Fabian Schäfer von der Berner Zeitung analysiert die Vorsorgepolitik des Gewerkschaftsbundes und kommt zu bemerkenswerten Ergebnissen:

Im Poker um die Altersvorsorge zählt der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) zu den stärksten Spielern. Früh hat er der Debatte mit dem Schlagwort «Rentenklau» den gewünschten Dreh gegeben. Wer immer am gesetzlichen Umwandlungssatz von 6,8 Prozent rütteln wollte, bekam von links sauber eins auf den Deckel.

Und was macht der SGB nun? Erstens stellte er seine eigene Pensionskasse Anfang Jahr auf den Beitragsprimat um, womit die Angestellten ihre Leistungsgarantien verloren – gemessen an der reinen syndikalistischen Lehre ist das bereits ein Sakrileg.

Damit nicht genug: Obendrein legte der SGB den Umwandlungssatz bei 6,25 Prozent fest – weit unter dem gesetzlichen Minimum. Damit liegt die Gewerkschafterkasse im Mittelfeld aller Vorsorgewerke. Das ist zulässig, da die SGB-Pensionskasse gut ausgebaut ist und das gesetzliche Minimum übertrifft.

Mit diesem Schritt zeigt sich der SGB erstaunlich flexibel. Als das Parlament den Mindestumwandlungssatz schon nur auf 6,4 Prozent senken wollte, ging er auf die Barrikaden. Das Volk lehnte diesen Schritt 2010 denn auch haushoch ab. Der Umwandlungssatz entscheidet über die Höhe neuer Renten. Ein Satz von 6 Prozent ergibt pro 100’000 Franken Alterskapital noch eine Rente von 6000 Franken im Jahr.

Ist nun also der SGB selber zum «Rentenklauer» geworden? Sprecher Thomas Zimmermann wehrt ab. Der SGB hat als Arbeitgeber genügend Geld in die Pensionskasse eingeschossen, um die älteren Versicherten vor Renteneinbussen zu schützen. Das Personal muss auch keine höheren Lohnabzüge hinnehmen. Glücklich, wer so gross­zügige Arbeit­geber respektive Mitglieder hat.

Darf man denn nun annehmen, dass der SGB inzwischen einsichtig ist und die geplante Reduktion des Mindestumwandlungssatzes auf 6 Prozent unterstützt? Weit gefehlt. Zimmermann sagt, der SGB sehe den tiefen Umwandlungssatz als «hoffentlich kurzfristige» Massnahme wegen der tiefen bis negativen Zinsen. Eine dauerhafte Reduktion lehnt er ab, da es ­mit den Zinsen sicher wieder aufwärtsgehen werde.

Merke: Eine wichtige Variable gewerkschaftlicher Rentenarithmetik ist das Prinzip Hoffnung.

  BZ