Aus ökonomischer Sicht wäre anzufügen, dass die Abhängigkeit von Wachstum und Zinssatz problematisch ist und der Zins theoretisch stärker durch das Produktivitätswachstum bestimmt wird. Zudem geht Lampart mit seiner Formel davon aus, dass es über die Kapitalverzinsung zu einer laufenden Umverteilung zwischen den Produktivitätsfaktoren Kapital und Arbeit kommt, und zwar einseitig von Arbeit zu Kapital, weil das Kapital am Wachstum überproportional partizipiert.
Es ist bemerkenswert aber nicht ungewöhnlich, wenn der Vertreter eines liberalen Think Tank sehr viel geringere Hoffnungen auf die Effizienz der Kapitalmärkte setzt und stärker zur Vorsicht rät als der Gewerkschaftsvertreter. Mit ein paar einfachen Berechnungen zeigte Cosanday auf, dass mit den geltenden gesetzlichen Parametern eine starke und nicht gewünschte Umverteilung zwischen den Generationen verbunden ist. Diese wird von Gewerkschaftsseite nicht explizit bestritten, aber kommentarlos hingenommen.