Im Tages-Anzeiger gehen Salome Müller und Philipp Loser der Frage des Frauenrentenalters nach und bedauern von Herzen den geringen Widerstand der Frauen gegen die Erhöhung.
Tages-Anzeiger
Befürworter holen auf
Im Kampf um die Rentenreform herrscht einen Monat vor der Abstimmung eine Pattsituation. 48 Prozent lehnen die Rentenreform ab, 47 Prozent wollen zustimmen, wie die zweite Tamedia-Umfrage ergibt. Gegenüber der ersten Erhebung hat jedoch das Lager der Befürworter aufgeholt. Vor zweieinhalb Wochen lehnten noch 54 Prozent die Reform von erster und zweiter Säule ab, und nur 40 Prozent stimmten ihr zu. Weiterhin knapp ist die Mehrheit für die Zusatzfinanzierung der AHV über die Mehrwertsteuer. 51 Prozent befürworten die Umleitung von 0,3 Prozentpunkten ab 2018 und die Erhöhung der Steuer auf 2021. 45 Prozent lehnen dies ab. Bei der ersten Umfrage wollten 52 Prozent mit Ja stimmen und 43 Prozent mit Nein.
“Für die Rentenreform wird es knapp”
Laut der ersten Tamedia-Umfrage zu den eidgenössischen Abstimmungen vom 24. September lehnt eine Mehrheit der Befragten die Rentenreform ab: 54 Prozent sagen Nein, 40 Prozent Ja. Die gleiche Umfrage zeigt eine knappe Zustimmung für die Zusatzfinanzierung der AHV über eine höhere Mehrwertsteuer: 52 Prozent befürworten die Erhöhung, 43 Prozent lehnen sie ab.
Zusammengenommen ergibt sich daraus ein widersprüchliches Bild, das sich die Politologen Fabio Wasserfallen und Lucas Leemann damit erklären, dass der Informationsstand über die Vorlage tief und die Meinungsbildung noch nicht so weit fortgeschritten sei. Tatsächlich sind beide Vorlagen miteinander verknüpft. Über die Erhöhung der Mehrwertsteuer wäre ohnehin abgestimmt worden, weil dafür eine Verfassungsänderung nötig ist. Gegen übrige Teile der Reform hatten linke Kreise aus der Westschweiz das Referendum ergriffen.
Die linke Skepsis gegenüber dem Reformprojekt von Bundesrat Alain Berset (SP) schlägt sich auch in der Tamedia-Abstimmungsumfrage nieder: 42 Prozent der Grünen-Basis und 31 Prozent der SP-Anhänger lehnen die Reform ab, obwohl sich beide Parteien klar dafür ausgesprochen haben. Am grössten ist der Widerstand bei den Wählern von FDP und SVP. 62 Prozent der freisinnigen Basis lehnen die Vorlage ab, bei den SVP-Wählern sind es sogar 76 Prozent. Bei der CVP beträgt die Zustimmung 58 Prozent, bei den Grünliberalen 52 Prozent und bei der BDP 44 Prozent.
Bei der SP deutet man die hohe Skepsis gegenüber der Reform damit, dass sie ein Kompromiss sei: «Es ist aus linker Sicht keine Wunschreform», sagt Mediensprecher Michael Sorg. «Aber wir müssen gerade den linken Wählern klarmachen, was die Alternativen zu einem Scheitern sind: das Rentenalter 67 und kompensationslose Einbussen in der zweiten Säule.» Die Umfrage betrachte man deshalb als «Weckruf».
FDP-Kritik an Berset-Drohung
Der Tages-Anzeiger berichtet über die Kritik der FDP an den Äusserungen Bersets in einem Interview vom 7. August. Die Zeitung schreibt:
In der FDP ist die Empörung über Bersets Interviewaussagen gross. Auf dem Generalsekretariat der Partei, die an vorderster Front gegen die Reform kämpft, liefen gestern die Drähte heiss. Der Tenor von Politikern und Parteigängern: Berset hat eine Grenze überschritten. Der Luzerner Ständerat Damian Müller etwa spricht von einer unzulässigen Drohung: «Mit seiner Aussage erpresst Berset die Jungen: Entweder spurt ihr – oder ich lasse die AHV den Bach hinuntergehen. Das entspricht nicht der magistralen Haltung, die ich von einem Bundesrat erwarte.»
Müller bezichtigt Berset zudem der «Augenwischerei». «Der Bundesrat verschweigt, dass die Vorlage nicht nachhaltig ist. In fünf Jahren muss bereits die nächste Reform aufgegleist sein, damit sich die Kassen nicht leeren.» Das habe der Innenminister mit keinem Wort erwähnt. Andere Vertreter der FDP unterstellen Berset, Abstimmungskampf zu betreiben. Es sei zwar Usus, dass Bundesräte sich für ihre Vorlagen einsetzten, sagt etwa die Zürcher FDP-Nationalrätin Regine Sauter. «In diesem Fall geht Bundesrat Berset aber sehr hart an die Grenze zur Kampagne.»
«Bei einem Nein gibt es für die Jungen vielleicht keine AHV mehr»
Alain Berset wird in einem Interview zur AV2020 mit dem Tages-Anzeiger massiv. Auszüge:
In der Deutschschweiz sind vor allem FDP und Wirtschaftsverbände dagegen. Im Abstimmungsbüchlein aber darf sich nur das linke Referendumskomitee aus der Westschweiz äussern. Finden Sie das nicht bedauerlich?
Wer Unterschriften sammelt, darf einen Text in den Abstimmungserläuterungen bringen. Das ist bewährte, rundum bekannte Praxis. Eine Demokratie beruht wesentlich auf transparenten, verlässlichen Verfahren. Es ist dem Bundesrat aber wichtig, dass alle zentralen Argumente auf den Tisch kommen. Daher sind auch die Argumente der bürgerlichen Opposition erwähnt. Warum sollte eine bewährte, langjährige Praxis plötzlich ausgerechnet in diesem Fall geändert werden?
FDP und Wirtschaftsverbände argumentieren dafür fast schon links: Die Reform sei ungerecht, Junge müssten für Ältere bluten. Gerechtigkeit ist klassisches SP-Vokabular – da müssten Sie Verständnis haben.
Nein, ich kann das Argument nicht nachvollziehen. Die grosse Ungerechtigkeit, der Skandal, der findet heute statt. Wir haben hier und heute eine Milliardenumverteilung in der zweiten Säule von den Jungen zu den Alten. Die Jungen müssen die Renten der Pensionierten mitfinanzieren, weil die Pensionskassen nicht mehr genug verdienen. Dabei wäre ja die Idee, dass jeder für sich selber spart. Wenn wir jetzt nicht handeln, verschärft sich das Problem weiter. Und die Jungen sind doppelt bestraft.
Es lässt sich aber nicht bestreiten: Wer zwischen 35 und 45 Jahre alt ist, zahlt mehr ein und bekommt tendenziell weniger. Die Jahrgänge der 45- bis 65-Jährigen dagegen werden vergoldet: Sie haben ihre Rente garantiert und erhalten noch 70 Franken mehr AHV.
Das ist keine Vergoldung. Wir müssen die 45- bis 65-Jährigen unterstützen, weil ihnen die Zeit fehlt, sich ein genügend grosses Alterskapital anzusparen. Ihre Renten würden sonst sinken, da wir den Umwandlungssatz, der die Rentenhöhe bestimmt, schrittweise reduzieren. Das wiederum ist nötig, um die ungerechte Umverteilung zu stoppen, die ich vorhin erwähnte.
Und wie überzeugen Sie einen unter 45-Jährigen, der viel stärker zur Kasse gebeten wird als bisher?
Ich sage dieser Generation ganz klar: Diese Vorlage ist ein Fortschritt für euch. Wenn ihr Nein stimmt, könnt ihr nicht sicher sein, dass ihr noch eine AHV-Rente bekommt. Denn die Kassen werden sich langsam, aber unerbittlich leeren. Der AHV-Fonds wäre bereits Ende der 2020er-Jahre ausserstande, die Renten zu bezahlen. Das bestreitet im Übrigen niemand, auch nicht, dass eine Reform immer teurer wird, je länger man damit zuwartet. Und gleichzeitig geht die Umverteilung in der zweiten Säule weiter.
Käme bei einem Nein Rentenalter 67 wieder aufs Tapet?
Darauf liefe es hinaus. Die rechten Gegner dieser Vorlage haben bis zuletzt Rentenalter 67 gefordert.
Das fordern freilich auch Ihre Verbündeten aus CVP und BDP.
Ich glaube, die Diskussion wird sich in den nächsten Jahren grundlegend ändern. Bis 2025 werden der Schweiz eine halbe Million Fachkräfte fehlen. Das Bedürfnis, Menschen über das Rentenalter 65 hinaus zu beschäftigen, wird wachsen. Die Altersvorsorge 2020 schafft dafür die nötige Flexibilität. Eine Diskussion über ein höheres Referenzalter ist im Moment nicht nötig.
200 Sekunden Teilwahrheiten
Haben Sie allenfalls Lust auf ein Video, dass die AV2020 mehr oder weniger zutreffend darstellt? Beim Tages-Anzeiger versucht es Inlandredaktor Markus Brotschi in 200 Sekunden. Dabei erfahren Sie solche Dinge, wie dass ein UWS von 6,0% bei einem Kapital von 100’000 Franken 6000 Franken p.a. abwirft. Haben wir es uns doch fast gedacht.
TA: “Die Schwächen der Rentenreform-Gegner”
Die FDP ist mit der Bundesratswahl beschäftigt. Und die SVP hat kein Interesse, ihre Wählerschaft mit Forderungen zur AHV-Sanierung zu vergraulen.
Rudolf Strahm pro erste, contra zweite Säule
pw. Rudolf Strahm hat im Tages-Anzeiger eine weitere Folge seiner bekannten Polemik gegen die 2. Säule publiziert, diesmal mit Blick auf die Abstimmung zur AV2020. Kritiken an der Vorlage werden pauschal als “Stimmungsmache” bezeichnet. Zahlen, die nicht in sein Weltbild passen, generell in Zweifel gezogen. Die diversen Analysen und Umfragen von UBS, CS, Complementa und Swisscanto als “Gefälligkeitsstudien” abqualifiziert. Unter diesem Titel sind sie automatisch nicht ernst zunehmen.
Besonders schlecht kommt bei Strahm die AHV-Analyse der UBS von Veronica Weisser und Bernd Raffelhüschen an. Auch das BSV mag sie anscheinend nicht besonders. Für alternative Zahlen sind wir jederzeit zu haben, Strahm hat dazu nichts anzubieten. Dabei machen die Autoren der Studie nichts anderes, als die Leistungsversprechen den Zahlungsverpflichtungen gegenüberzustellen und zu saldieren. Dass der Saldo massiv negativ ist, kann wohl nicht der UBS angelastet werden und auch nicht den Autoren der Studie.
Der Vorwurf, dass künftige Beitragserhöhungen nicht berücksichtigt würden, geht ins Leere. Die Konsequenzen der AV2020 werden sehr wohl und detailliert aufgezeigt. Dass mehr, sogar viel mehr nötig ist, wird transparent gemacht. Gemäss BSV-Zahlen, also unverdächtig (wenn auch nicht über alle Zweifel erhaben), würde trotz AV2020 nach 2030 der Ausgleichsfonds innert fünf Jahren auf 50% einer Jahresausgabe abstürzen. Die Autoren der UBS-Studie haben dieses Szenario einfach bis 2050 erweitert und in Prozent des BIP umgerechnet. Das bringt sie unweigerlich in die Kategorie der bei der SP besonders unbeliebten Angstmacher. Dumm nur, wenn die Angstmacher auch noch recht behalten, wie die laufenden Umlageresultate zeigen.
Nichts Neues ist Strahm zur 2. Säule und den Vermögensverwaltungskosten eingefallen. Jeder Franken, der dafür aufgewendet wird, ist offenbar ein Franken zu viel. Wer auf einer Versicherung arbeitet oder bei einer Bank oder als Berater oder bei einer Pensionskasse, hat das offenbar unentgeltlich zu tun, wenn es die 2. Säule betrifft. Dass die Pensionskassen heute sehr genau schauen, wieviel sie für was bezahlen, ist ihm noch nicht aufgefallen, dafür kolportiert er unverdrossen die alte Mär, dass jeder 7. Franken in der “Kostenfalle” der 2. Säule “versickere”.
Mit diesen und ähnlichen Scheinargumenten und Zahlenspielerein hat sich Roland Kriemler an dieser Stelle bereits im Detail auseinandergesetzt. Wer willens ist, sich mit dem Thema Strahm intensiver auseinanderzusetzen, sei dies als Lektüre empfohlen.
Kommentar Strahm im TA / Kommentar Kriemler / Weitere Strahm-Kolumnen
K-Tipp gegen AV2020
Im Tages-Anzeiger berichten Markus Brotschi und Andreas Valda über die Referendumskampagne des K-Tipp gegen die Altersvorsorge 2020. Festzuhalten ist, dass es aufgrund der MWSt-Erhöhung in jedem Fall zu einer Abstimmung kommt, ob mit oder ohne Referendum, da ohne Zustimmung zur MWSt die AV2020 nicht in Kraft treten kann und die MWSt, weil in der Verfassung verankert, vors Volk muss.
Bisher wurden die Unterschriften gegen die Rentenreform nur von einem linken Komitee vorab in der Romandie gesammelt. Aber nun tritt mit der Konsumentenzeitschrift «K-Tipp» in der Deutschschweiz ein gewichtiger Gegner der Altersvorsorge 2020 auf den Plan. Dem neusten «K-Tipp» mit einer Auflage von 248 000 Exemplaren und rund 900 000 Leserinnen und Lesern liegt ein Unterschriftenbogen für das Referendum bei. Ebenfalls verschickt wird der Bogen an die rund 500 000 Leser der aus dem gleichen Verlag stammenden Zeitschrift «Saldo». Damit dürfte das Referendum gegen die Altersvorsorge 2020 zustande kommen. (…)
Die inhaltliche Kritik richtet sich beim «K-Tipp» gegen das Pensionskassensystem. Die Reform zeuge vom Versagen des Politiksystems, sagt Peter Salvisberg (Geschäftsleitung K-Tipp). Die Senkung des Umwandlungssatzes führe zu ungerechtfertigten Rentenkürzungen. Dass die Lebenserwartung auch in Zukunft weiter steigen werde, sei im Parlament wie ein «Mantra» heruntergebetet worden, dabei stagniere die Lebenserwartung. Zudem sei die zweite Säule mit 1700 Pensionskassen ineffizient und die Versicherungen verursachten hohe Verwaltungskosten. Die Pensionskassen sässen auf hohen Reserven von 116 Milliarden und erwirtschafteten trotz historisch tiefer Zinsen «prima Renditen», etwa mit Liegenschaften, von denen die Versicherten nur begrenzt profitierten.
Erste Kontroversen um die Verordnungen zur AV2020
Der Tages-Anzeiger berichtet über die Arbeit des BSV an den Verordnungen zur Altersvorsorge 2020 mit ihren vielen Gesetzesänderungen. Kreise, die mit den ersten Entwürfen vertraut sind, aber daran keine Freude haben, werden Sie wohl dem TA zugespielt haben. Bundeshausredaktor Fabian Renz schreibt:
Die Bundesverwaltung tüftelt schon jetzt an den Verordnungen herum, in denen die Fein- und Einzelheiten des gewaltigen Gesetzesprojekts geregelt sind. Wie das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf Anfrage bestätigt, werden die Verordnungsentwürfe noch vor der Abstimmung in eine öffentliche Vernehmlassung geschickt. Der Start erfolge voraussichtlich «in den nächsten Wochen».
Vor allem ein Vorschlag sorgt im Hintergrund jetzt schon für Kontroversen. Es geht um die Menschen, die bei Inkrafttreten der Reform mindestens 45 Jahre alt sind. Für diese sogenannte Übergangsgeneration enthält die Gesetzesvorlage eine spezielle Schutzklausel: Den Betroffenen wird garantiert, dass sie aus der Pensionskasse mindestens gleich viel Geld erhalten, wie es unter den heutigen Regeln der Fall wäre – der tiefere Mindestumwandlungssatz würde ihnen also keine Verluste verursachen.
Der noch interne Verordnungsentwurf des BSV sieht nun aber vor, dass dieser Schutz nur gilt, wenn man bis zum 65. Geburtstag arbeitet. Wer früher aufhört, bekäme die Verluste nicht ausgeglichen. Vor allem ältere Jahrgänge könnte dies empfindlich treffen, da ihnen die Zeit fehlt, sich ein grösseres Altersguthaben anzusparen.
TA: Der Röstigraben bei der Altersvorsorge
Während die Deutschschweizer Wirtschaftsverbände die Nein-Parole gegen die AV2020 ausgeben, sind die Romands dafür. Der Tages-Anzeiger schreibt:
Er habe aus Westschweizer Unternehmerkreisen nur positive Reaktionen auf diese Stellungnahme erhalten, sagt Christophe Reymond (Centre Patronal). «Fast alle Wirtschaftsorganisationen in der Romandie sind für die Reform.» Bereits Anfang März hatte die Fédération des Entreprises romandes, der Westschweizer Unternehmerverband, die Rechte im Parlament aufgefordert, im übergeordneten Interesse den Widerstand gegen die von der SP-CVP-Mehrheit im Ständerat beschlossenen Erhöhung der AHV-Renten aufzugeben und der Reform zuzustimmen.
Doch die Schaltzentralen der nationalen Wirtschaftsverbände in Zürich und Bern bereiten zurzeit eine Nein-Kampagne vor, um am 24. September die Vorlage an der Urne zu Fall zu bringen. Der Schweizerische Arbeitgeber- und der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) haben ihre Nein-Parolen gefasst. Am Montag wird noch das Nein des Wirtschaftsdachverbandes Economiesuisse erwartet. SGV-Direktor und FDP-Nationalrat Hans-Ulrich Bigler lässt keine Zweifel offen, dass die nationalen Wirtschaftsverbände zusammen mit FDP und SVP eine geballte Kampagne gegen die Altersvorsorge lancieren.
AV2020: Übersicht über die Reaktionen im TA
Der Tages-Anzeiger hat einige Reaktionen auf den Entscheid des Parlaments gesammelt.
TA / 20 Minuten
Tages-Anzeiger: “Ein vernünftiger Schritt”
Daniel Foppa kommentiert im Tages-Anzeiger die Parlaments-Beschlüsse zur AV2020:
Gesondert betrachtet wären die Mehrkosten angesichts der demografischen Entwicklung nicht zu verantworten. Vor allem, weil die AHV-Erhöhung flächendeckend an alle Neurentner entrichtet wird — und nicht nur an jene, die darauf angewiesen sind. Eingebettet in das Gesamtpaket dieser umfassenden Reform sind sie jedoch vertretbar. Sie sind, wenn man so will, der Preis der direkten Demokratie.
Unter dem Strich kommt nun am 24. September eine Rentenreform zur Abstimmung, die als Kompromissvorlage niemanden so richtig glücklich macht, aber dennoch ein Ja verdient. Sie ist eine Absage an reine Ausbauvorlagen nach der blauäugigen Maxime, ein reiches Land wie die Schweiz verfüge über unendliche Mittel für die Rentenfinanzierung.
Die Vorlage ist gleichzeitig eine Absage an eine rein versicherungsmathematische Betrachtung des Rentensystems und an ein Vabanquespiel, wonach das System erst mal an die Wand gefahren werden soll, um anschliessend einschneidende Sparmassnahmen durchzusetzen.
TA: Wer gibt nach?
Markus Brotschi befasst sich im Tages-Anzeiger mit den Kräfteverhältnissen bei der anstehenden Einigungskonferenz zur AV2020 und zitiert mehrfach Konrad Graber, der die SGK-S präsidiert und aus dessen Worten allenfalls auf eine gewisse Kompromissbereitschaft geschlossen werden könnte. Da Graber angeblich Bundesratsambitionen hegt, könnte dies einem Zugehen auf FDP und SVP förderlich sein. Bloss hat sich die CVP dermassen auf den AHV-Zuschlag und das Zusammengehen mit der SP versteift, dass dies einer grösseren Überraschung gleichkäme. Im Artikel heisst es:
CVP, SP und Grüne stellen in der Einigungskonferenz mit 14 Sitzen die Mehrheit. SVP und FDP sind mit 12 National- und Ständeräten vertreten. Sollte es dennoch zum Stimmenpatt kommen, fällt Graber der Stichentscheid zu. Falls die Mitte-links-Allianz will, kann sie den Einigungsvorschlag nach ihrem Gusto ausgestalten. Doch dies sei nicht sein Ziel, versichert der 58-Jährige. Der Wirtschaftsprüfer verfügt über eine Ausbildung als Mediator und weiss, wie zwischen zerstrittenen Parteien vermittelt werden kann. Der Ständerat, der als möglicher Nachfolger von Bundesrätin Doris Leuthard gehandelt wird, ist die Ruhe selbst, wägt seine Worte ab, selbst wenn der Ton gehässig wird. Er strebe nach einem breit abgestützten Kompromiss und nicht nach einem Diktat der knappen Mehrheit, sagt er.
BVK: VPOD setzt eigene Stiftungsräte unter Druck
Der Tages-Anzeiger berichtet über die Forderung des VPOD an die eigenen Stiftungsräte bei der kantonalzürcherischen Kasse, die gesetzlich geforderte Schweigepflicht gegenüber Dritten nicht länger einzuhalten. Im Beitrag von Daniel Schneebeli heisst es:
In der BVK, der grössten Pensionskasse der Schweiz, stehen Wahlen an. Der Stiftungsrat, der für 30 Milliarden Franken Vorsorgevermögen von rund 120’000 Versicherten verantwortlich ist, wird im Mai für vier Jahre neu bestimmt. Der Stiftungsrat ist gross: Die Arbeitgeber haben Anrecht auf neun Sitze, die Arbeitnehmer ebenso.
In der Regel gehen solche Wahlen ohne viel Aufsehen über die Bühne. Doch aufseiten der Arbeitnehmer kommt es diesmal zu einer dicken Überraschung. Die Gewerkschaft VPOD wird ihre einzigen beiden Mitglieder im Stiftungsrat, den ehemaligen Mittelschullehrer Ernst Joss und den Bibliothekar Guido Suter, nicht zur Wiederwahl empfehlen – obwohl beide gerne nochmals für den VPOD kandidieren möchten.
Grund dafür ist eine sogenannte Wahlplattform, in der sich alle Kandidaten zu einigen Grundsätzen verpflichten müssen. So verlangt die Gewerkschaft neben Selbstverständlichkeiten wie dem Einsatz für die «Interessen der Versicherten» und eine «stabile BVK» auch von seinen Kandidaten, dass sie sich nicht an die Schweigepflicht halten, die für Stiftungsratsmitglieder gilt. In der Fussnote der Plattform heisst es: «Die Schweigepflicht, wie sie in Artikel 37 des Organisationsreglementes festgehalten ist, wird abgelehnt.»