pw. Der Titel der Weisung 01/2024, welche auf 1.1.24 in Kraft tritt, heisst in vollem Wortlaut: “Bestätigung des Experten für berufliche Vorsorge gemäss Art. 52e Abs. 1bis BVG sowie Bestätigung gemäss Art. 1a BVV 2 (Einhaltung der Grundsätze der beruflichen Vorsorge)». Der Umfang der Weisung beträgt neun Seiten, dazu kommen weitere rund vier Seiten an Erläuterungen. Viel Aufwand für die detaillierte Darlegung, wie die Experten zur Ausführung eines (Teil-) Artikels der Verordnung BVV2 vorzugehen haben. Das hehre Ziel: “Einhaltung der Angemessenheit bei Vorliegen mehrerer Vorsorgeverhältnisse” zu garantieren. Das ist legislatorisches Mikromanagement vom Feinsten. Man wagt nicht nach dem Preis/Leistungsverhältnis zu fragen. Auch nicht danach, ob der 2. Säule damit in irgendeiner Weise geholfen ist. Aber zweifeln wird man wohl dürfen.
OAK
OAK: Anhörung zum Mitteilungsentwurf 1e-Stiftungen
Die OAK BV lädt alle betroffenen Kreise zur Anhörung zum Mitteilungsentwurf «Übertragung von Vorsorgeguthaben von einer Nicht-1e-Vorsorgeeinrichtung auf eine 1e-Vorsorgeeinrichtung» ein. Der untenstehende Link führt zu den Anhörungsunterlagen. Die OAK freut sich auf die Stellungnahmen bis zum 19. Januar 2024.
Anzufügen wäre, dass die OAK in Abweichung zur bisherigen Praxis nun auch zu einer Mitteilung eine Anhörung durchführt. Man scheint lernfähig zu sein und Aerger wie mit der Mitteilung 2/23 vermeiden zu wollen.
OAK wird sich nochmals mit der Mitteilung 02/23 beschäftigen, update
pw. Am 14. November haben sich Vertreter der OAK mit den Spitzen der vier Verbände getroffen, die in den letzten Wochen ihre Kritik an der Mitteilung 02/23 betr. Artikel 46 BVV2 geäussert haben.
Die von den Verbänden verabschiedete gemeinsame Erklärung zu diesem Gespräch lautet:
Am 25. September 2023 hatte die OAK BV die Mitteilungen M – 02/2023 Leistungsverbesserungen bei Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen nach Art. 46 BVV 2 publiziert.
Im Nachgang zur Publikation kritisierten verschiedene Verbände (ASIP, inter-pension, PK-Netz, SKPE) die neue Obergrenze für die Verzinsung der Altersguthaben.
Anlässlich ihrer letzten Sitzung vom 23. Oktober 2023 hat sich die OAK BV mit der Kritik der Verbände befasst und entschieden, die Verbände zu einem Austausch einzuladen. Dieser fand heute, 14. November 2023, in Bern statt.
Die anlässlich der Sitzung von den Vertretungen der Verbände vorgebrachte Kritik an den Mitteilungen, die Argumente sowie die Verbesserungsvorschläge wurden von der Vertretung der OAK BV entgegengenommen. Die OAK BV wird sich in einer der nächsten Sitzungen erneut mit der Thematik der Leistungsverbesserungen befassen.
Dass die OAK wie gefordert die Mitteilung zurückziehen würde, hat niemand erwartet und das wird wohl auch nicht geschehen. Dass die Kommission immerhin nochmals über die Bücher will, wird zumindest als Teilerfolg vermerkt. Von Interesse wird sein, ob sie bei der gewählten Richtgrösse für die Bestimmung von “Leistungsverbesserungen” bleiben will, die beim Durchschnitt der technischen Zinsen gewählt wurde. Hier setzt die zentrale Kritik an.
Nicht abschliessend geklärt ist auch die Rechtsverbindlichkeit einer OAK-Mitteilung. Allenfalls müssten die Gerichte Klarheit schaffen, nachdem inter-pension ihren Mitgliedern empfohlen hat, die Mitteilung zu ignorieren.
Flug auf Sicht
Vier Verbände haben in kurzen Abständen ihre Kritik an der Mitteilung 02/23 der OAK publik gemacht. Nun haben sie in einem zweiten Schritt ein gemeinsames Schreiben an die Kommission verfasst. Es wurde nicht veröffentlicht. Besonders auffallend an dem einseitigen Schreiben sind die vier Signete, welche den Briefkopf zieren. Nebeneinander aufgeführt sind jene von ASIP, inter-pension, Kammer der PK-Experten und PK-Netz. Ein geradezu historisches Schriftstück (s. Anhang).
Einen ersten Erfolg durften die vier Verbände verzeichnen: Die OAK hat darauf reagiert und ihre Antwort in einem Newsletter veröffentlicht. Der geforderte Rückzug der Mitteilung wird abgelehnt. Aber man zeigt sich gesprächsbereit und bietet einen «Austausch» an.
Die heftige Kritik an der OAK ist im grösseren Zusammenhang zu sehen. Die Reputation der Kommission bei den Adressaten ihrer Aktivitäten ist, sagen wir, «durchzogen». Und das von Anfang an, seit sie 2012 ihre Tätigkeit im Rahmen der «Strukturreform» aufgenommen hat. Das primäre Ziel «für eine einheitliche Aufsichtspraxis im System der beruflichen Vorsorge» zu sorgen, wurde zum sekundären.
Zumindest hatte die hierarchisch ins zweite Glied versetzte Direktaufsicht an dem zentralen Kontrollorgan wenig Freude und beklagte, dass heikle Fragen der Aufsichtspraxis unbeantwortet bleiben, sie aber mit endlosen administrativen Auflagen belastet würde. Vor allem die Regionalaufsichten in Basel, Luzern und St. Gallen muckten gelegentlich hörbar auf. Auch die betroffenen Branchenverbände tendierten dazu, beim Stichwort «OAK» die Augen vielsagend nach oben zu drehen.
Festzustellen ist: Ihre Weisungsbefugnis hat die Kommission eifrig ausgenützt und – folgt man den Diskussionen – nicht immer mit dem versprochenen «Augenmass». Die angestrebte Perfektionierung der beruflichen Vorsorge durch diverse Governance-Vorschriften mit Regelungen bis hin zu Vettern zweiten Grades dürften dazu nur mässig beigetragen haben.
*
Besonders ins Visier der Oberaufsicht sind in den letzten Jahren die im Konkurrenzkampf stehenden Sammelstiftungen geraten, denen man offenkundig nicht so recht über den Weg traut und zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen gerne ein allzu riskantes Geschäftsgebaren unterstellt.
Dabei steht Art. 46 BVV2 im Zentrum, mit welchem sog. Leistungsverbesserungen bei nicht vollständig geäufneten Wertschwankungsreserven (Zielwert unter 75 Prozent) untersagt werden. Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass es Sache des Experten ist, in einer solchen Situation die Sammelstiftung von «Leistungsverbesserungen» abzuhalten. Aber der Bundesrat, der auch gerne ausufernde Verordnungen erlässt, erachtete es offenbar als notwendig, hier eine zusätzliche Schranke einzubauen.
Allerdings hatte er (resp. das ausführende BSV) offenbar wenig oder gar keine Ahnung, was denn nun eine «Leistungsverbesserung» genau sein soll und hat in der Verordnung nur ausgeführt, was keine Leistungsverbesserung ist. Ein Prachtexemplar schludriger Legiferierung. Dies gab wiederum der OAK willkommene Gelegenheit, auf der nächsten Stufe der Gesetzeskaskade kreativ zu werden und die fehlenden Details einzufügen. Der gewählte Weg über Anpassungen des technischen Zinses überzeugt oder auch nicht, wahrscheinlich eher nicht. Aber was soll man tun, wenn schon die Grundlagen wenig Sinn machen? (So viel Verständnis hat die OAK hier verdient.)
Aber vielleicht könnte man zumindest mit den Betroffenen reden, bevor man Vorschriften erlässt. Aber solches Verhalten ist optional und vielleicht umständlich. Also lässt man es. Dass es unter solchen atmosphärischen Bedingungen zu heftigen Reaktionen bis hin zum Aufruf zur Missachtung von Vorschriften kommt, ist hierzulande zwar selten, aber nicht unverständlich. Man hat den Eindruck, dass an der neusten Mitteilung (faktisch eine Weisung) sich viel in den letzten Jahren aufgestauter Ärger Luft gemacht hat.
Ein Blick auf die Zahlen per Ende 2022 lassen übrigens erkennen, dass die Sammelstiftungen bezüglich Deckungsgrad resp. Wertschwankungsreserven relativ gut abschneiden. Die privatrechtlichen lagen gemäss Swisscanto-Studie vermögensgewichtet bei durchschnittlich 106 Prozent, verglichen mit 108 Prozent aller vollkapitalisieren Kassen. Ob sich von daher eine Sonderbehandlung rechtfertigen lässt, wäre allenfalls zu diskutieren; offensichtlich ist es jedenfalls nicht.
Man erwartet nun mit einiger Spannung auf den angekündigten «Austausch». Ob die OAK in der jetzigen Besetzung des Sekretariats doch noch einen Rückzieher macht, scheint eher unwahrscheinlich. Aber schlicht auf «stur schalten» ist auch schwer möglich. Aber lassen wir uns überraschen.
Peter Wirth, E-Mail
Zusammenfassung der Argumentation der vier Verbände in ihrem Schreiben an die OAK:
- Mit der Mitteilung werden falsche Anreize bezüglich Festlegung der technischen Zinssätze und der Sollgrössen der Wertschwankungsreserven gesetzt.
- Die kasseninterne Festlegung der Verzinsung auf der Basis eines gewichteten Mittels der verwendeten technischen Zinssätze ist nicht sinnvoll. Gerade im aktuellen Teuerungsumfeld kann die Zeitverzögerung (Datengrundlage 2022 für Verzinsung 2024) unbeabsichtigte Effekte haben. So insbesondere:
– Schlechterstellung von aktiven Versicherten gegenüber Rentnerinnen und Rentnern
– Inflationsausgleich gar nicht oder nur knapp möglich - Der vorgenommene Eingriff in die paritätische Führung der Vorsorgeeinrichtungen geht zu weit und ist mit Blick auf die zur Verfügung stehenden Alternativen nicht verhältnismässig.
Unterzeichnet wurde das Schreiben von Martin Roth, Laurent Schläfli, Jorge Serra, Emmanuel Vauclair, Lukas Müller-Brunner, Nico Fiore, Eliane Albisser und André Tapernoux
Der Streit um die SGE-Zinsen
HZ-Insurance hat den Streit um die Mitteilung 2/23 der OAK aufgegriffen. Bernd de Wall schreibt zur Kritik von Nico Fiore, Geschäftsführer der inter-pension:
Für ihn kam die Mitteilung «aus dem Nichts», zumal ihm kein Fall bekannt ist, in dem eine Pensionskasse rein aufgrund ihrer Verzinsungspolitik in Unterdeckung geraten sei. Trotz der Börsenturbulenzen 2022 in Folge des Ukraine-Kriegs und der Energiekrise steht die Branche den Umständen entsprechend gut da. «Zudem wird der gewichtete Durchschnitt über den Grossteil der Pensionskassen berechnet, ohne dass diese überhaupt betroffen wären von der Mitteilung der OAK», sagte Fiore in einem Gespräch.
«Bei einer Umsetzung leiden nicht nur der Wettbewerb, sondern auch die jetzigen Generationen an Aktivversicherten. Diese mussten bereits in den vergangenen Jahren aufgrund der stetigen Senkungen der technischen Zinssätze auf einen Teil ihrer Besserverzinsung verzichten.» Zumal es durch die Zinswende positive Effekte gebe und die Verzinsung der Altersguthaben höher angesetzt werden könnte.
OAK: Austausch statt Rückzug
Die OAK hat auf die Kritik von ASIP, inter-pension, SKPE und PK-Netz zu ihrer Mitteilung 02/23 “Leistungsverbesserungen bei SGE” reagiert. In einem Schreiben an die Empfänger ihres Newsletters schreibt die Kommission:
Am 25. September 2023 hat die OAK BV die Mitteilungen M – 02/2023 Leistungsverbesserungen bei Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen nach Art. 46 BVV 2 publiziert.
Im Nachgang zur Publikation kritisierten verschiedene Verbände die neue Obergrenze für die Verzinsung der Altersguthaben und forderten einen Rückzug der Mitteilungen.
Im Sinne einer einheitlichen Handhabung durch alle Aufsichtsbehörden respektive Vorsorgeeinrichtungen hatte die OAK BV in ihren Mitteilungen vom 30. März 2021 festgehalten, was unter einer Leistungsverbesserung nach Art. 46 BVV 2 zu verstehen ist. Infolge des starken Anstiegs der Marktzinsen 2022 und des Verlassens des negativen Zinsbereichs würde nach der Regelung vom 30. März 2021 eine Verzinsung mit bis zu 3,63 Prozent nicht als Leistungsverbesserung gelten. Dies ist auch im Hinblick auf den von der BVG-Kommission am 4. September 2023 dem Bundesrat vorgeschlagenen BVG-Mindestzinssatz von 1,25 Prozent deutlich zu hoch. Damit könnten Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen ihre Altersguthaben auch bei einer ungünstigen finanziellen Lage mit einem Satz weit über dem BVG-Mindestzinssatz verzinsen. Die Regelung gemäss der Mitteilungen vom 30. März 2021 entfaltete entsprechend keine Wirkung mehr, eine Aktualisierung war unerlässlich.
Anlässlich ihrer letzten Sitzung hat sich die Kommission mit der Kritik der Verbände befasst und entschieden, die Mitteilungen nicht zurückzuziehen. Sie hat jedoch den Schweizerischen Pensionskassenverband ASIP, inter-pension, die Interessensgemeinschaft autonomer Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen, das PK-Netz sowie die Schweizerische Kammer der Pensionskassen-Experten, SKPE, zu einem gemeinsamen Austausch zu dieser Thematik eingeladen.
AWP: Reaktionen zur OAK-Mitteilung 2/23
In AWP Soziale Sicherheit Nr. 18/2023 befasst sich Susanne Kapfinger mit der umstrittenen OAK-Mitteilung Nr. 02/2023, welche den Sammelstiftungen in Unterdeckung eine verstärkte Einschränkung bei der Festsetzung des technischen Zinses vorschreibt. Zusätzlich hat sie zwei Kurz-Interviews mit Manfred Hüsler, Direktor der OAK, und Nico Fiore, Geschäftsführer der inter-pension, geführt.
In ihrem Beitrag schreibt Kapfinger;
Der Handlungsspielraum bei der Verzinsung der Vorsorgegelder von Aktiv- versicherten wird abgesteckt durch den Artikel 46 BVV2. Gemäss Gesetz dürfen Leistungsverbesserungen nur vorgenommen werden, wenn genügend Reserven vorhanden sind. Das ist dann der Fall, wenn die Wertschwankungsreserven mindestens zu 75 Prozent geäufnet sind.
Wann eine Leistungsverbesserung vorliegt, präzisiert die OAK nun in der Mitteilung 2/2023 neu: eine Verzinsung, die höher ist als der gewichtete Durch- schnitt der technischen Zinssätze aller Vorsorgeeinrichtungen. Vorher lag eine Leistungsverbesserung vor, wenn die Verzinsung höher war als der maximal zugelassene technische Zinssatz gemäss Fachrichtlinie FRP 4. (…)
Zu den Auswirkungen auf die Sammelstiftungen heisst es:
Die Reaktionen einzelner Einrichtungen sind durchzogen: «Die neue Regelung wirkt sich in naher Zukunft nicht auf unsere Verzinsungsentscheide aus», sagt Beatrice Rychen, Leiterin Unternehmenskommunikation der Pensionskasse des Bundes Publica. Die aktuelle Unterdeckung und die Performance liessen kaum eine Verzinsung über dem BVG-Mindestzinssatz zu.
Axa Leben erachten die Verzinsungsgrenze als nicht zielführend: «Die Regelung ist zu restriktiv, insbesondere bei Kassen mit guter Struktur», sagt Mirjam Eberhard, Mediensprecherin bei Axa.
OAK: Finanzielle Lage der BV Q3 2023
(OAK) Sinkende Aktienmärkte bei gleichzeitig steigenden Zinsen sorgten im dritten Quartal 2023 für eine leicht negative Entwicklung der finanziellen Lage der Schweizer Vorsorgeeinrichtungen. Dies zeigen die Hochrechnungen der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV). Im Gesamtjahr erzielten die Vorsorgeeinrichtungen eine Performance von durchschnittlich +3,3 %. Mit 109,6 % liegt der durchschnittliche kapitalgewichtete Deckungsgrad per Ende September 2023 leicht über den 107,0 % per Ende 2022.
Damit ist auch der kapitalgewichtete Anteil der Schweizer Vorsorgeeinrichtungen in Unterdeckung von 16,1 % per Ende 2022 auf 15,2 % leicht rückläufig. Die erzielte Performance bis Ende September 2023 vermag indes die im Jahr 2022 entstandenen Unterdeckungen nicht signifikant zu verringern.
Die durchschnittliche Performance der Vorsorgeeinrichtungen seit Jahresbeginn beträgt gemäss den Hochrechnungen der OAK BV +3,3 %. Nach einer positiven Entwicklung aller Anlagekategorien bis Mitte Jahr, resultierte im dritten Quartal 2023 eine Performance-Abschwächung. Alternative Anlagen (Performance seit Jahresbeginn: +9,6 %), Aktien (+7,1 %), Obligationen (+1,3 %) und Immobilien (+0,1 %) konnten ein positives Niveau halten. Infrastrukturanlagen (–5,8 %) entwickelten sich im Jahresverlauf hingegen deutlich negativ.
Es wird mitgeteilt
Gelegentlich, nicht sehr oft, publiziert die OAK eine Mitteilung. Im laufenden Jahr waren es bisher zwei. In der Regel Stoff für Spezialisten, ein no-event auf einem Nebenschauplatz der 2. Säule. Diesmal war es anders. Die Mitteilung mit der Bezeichnung M 02/2023 «Leistungsverbesserung bei Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen nach Art. 46 BVV2» löste harsche Reaktionen aus. Und ganz ungewöhnlich: die Fachverbände (ASIP, inter-pension, Kammer der PK-Experten) waren sich mit dem linken PK-Netz für einmal einig: So nicht.
Der BVV2-Artikel hat zum Zweck, SGE mit nicht vollständig geäufneten Wertschwankungsreserven (unter 75 %) daran zu hindern, Leistungsverbesserungen vorzunehmen, statt beispielsweise die Reserven zu verstärken. Was «Leistungsverbesserungen» sind, wurde jetzt von der OAK mit der Mitteilung neu definiert. Sie betrifft die Festlegung des technischen Zinses. «Zu eng, fachlich mangelhaft, unnötig» das inhaltlich übereinstimmende Verdikt von links und rechts.
Auslöser für die neue Festlegung ist die Zinswende. Nach alter Fassung der Definition wäre die Obergrenze für den technischen Zins der betroffenen SGE nach Angabe der OAK aktuell auf 3,6 Prozent hochgeschnellt, womit nach ihrer Einschätzung die BVV2-Vorschrift ausgehebelt wäre. Also hat man sich etwas Neues ausgedacht; anscheinend nichts Praxisgerechtes, wenn man der Meinung der Fachverbände folgt.
Bei der OAK hat man die eingegangenen Kommentare resp. Reklamationen zur Kenntnis genommen, reagiert wurde darauf bisher nicht. Die OAK ist bei ihren Mitteilungen (wie auch beim Erlass der Weisungen) ungebunden. Usanz ist, dass zu Weisungen Anhörungen durchgeführt werden, nicht aber zu Mitteilungen, deren juristisches Konstrukt nicht ganz durchschaubar ist. Der Begriff «Mitteilung» ist auch irreführend. Sie gelten als «Präzisierung» anderer Vorschriften, enthalten aber neue Elemente und sind gleichfalls verbindlich. Ihre Einhaltung ist durch die Direktaufsicht zu prüfen, die bei einer Verletzung einschreiten muss.
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Inter-pension will der OAK-Mitteilung offenbar nicht Folge leisten. Der Verband der Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen empfiehlt seinen Mitgliedern kurzerhand, M 2/23 zu ignorieren. Nach ihrer Meinung fehlt der Kommission dazu die Kompetenz, zudem sei das Abstellen auf einen Durchschnitt zur Festlegung der Obergrenze des Zinses nicht sachgerecht. Und moniert wird auch, dass keine Anhörung stattgefunden hat. Eine bemerkenswerte Reaktion: Der Aufruf zur Missachtung einer behördlichen Anordnung grenzt in unserem politisch temperierten Land an Revolte.
Die PK-Experten sind der Meinung, die Änderung sei überflüssig, man hätte bei der früheren Vorschrift gemäss Mitteilung 1/21 bleiben können.
Das PK-Netz argumentiert, dass die mit der Mitteilung erlassenen Vorschriften zu weit gingen und weder sachlich noch fachlich gerechtfertigt seien. Die Verzinsungsmöglichkeiten würden drastisch eingeschränkt.
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Zu vermuten ist, dass Jorge Serra, der die Stellungnahme des PK-Netz unterzeichnet hat, weniger an die im Wettbewerb stehenden SGE gedacht hat als vielmehr an die öffentlich-rechtlichen Kassen, die häufig als Sammelstiftungen konstruiert sind und als deren vielfacher Stiftungsrat er amtet – und um deren Freiheit bei der Leistungsgestaltung er fürchtet. Dazu sind ein paar Daten von Interesse.
Der Deckungsgrad der SGE öffentlicher Arbeitgeber (Bund, Kantone, Gemeinden) sank per Ende 2022 gemäss Swisscanto vermögensgewichtet auf durchschnittlich 99 Prozent und lag damit deutlich unter jenem der SGE privater Arbeitgeber mit 106 Prozent. Entsprechend wurden im Jahr 2022 die Wertschwankungsreserven massiv reduziert, womit bei den meisten Einrichtungen Art. 46 wirksam wurde.
Laut Swisscanto verfügten Ende 2022 noch ganze 4 Prozent der öffentlichen SGE über mehr als 75 Prozent ihrer Ziel-Wertschwankungsreserven, bei den privaten waren es immerhin 15 Prozent. Das erklärt teilweise auch die Aufregung um die OAK-Mitteilung.
Gleichzeitig wiesen die privaten SGE durchschnittliche technische Zinsen von 1,68 Prozent auf, jene der öffentlichen Arbeitgeber trotz tieferer Reserven von 1,75. Die öffentlichen SGE agieren also weniger vorsichtig als die privaten, die im Konkurrenzkampf stehen und angeblich vor zu grosser Risikobereitschaft bewahrt werden sollen. Möglicherweise sind es aber die öffentlichen Kassen, welche – mit dem Steuerzahler im Hintergrund – sich auf der Leistungsseite (zu) grosse Freiheiten herausnehmen und zurückgebunden werden müssen.
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Der 2012 in Kraft gesetzte Art. 46 BVV2 bildet eine jener gut gemeinten Vorschriften, die zwar plausibel erscheinen, aber schwer umzusetzen sind. Vorschläge, wie mit Art. 46 BVV2 besser umzugehen wäre, werden in den Schreiben an die OAK nicht gemacht.
Es wäre gescheiter gewesen, die OAK hätte angesichts der Bedeutung des Geschäfts bei den Fachverbänden und Sozialpartnern vorgängig eine Anhörung durchgeführt. Der Standpunkt, bei Weisungen machen wir eine Anhörung (auch wenn wir eigentlich nicht müssen), bei Mitteilungen lassen wir es bleiben und verordnen par ordre de Mufti, hat jetzt den Ärger bei den betroffenen Verbänden ausgelöst.
Die OAK wird sich wohl nochmals mit dem Geschäft beschäftigen müssen. Man wird mit Interesse verfolgen, wie sie auf die Kritik reagiert.
Im kommenden Jahr beginnt für die neunköpfige Kommission eine neue Amtsperiode und für das Sekretariat steht nach dem Rücktritt von Direktor Hüsler eine neue Direktorin bereit. Chance für einen Neuanfang mit verbesserter Kommunikation.
Peter Wirth, E-Mail
OAK M 2/23: Auch der ASIP …
Auch der Pensionskassenverband hält nichts von den Vorgaben zu sog. Leistungsverbesserungen, welche die OAK in ihrer Mitteilung 2 dieses Jahres für Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen macht. Das wird schon aus dem Titel deutlich: “Operation gelungen, Patient gestorben”. U.a. schreibt der Verband:
Aus Sicht der Pensionskassen stellt sich in der Praxis aber unter anderem die Frage, was genau unter „Leistungsverbesserungen“ zu verstehen ist. Offenkundig gehört beispielsweise eine Verzinsung der Altersguthaben dazu, die über den entsprechenden Projektionsparameter im Leistungsmodell hinausgeht. Auch eine Verzinsung, die generell mit Blick auf die finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtung zu hoch erscheint, gehört dazu.
An genau dieser Stelle hakt denn auch die Mitteilung der OAK ein und klassifiziert jede Verzinsung der Altersguthaben als Leistungsverbesserung, die über den Durchschnitt der technischen Zinssätze gemäss Erhebung der OAK und den BVG-Mindestzinssatz hinausgeht. Während also das Ziel des regulatorischen Eingriffs und auch der Fokus auf die Verzinsung durchaus sinnvoll sind, ist das gewählte Mittel aus zwei Gründen heikel:
OAK Mitteilung 2/23: Auch die Experten lehnen ab
In einem Brief an Vera Kupper, Präsidentin der OAK, geben die Pensionskassen-Experten ihrem Erstaunen über die Mitteilung mit Nr. 2/23 zum Thema “Leistungsverbesserung” Ausdruck. In dem von Emmanuel Vauclair, Präsident, und André Tapernoux, Vorstandsmitglied, unterzeichneten Schreiben heisst es:
Mit grossem Erstaunen haben wir zur Kenntnis genommen, dass die OAK BV eine Mitteilung M-02/2023 gemäss Art. 46 BVV 2 erlassen hat, in der es im Vergleich zur früheren Mitteilung M-01/2021 um eine strengere Auslegung für Leistungsverbesserungen bei Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen geht.
Im Juni hat die OAK BV dem Vorstand der SKPE bekannt gegeben, dass sie eine solche Änderung plant. Wir haben damals schriftlich Stellung genommen, und empfohlen, davon abzusehen. Diese Meinung vertreten wir weiterhin und führen gerne nochmals die Gründe dafür auf.
Gemäss den Mitteilungen M-01/2021 OAK BV galt, dass eine Verzinsung, die höher ist als die Obergrenze gemäss Generationentafeln nach FRP 4 eine Leistungsverbesserung darstellt. Die SKPE hat in den Gesprächen dargelegt, dass sie diese Praxis weiterhin als sinnvoll erachtet, da sie nicht zu restriktiv ist, sich jedoch trotzdem am aktuellen Zinsniveau ausrichtet. Insbesondere ist gewährleistet, dass der BVG-Minimalzins sowie in den meisten Jahren auch die Inflation ausgeglichen werden kann. Zudem stützt sie sich auf eine im Markt für die Bestimmung des technischen Zinses anerkannte Grösse ab.
Mitteilung 2/23: Die OAK präzisiert
Die OAK hat im Nachgang zu ihrer Mitteilung 2/23 eine Ergänzung folgenden Inhalts verschickt:
Am 25. September 2023 hat die OK BV die Mitteilungen M – 2/2023 «Leistungsverbesserungen bei Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen nach Art. 46 BVV 2» publiziert. Die Formulierung der Mitteilungen war in Bezug auf den Zeitpunkt, ab wann die jeweils unterjährig publizierten Werte – der gewichtete Durchschnitt der technischen Zinssätze sowie der BVG-Mindestzinssatz – für die Verzinsung der Vorsorgekapitalien gelten, klärungsbedürftig. Entsprechend wurden die Mitteilungen nachträglich präzisiert: Die beiden Werte sind jeweils ab dem 1. Januar des Folgejahres zu berücksichtigen. Die Mitteilungen gelten somit für Leistungsverbesserungen ab 1. Januar 2024.
inter-pension weist die Mitteilung 02/23 der OAK zurück
Nicht nur das PK-Netz, auch inter-pension, der Verband der Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen, übt scharfe Kritik an der Mitteilung der OAK-BV unter dem Titel “Leistungsverbesserung.
Die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) hat mit einer Mitteilung vom 25. September 2023 ihre Definition von «Leistungsverbesserungen» gemäss Art. 46 BVV 2 geändert, indem sie neu jede Verzinsung der Altersguthaben, die höher ist als der im Bericht zur finanziellen Lage der OAK BV publizierte gewichtete Durchschnitt der technischen Zinssätze der Vorsorgeeinrichtungen, als Leistungsverbesserung taxiert.
inter-pension, die Interessengemeinschaft der unabhängigen Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen, hat die Mitteilung M-02/2023 der OAK BV zur Kenntnis genommen und empfiehlt den obersten Organen ihrer Mitglieder, diese Mitteilung nicht zu berücksichtigen. Zur Begründung weist inter-pension auf folgende Punkte hin:
• Materiell ist die Mitteilung nicht korrekt, da für die Festlegung einer Obergrenze für Verzinsungen die gesetzliche Grundlage fehlt. Es obliegt dem obersten Organ in Absprache mit den Expertinnen und Experten für berufliche Vorsorge, die Gesamtverzinsung einer Vorsorgeeinrichtung gegenüber den Destinatären festzulegen. Demgegenüber besteht für die Mindestverzinsung eine gesetzliche Grundlage.
Kritik an OAK-Mitteilung 2/23 “Leistungsverbesserungen”
Jorge Serra kritisiert scharf die Mitteilung der OAK betr. Verzinsung von SGE. Er hält die Mitteilung weder fachlich noch sozialpolitisch für haltbar. Sie sollte von der OAK wieder zu
rückgezogen werden. Serra schreibt:
Das PK-Netz befürwortet eine effiziente Aufsicht über die Pensionskassen. Was die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK) mit ihrer jüngsten Mitteilung von anfangs Woche aber anrichtet, ist weder sachlich noch fachlich gerechtfertigt. Die damit verbundenen Eingriffe in die Kompetenzen der obersten Organe der Pensionskassen gehen zu weit. Die Mitteilung ist nicht durchdacht und teilweise gar nicht praktikabel.
Sie setzt falsche Anreize und ist nicht im Interesse der Versicherten. Konkret: Art. 46 BVV2 schliesst zwecks Einschränkung von Wettbewerbsvorteilen unter Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen (SGE) Leistungsverbesserungen bei nicht zu 75% geäufneten Wertschwankungsreserven (WSR) aus. Mit der genannten Mitteilung hat die OAK den Begriff «Leistungsverbesserungen» neu definiert und die Verzinsungsmöglichkeiten für SGE drastisch eingeschränkt.
Die maximal erlaubte Verzinsung soll neu auf dem Durchschnittswert der technischen Zinssätze der Pensionskassen im Vorjahr basieren. Fürs laufende Jahr wäre etwa eine Verzinsung von mehr als 1.75% bei nicht mehr als 75% geäufneten WSR nicht mehr möglich. Mit der bisherigen Definition galten für das Jahr 2023 erst Verzinsungen von mehr als 3 % als Leistungsverbesserung. Die Folgen der neuen Regelung sind einschneidend.
Laetitia Raboud neue Direktorin der OAK
(OAK) Laetitia Raboud wird neue Direktorin der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge OAK BV. In ihrer Funktion wird sie per 1. Februar 2024 das Sekretariat der Kommission führen und die operative Umsetzung der Oberaufsicht über die 2. Säule verantworten.
Laetitia Raboud verfügt über langjährige Erfahrung als Rechtsanwältin. Bis 2016 war sie im Rechtsdienst der Baloise Leben AG tätig, bevor sie zur stellvertretenden Geschäftsführerin der Baloise Perspectiva Sammelstiftung BVG ernannt wurde. Die 39-jährige Freiburgerin hat an den Universitäten Neuenburg und Bern Rechtswissenschaft studiert. Sie verfügt über ein HSG-Diplom Insurance Management sowie über ein CAS Berufliche Vorsorge der Universität St. Gallen. Laetitia Raboud ist zu- dem Prüfungsexpertin beim Berufsbildungsverband der Versicherungswirtschaft VBV und Mitglied des Vorstands der Schweizerischen Gesellschaft für Haftpflicht- und Ver- sicherungsrecht SGHVR. Laetitia Raboud folgt auf Manfred Hüsler, der in den Ruhestand tritt. Er war der erste Direktor der OAK BV, die ihre Tätigkeit am 1. Januar 2012 aufnahm.