Doris Bianchi vom Schweiz. Gewerkschaftsbund schreibt zum Reformpaket Altersvorsorge 2020: “Der SGB begrüsst, dass der Bundesrat die Reform der Altersvorsorge in einer Gesamtschau vorantreibt. Die Methode ist gut, denn ein gestaffeltes Vorgehen ist zum Scheitern verurteilt. Bei den Inhalten muss der Bundesrat jedoch andere Akzente setzen und die AHV stärken statt schwächen.
Mit der Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent schlägt der Bundesrat die grösste Rentensenkung aller Zeiten vor. Diese kann durch die Verbesserung der Legal Quote und die vorgeschlagenen Kompensationsmassnahmen in der zweiten Säule nicht wettgemacht werden. Die Senkung würde doppelt so hoch ausfallen wie der Rentenklau, den das Stimmvolk 2010 mit einer Drei-Viertel-Mehrheit abschmetterte. Die krasse Senkung des Mindestumwandlungssatzes kann der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) nicht akzeptieren. Denn der Bundesrat ignoriert die Lebensrealität künftiger Rentner mit normalen Einkommen: Wer heute ein Monatseinkommen von 5500 Fr. hat – etwa ein Elektromonteur – erzielt nach der Pension ein tiefes Jahres-Renteneinkommen aus erster und zweiter Säule von etwa 36‘000 Franken. Nach der Senkung des Umwandlungssatzes würde sein Rentenniveau um 1200 Fr. sinken. Die ohnehin tiefen Altersrenten dürfen nicht gesenkt, sondern müssen vielmehr erhöht werden, so wie es die Volksinitiative AHVplus verlangt. Nur mit einer Stärkung der AHV kann der Verfassungsauftrag umgesetzt werden, dass die Renten aus erster und zweiter Säule die Fortsetzung „des gewohnten Lebens in angemessener Weise“ ermöglichen sollen.
Nein sagt der SGB auch zur geplanten Erhöhung des Frauen-Rentenalters auf 65 Jahre. Von einem Schritt zur Gleichberechtigung von Frau und Mann zu sprechen, ist ein Hohn. Denn Frauen haben wegen Babypause und tieferen Löhnen ein wesentlich tieferes Renteneinkommen als die Männer. Zudem sind ältere Arbeitnehmerinnen auf dem Arbeitsmarkt noch weniger gefragt als Männer. Unverständlich ist auch, dass der Bundesrat mit dem neuen Referenzrentenalter und dem Pensionierungsfenster 62/70 die Türe aufstösst zu einem allgemein höheren Rentenalter, so wie es die Arbeitgeber und die bürgerlichen Parteien fordern. Ein höheres Rentenalter zielt jedoch an der Realität auf dem Arbeitsmarkt vorbei, da ältere Arbeitnehmende Mühe haben, ihre Stelle zu halten oder eine neue zu finden.