Ein höheres Frauenrentenalter ist für die SP kein Tabuthema mehr. Erwartet wird jedoch ein Tauschgeschäft: Rentenalter 65 nur, wenn der Staat für gleiche Löhne von Männern und Frauen sorgt. Die SP wird zwei Varianten der Legiferierung vorschlagen, berichtet die NZZ.
Die SP-Vizepräsidentin Jacqueline Fehr hat am Rechtswissenschaftlichen Institut der Universität Zürich eine Expertise in Auftrag gegeben. Die Zürcher Nationalrätin stellte dem Lehrstuhl für Staats-, Verwaltungs- und Sozialversicherungsrecht von Thomas Gächter eine einfache Frage: Ist die Lohngleichheit der Geschlechter über das Gesetz zu erreichen, und kann sie an das Rentenalter gekoppelt werden? In der Expertise, die der NZZ vorliegt, wird die Frage mit Ja beantwortet.
Gächter legt zwei Varianten vor. Bei beiden läge das Referenzrentenalter von Männern und Frauen bei 65 Jahren, jedoch würde das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) mit einer Übergangsbestimmung ergänzt, die beim Frauenrentenalter eine Ausnahme macht. Bei der ersten Variante würde dieses weiterhin bei 64 Jahren liegen, und zwar so lange, bis der Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern unter 3 Prozent gesunken ist.
Die zweite Variante will die Arbeitgeber in die Pflicht nehmen. Sie ist um einiges invasiver und auch komplizierter. Frauen, die in Rente gehen, würden eine finanzielle Kompensation erhalten, nämlich für ihre aufgrund der Lohnungleichheit tiefer ausfallenden Renten. Berechnet würde diese Kompensation mit einem «Lohngleichheitsfaktor», der alle zwei Jahre vom Bundesrat auf Basis der Lohnstrukturerhebung festgelegt würde.
Ruth Derrer Balladore vom Schweizerischen Arbeitgeberverband (SAV) streitet die Lohnungleichheiten nicht ab. Die Lohnstrukturerhebung sei aber holzschnittartig und deshalb im Detail nicht verlässlich. Man könne sie als vorgeschlagene verbindliche Grundlage in einem Gesetz nicht akzeptieren, sagt sie. Der beim SAV für die Sozialversicherungen zuständige Martin Kaiser findet, die Verbindung der Rentenalterfrage einzig mit der Lohngleichheit sei nicht nachvollziehbar. «Wenn schon ein mechanisches Modell, dann müsste man andere Faktoren, zum Beispiel die deutlich längere Lebenserwartung der Frauen, ebenso berücksichtigen», sagt Kaiser.