Christoph Schaltegger, Prof. für politische Ökonomie an der Uni Luzern, setzt sich in einem Artikel der Finanz und Wirtschaft mit den Effekten eines flexibilisierten Rentenalters auseinander und kommt zum Schluss, dass damit kein wirksames Mittel zur Verlängerung der durchschnittlichen, individuellen Erwerbstätigkeit gegeben ist. In seinem Artikel heisst es:

Können mit einer Flexibilisierung ähnliche Effekte für die Finanzierung der AHV erzielt werden wie mit einer Erhöhung des ordentlichen Rentenalters? Aktuelle Untersuchungen, die ich mit meinen Mitarbeitern Patrick Leisibach und Lukas A. Schmid für eine Studie zuhanden des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) zusammengefasst habe, mahnen zur Vorsicht. Wie internationale Erfahrungen nahelegen, können Flexibilisierungen der Intention entgegenwirkende Effekte auslösen.

Zwar kann die Flexibilisierung einige Arbeitnehmer dazu motivieren, länger zumindest teilzeiterwerbstätig zu bleiben. Andererseits werden aber auch einige, die im bestehenden System Vollzeit arbeiten, bei Flexibilisierung nur noch teilzeiterwerbstätig sein und früher Rente beziehen.

Grundsätzlich ist somit unklar, ob das Arbeitsangebot und damit die Finanzierung der AHV mit einer Flexibilisierung wirklich gesteigert werden kann – der Gesamteffekt bleibt letztlich eine empirische Frage. Das heisst, es kommt auf die konkreten Bedingungen der Flexibilisierung an, die durch die Kürzungssätze und die Aufschubzuschläge getrieben werden. (…)

Was ist die Quintessenz aus all dem? Die Flexibilisierung des Rentenalters als politisch schmerzlose Therapie zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer und damit zur Finanzierung der AHV ist trügerisch. Die Therapie kann nur funktionieren, wenn starke Anreize zum Rentenaufschub geschaffen werden.

Die in der aktuellen Reform gesetzten Anreize gehen tendenziell eher in Richtung Rentenvorbezug. Eine solche Flexibilisierung ist gefährlich. Vieles spricht dafür, dass von einer Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters – insbesondere der Männer – die bedeutendsten Effekte auf die Erwerbsbeteiligung und damit auf die AHV-Finanzierung ausgehen würden.

  Artikel Schaltegger