SGB und Travail Suisse haben an einer Medienveranstaltung die Situation bei den Altersrenten thematisiert. SGB-Präsident Rechsteiner verwies insbesondere auf die tendenziell sinkenden PK-Renten, ohne aber auf die steigende Lebenserwartung einzugehen. Wie üblich wurden auch die Versicherer kritisiert.
Travail Suisse
“Profit auf Kosten der Versicherten”
Matthias Kuert von Travail Suisse dreht in einer Replik zum Interview mit Markus Leibundgut (Swiss Life) an der alten Leier der “überhöhten Gewinne der Versicherer “ in der 2. Säule. Mehr scheint ihm zum Thema BVG nicht einzufallen.
Stimmen zu den Vorgaben zur Rentenreform
Die FDP ist grundsätzlich einverstanden mit den Ideen des Bundesrates, hält die starke MWSt-Erhöhung für inakzeptabel.
Der Bundesrat sieht eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um bis zu 1.7% vor. Im Unterschied zur AV2020 ist der Zeithorizont für die Ausfinanzierung der Vorlage bis 2033 deutlich länger. Zudem waren in der alten Vorlage weitere Finanzierungsmittel vorgesehen. Der Vorschlag von Bundespräsident Berset ist wie bereits bei der Altersvorsorge 2020 fahrlässig, da er insbesondere die jüngere Generation belastet. Hätte sich die FDP dazumal im Parlament nicht so vehement dafür eingesetzt, dass die Erhöhung geringer ausfällt, wären die Kosten der Vorlage explodiert. Nun versucht es der Bundesrat erneut mit den gleichen Mitteln.
Die FDP wird den Eindruck nicht los, dass der Bundespräsident immer noch der verlorenen Abstimmung nachtrauert. Dabei verschweigt er, dass sich das Finanzierungsloch mit der damaligen Vorlage langfristig dramatisch vergrössert hätte. Die demografischen Entwicklungen sind schon seit Jahren bekannt und nicht einfach ein Phänomen, das seit letztem September entstanden ist. Die FDP ist im Interesse der Finanzierung der ersten Säule zu Zugeständnissen bereit, doch eine so massive Erhöhung der Mehrwertsteuer ist inakzeptabel. Eine einseitig auf Mehreinnahmen ausgerichtete Reform wird chancenlos sein. Der Bundesrat unter der Führung von Bundespräsident Berset muss die Sorgen der Schweizerinnen und Schweizer ernst nehmen und sich überlegen, mit welchen Lösungen er eine Mehrheit im Parlament finden will .
Travail Suisse fordert Baby Boomer MWSt-Prozente
Travail Suisse kommentiert die Arbeitgeber-Vorschläge zur Rentenreform:
Wer so tut, als ob sich die Altersvorsorge ohne weiteres gesund sparen liesse, verkennt die heutigen Realitäten. Hohe Gesundheitskosten, ungelöste Probleme bei den älteren Arbeitnehmenden, aber z.B. auch Sparmassnahmen bei den Ergänzungsleistungen für tiefe Einkommen setzen die Altersvorsorge der angehenden Rentnerinnen und Rentner unter Druck. In der 2. Säule werden die Renten im überobligatorischen Bereich vielerorts drastisch gekürzt. Dies trotz guten Anlagerenditen. Das Verfassungsziel – die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung nach der Pensionierung – ist für viele Betroffene gefährdet.
Travail.Suisse fordert deshalb in der AHV ein Baby-Boomer-Mehrwertsteuerprozent und weitere Zusatzfinanzierungen. Die Bevölkerung ist durchaus bereit, sich die Altersvorsorge etwas mehr kosten zu lassen, wenn die Leistungen gesichert werden. Aber nicht kombiniert mit einem höheren Frauenrentenalter. Die Forderung des Arbeitgeberverbands, wonach die Arbeitnehmerinnen mehr bezahlen und dafür länger arbeiten sollen, wird nicht mehrheitsfähig sein, war doch die Erhöhung des Frauenrentenalters einer der wesentlichen Gründe für die Ablehnung der Altersvorsorge 2020. Es braucht vielmehr eine bessere AHV-Rente für tiefere Einkommen. Die heutige Rentenformel ist deshalb zu überprüfen.
Renten und Renditen
Die jetzt bekannt gewordenen hervorragenden Ergebnisse für das Anlagejahr 2017 kontrastieren heftig mit den in letzter Zeit publizierten, teils drastischen Senkungen des Umwandlungssatzes. Fabian Schäfer schreibt dazu im Bund:
Welch ein Kontrast zu den vergangenen Monaten: Nachdem die Pensionskassen zuletzt vor allem mit Rentensenkungen und düsteren Prognosen für Aufsehen gesorgt haben, erfreuen sie das Publikum nun mit üppigen Renditen. 6,7 Prozent waren es bei der Pensionskasse des Bundes, 8,2 Prozent bei jener des Kantons Bern. Die Kasse der SBB erzielte 5,3 Prozent, jene der Post 6,1 Prozent. Sogar bei 11 Prozent lag die Rendite bei der Sammelstiftung Profond, die von einem hohen Aktien- und Immobilienanteil profitierte. Insgesamt erzielten die Vorsorgewerke gemäss dem Pensionskassenindex der Credit Suisse eine Rendite von rund 8 Prozent. Dies ist das viertbeste Ergebnis seit Bestehen des Index im Jahr 2000.
Ist nun alles halb so wild? Gingen die Pensionskassen mit den Rentensenkungen zu weit? Im Durchschnitt senkten sie die Umwandlungssätze, die für die Höhe neuer Renten entscheidend sind, seit 2005 von 6,9 auf 6 Prozent. Doch nicht einmal Gewerkschafter sagen, die Pensionskassen hätten im grossen Stil übertrieben. Aus ihrer Sicht gingen lediglich einzelne Kassen zu weit, die den Umwandlungssatz unter 5 Prozent drückten, so etwa die Pensionskassen des bundeseigenen Rüstungskonzerns Ruag. Dessen Leitung hält weiterhin an der Kürzung fest. Die Ruag-Kasse hat im vergangenen Jahr eine Rendite von 3,9 Prozent erzielt. (…)
Matthias Kuert Killer vom Gewerkschaftsdachverband Travailsuisse sagt, die Pensionskassenchefs und die Arbeitgeber stünden jetzt vor einem Glaubwürdigkeitstest: Sie beteuerten stets, der Mindestzins sei nur ein Minimum, und wenn die Renditen höher seien, gäbe es mehr Zins. Wenn sie dieses Versprechen nun nicht einhielten, glaube ihnen niemand mehr, sagt Kuert Killer. «Wollen die Pensionskassen die berufliche Vorsorge nicht selber abschaffen, müssen sie jetzt die Versicherten gebührend beteiligen.» Sonst werde die Akzeptanz der zweiten Säule leiden.
AV2020: Reaktionen auf SGK-N Entscheide
Die SP schreibt zu den Entscheiden der nationalrätlichen Sozialkommission:
Mit ihrem Beharren auf der teuren Kompensation innerhalb der zweiten Säule und der Erhöhung des Rentenalters auf 67 gefährdet die Mehrheit der Sozial- und Gesundheitskommission des Nationalrats (SGK-N) die Altersvorsorge 2020. Ein solcher Sozialabbau ist an der Urne niemals mehrheitsfähig. Die SP bleibt dabei, dass die Einbussen in der 2. Säule durch höhere AHV-Renten kompensiert werden müssen.
Buchstäblich in letzter Minute hatten SVP, FDP und GLP im Herbst 2016 ein neues Konzept in die Diskussion geworfen. Wenig überraschend führte dieses unseriöse Vorgehen in die Sackgasse. Das Konzept aus der Feder des Arbeitgeberverbands erwies sich als nicht durchdacht, untauglich und viel zu teuer.
Leider hat die SGK-N den Weg aus dieser Sackgasse nicht gefunden. Darum bleibt die SP dabei: Nur der Vorschlag des Ständerats bringt eine akzeptable Altersreform. Die Erhöhung der AHV-Renten um 70 Franken ist die intelligenteste und nachhaltigste Kompensation der Rentenverluste, welche durch die Senkung des Umwandlungssatzes in der 2. Säule verursacht werden.
Auch ist auf Erhöhung des Rentenalters über 65 hinaus sowie auf jegliche Automatismen für künftige Rentenaltererhöhungen zu verzichten, wenn die Altersvorsorge 2020 an der Urne nicht Schiffbruch erleiden soll.
Travail Suisse schreibt:
Die Beschlüsse der Sozialkommission des Nationalrats zur Altersreform 2020 zeugen von ideologischen Scheuklappen. Um jeden Preis soll offenbar ein echter Ausgleich der Rentenverluste im BVG durch die AHV vermieden werden. Zusammen mit den weiteren Beschlüssen von heute entsteht der Eindruck: Die bürgerliche Mehrheit nimmt einen Absturz der Revision bewusst in Kauf. Das ist verantwortungslos.
Die Sozialkommission scheint weiterhin nicht an einer mehrheitsfähigenReform der Altersvorsorge interessiert zu sein. Sie beharrt weitgehend auf den Beschlüssen des Nationalrats. Anstelle eines teilweisen Ausgleichs der Rentenverluste in der beruflichen Vorsorge durch die AHV, sollen alle Ausgleichsmassnahmen im BVG stattfinden. «Dies obwohl im heutigen Tiefzinsumfeld der teilweise Ausgleich über die AHV der eindeutig einfachere, effizientere und auch verständlichere Weg für die Bevölkerung wäre. Anstatt an einem pragmatischen Weg ist die Mehrheit der Kommission offenbar interessierter an einem ideologischen Grabenkampf» meint Matthias Kuert Killer, Leiter Sozialpolitik.
Die FDP hält fest:
Die FDP-Liberale Fraktion will eine Reform der Altersvorsorge, aber keine Reform um jeden Preis. Die gieskannenartige AHV-Erhöhung um 70 Franken für Neurentner ist für die FDP nicht nur ein finanzpolitischer Sündenfall und ein Verrat an der nächsten Generation, sondern auch der Garant für ein Scheitern der Reform. Das Volk wird keine Zweiklassen-AHV annehmen. Der Vorschlag der Sozialkommission ist deutlich günstiger als das Modell des Ständerates, bringt den Versicherten klare Vorteile und kompensiert Rentenausfälle viel besser. Dies bestätigen auch Berechnungen des Bundesamtes für Sozialversicherungen. Dieser Reformpfad führt ans Ziel. (…)
Die AHV-Erhöhungen sind ein Risiko für die Volksabstimmung zur „Altersvorsorge 2020″. Die zusätzlichen 70 Franken erhalten nämlich nur jene, die neu in Rente gehen. Damit würde eine krasse Ungleichheit geschaffen. Diese Tatsache verschweigen die Befürworter aber gerne. Stattdessen versprechen sie lieber mehr Rente für alle. Ein fadenscheiniges Argument, welches spätestens in der Volksabstimmung zu einem Bumerang wird. Ausserdem sind die 70 Franken mehr AHV lediglich süsses Gift: Woher das Geld dafür stammen soll, ist nämlich langfristig nicht geregelt. Leiden würden vorerst Bereiche wie Bildung, Sicherheit, Infrastruktur oder Kultur, sie alle müssten im Bundesbudget Abstriche in Kauf nehmen, um die AHV zu finanzieren.