imageDie Zeitschrift CHSS des BSV hat mit dem früheren Direktor (bis November 2019) des Bundesamts ein Interview geführt. Auszüge:

Sie begannen Ihre berufliche Karriere im BSV 1982 und erlebten von Hans Hürlimann über Alphons Egli, Flavio Cotti, Ruth Dreifuss, Pascal Couchepin bis hin zum jetzigen EDI-Vorsteher Alain ­Berset insgesamt sechs Bundesräte. Wer blieb Ihnen in besonders nach­haltiger Erinnerung?
Als juristischer Mitarbeiter erlebte ich Hans Hürlimann und Alphons Egli nur von Weitem. Alle hatten ihre Eigenheiten. Das hervorragende Zahlengedächtnis von Bundesrat Cotti war für mich eine grosse Herausforderung. Danach durfte ich zehn Jahre lang mit Ruth Dreifuss zusammenarbeiten; für mich eine ganz wichtige Zeit. Sie stand uns allen als Bundesrätin sehr nahe. Nur ganz kurz arbeitete ich mit Bundesrat Pascal Couchepin zusammen. Ihn habe ich als Liberalen im besten Sinn des Wortes kennengelernt. Und schliesslich Bundesrat Alain Berset, ein sehr fordernder, aber auch staatsmännischer Bundesrat, mit dem die Zusammenarbeit sehr vertrauensvoll und produktiv war.

Wie hat sich die Sozialpolitik in den Jahren Ihres Wirkens im BSV gewandelt? Gab es qualitative Veränderungen? Ist es ­schwieriger geworden, sozialpolitische Dossiers durch das Parlament und allenfalls Volksabstimmungen zu bringen, oder sind die Heraus­forderungen in den letzten gut dreissig Jahren dieselben geblieben?
Der politische Entscheidungsprozess ist in den letzten ­Jahren deutlich schwieriger geworden. Dies hat einmal mit den erschwerten Umständen zu tun. Ich bin überzeugt davon, dass Geschäfte in einer Referendumsdemokratie erfolgreich sind, wenn es gelingt, Konsolidierungsmass­nahmen mit genügend positiven Aspekten zu verknüpfen, sodass das Geschäft als Gesamtpaket bei einer Mehrheit des Souveräns Bestand hat. So hätte beispielsweise die Er­höhung des Frauenrentenalters von 62 auf 64 Jahre in der 10. AHV-­Revision ohne die klare Verbesserung der Stellung der Frauen in der AHV durch das Rentensplitting oder die Erziehungsgutschriften, die gleichzeitig eingeführt wurden, keine Chance gehabt. In der Sozialpolitik ist der Spielraum für ausgewogene Revisionspakete gerade vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung deutlich enger geworden.

  CHSS