Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) hat die Finanzperspektiven der IV aktualisiert und drei Szenarien für die künftige Entwicklung erstellt. Die finanziellen Perspektiven der IV haben sich verschlechtert. Gründe dafür sind unter anderem ein signifikanter Anstieg der Neurenten sowie tiefere Abgangsquoten als bisher angenommen. Das aktualisierte Berechnungsmodell wurde extern überprüft und positiv beurteilt.
IV
Entwicklung der Neurenten in der IV
(BSV) Bei der Prüfung von Rentenansprüchen in der Invalidenversicherung (IV) hat die Rechtsprechung in den vergangenen Jahren mehrere Änderungen herbeigeführt. Zum einen führte das Bundesgericht das sogenannte strukturierte Beweisverfahren schrittweise bei allen versicherten Personen mit psychischen Erkrankungen und Suchterkrankungen ein.
Zum anderen passte der Bundesrat nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die gemischte Methode zur Berechnung des Rentenanspruchs von Teilzeiterwerbstätigkeiten an.
MoreWiedereingliederung mit Fragezeichen
Wer wegen Unfall oder Krankheit im angestammten Beruf nicht weiterarbeiten kann, den unterstützt die Invalidenversicherung bei der Umschulung. Was gut tönt und erfolgreich praktiziert wird, hat aber einen Haken. Nun wird die Politik aktiv, schreiben die CH-Medien.
Diese Medaille hat drei Seiten. Die eine glänzt: Gut 55’000 Personen mit gesundheitlichen Problemen hat die Invalidenversicherung (IV) vergangenes Jahr unterstützt, um wieder im Arbeitsmarkt Fuss zu fassen. Das sind drei Mal mehr Menschen als vor fünfzehn Jahren. Die Kosten haben sich derweil lediglich auf 886 Millionen Franken verdoppelt.
Und vor allem freute sich der Bund jüngst in einer Mitteilung, dass knapp zwei Drittel der von der IV unterstützten Personen 2023 wieder eine Anstellung gefunden haben. Oder dass sie zumindest erwerbsfähig und damit auf Jobsuche waren.
IV: Verbesserte berufliche Eingliederung
(BSV) Rund 55’800 Personen haben letztes Jahr an beruflichen Eingliederungsmassnahmen der IV teilgenommen, dreimal mehr als noch 2008. Von den 41’500 Personen, die eine berufliche Eingliederung abgeschlossen haben, hatten rund 60 Prozent eine Anstellung oder waren wieder erwerbsfähig.
Insgesamt waren 2023 in etwas mehr als der Hälfte der Fälle der Beziehenden von beruflichen Eingliederungsmassnahmen (53 %) psychische Krankheiten die Invaliditätsursache, gefolgt von Krankheiten der Knochen und Bewegungsorgane (16 %), Geburtsgebrechen (11 %) und Unfällen (9 %).
Meldung BSV / Bericht / FR
Immer mehr psychisch Kranke
Bei den Jungen hat sich die Zahl der Fälle in nur zehn Jahren verdoppelt. Doch der Vormarsch der psychischen Erkrankungen betrifft die gesamte Bevölkerung. Albert Steck schreibt in der NZZ dazu:
Früher waren Geburtsgebrechen der weitaus häufigste Grund, der bei den Jungen zu einer IV-Rente führte. Inzwischen liegt dieser Anteil nur noch bei einem Fünftel. Dagegen haben sieben von zehn Neurenten psychische Gründe. Doch psychische Erkrankungen sind bei allen Altersgruppen auf dem Vormarsch: Sorgten sie vor zehn Jahren noch für weniger als 6000 Neurenten, sind es inzwischen mehr als 10 000. Allein im letzten Jahr betrug die Zunahme 20 Prozent.
Andreas Heimer von der Firma PK Rück hat diese Entwicklung ziemlich präzise vorausgesagt. Das Unternehmen dokumentiert und begleitet Fälle von Arbeitsunfähigkeit in 10 000 Betrieben mit 250 000 Angestellten. Diese Daten ermöglichen ein Frühwarnsystem – lange bevor die Invalidenversicherung zum Zug kommt.
IV-Statistik 2023
Die Eidgenössische Invalidenversicherung (IV) richtete 2023 an rund 456’000 Personen Leistungen aus. Sie schloss bei Ausgaben von 10,1 Milliarden Franken. Den grössten Ausgabenteil bildeten die Renten mit 5,6 Milliarden Franken.
on 251’000 Invalidenrenten wurden rund 223’700 in der Schweiz und 27’400 im Ausland ausgerichtet. Die Eingliederungsmassnahmen kosteten rund 2 Milliarden Franken und kamen 213’000 Versicherten zugute.
102’700 Leistungen wurden für medizinische Massnahmen erbracht (vor allem bei Kindern mit Geburtsgebrechen), gefolgt von den Abgaben von Hilfsmitteln an 67 500 Personen. Für 55 800 Personen vergütete die IV Massnahmen zur beruflichen Eingliederung im Umfang von 886 Millionen Franken.
SGK-N befürwortet 13. IV-Rente
Nach der Annahme der 13. AHV-Rente will die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates auch IV-Bezügerinnen und Bezügern eine zusätzliche Rente auszahlen lassen. Dies mit der Absicht, jegliche Diskriminierung in der ersten Säule zu vermeiden. Zudem hat sich die Kommission über die Eckwerte des Bundesrates zur Finanzierung der 13. AHV-Rente informiert und unterbreitet ihm hierzu ihre Empfehlungen.
BSV-Bericht zur beruflichen Eingliederung
Diese Studie evaluiert anhand einer Kohortenanalyse die Massnahmen des beruflichen Eingliederungsprozesses der IV und ihre Auswirkungen bis ins Jahr 2021. Sie aktualisiert eine frühere Studie und deckt den Zeitraum vom Inkrafttreten der 5. Revision der Invalidenversicherung im Jahr 2008 bis zum Inkrafttreten der Weiterentwicklung der IV im Jahr 2022 ab. Letztere wird später im Rahmen von verschiedenen Projekten evaluiert werden. Der Bericht liegt in deutscher Sprache vor mit Zusammenfassungen in Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch. Die gedruckte Publikation kann ab April 2024 bestellt werden.
Hohe Minusperformance
Die drei Sozialversicherungen (AHV, IV, EO) schliessen das Geschäftsjahr 2022 mit einem positiven Umlageergebnis von 1632 Millionen Franken für die AHV, 122 Millionen für die IV und 217 Franken Millionen für die EO ab.
Aufgrund der Turbulenzen an den Finanzmärkten ist das Anlageergebnis bei allen drei Versicherungen negativ, wobei die Nettorendite auf dem Anlagevermögen bei -12.85 % liegt. Dies führt zu einem negativen Betriebsergebnis für die AHV (-2 706 Millionen) und die IV (-293 Millionen), aber zu einem positiven Betriebsergebnis für die EO (33 Millionen).
Die Schulden der IV gegenüber der AHV bleiben unverändert bei 10’284 Millionen. Der gesamte Vermögensbestand der compenswiss per 31. Dezember 2022 beläuft sich auf 37’307 Millionen Franken.
IV-Schulden an den Bund?
Die Invalidenversicherung (IV) steht bei der AHV mit rund 10.3 Mrd. Franken in der Kreide. Der Bundesrat ist grundsätzlich bereit, diese Schulden zu tilgen. Er be- antragt ein Ja zu einer entsprechenden Motion aus dem Ständerat. Die Motion der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) des Ständerats verlangt eine Vorlage bis Ende 2023. Damit sollen die IV-Schulden getilgt oder aber durch den Bund übernommen werden. Der Bund stehe in der Pflicht, das Problem zu lö- sen, schreibt die Kommission. Als nächstes entscheidet der Ständerat über die Motion.
IV-Versicherte müssen Schaden mindern
CHSS. In zwei Kreisschreiben der Invalidenversicherung verleiht das Bundesamt für Sozialversicherungen den Auflagen für medizinische Behandlungen im Rahmen der Schadenminderung mehr Gewicht. Grundlage dafür ist ein Forschungsbericht.
Auflagen zur Schadenminderung kamen in der bisherigen IV-Praxis relativ selten zum Einsatz, wie eine Studie des Büro Vatter und der Berner Fachhochschule (BFH) im Auftrag des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) aus dem Jahr 2020 zeigt. Seitens der einzelnen IV-Stellen wurden sie zudem in unterschiedlichem Masse angewendet.
IV aus Sicht der Arbeitgeber
CHSS. Die Wahrnehmung der IV ist über die Jahre (Befragungen 2012–2021) ziemlich stabil geblieben. Mehrheitlich wird die IV von den Arbeitgebenden mit positiven Attributen beschrieben. 35 % der befragten Unternehmen nehmen die Invalidenversicherung hauptsächlich als eine Partnerin/Unterstützerin wahr. 33 % sehen in ihr eine kompetente Anlaufstelle für Fragen rund um beeinträchtigte Mitarbeiter.
Es gibt aber auch kritischere Wahrnehmungen. Ein Fünftel (20 %) der befragten Unternehmen sieht in der Invalidenversicherung eine komplizierte Institution, knapp ein Fünftel eine wenig Bekannte / eine Unbekannte (18 %) und 6 % sehen in der IV primär eine Geldgeberin. Auffällig ist zudem, dass die Wahrnehmung der IV über alle Regionen, Sektoren und Unternehmensgrössenklassen hinweg relativ einheitlich ist.
Allerdings wird die IV eher als Partnerin/Unterstützerin gesehen, je grösser ein Unternehmen ist. Bei den grössten Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden sehen 57 % die IV als Partnerin/Unterstützerin, während dieser Anteil bei den kleinsten Unternehmen mit vier bis neun Mitarbeitenden nur bei 31 % liegt.
Verläufe im System der sozialen Sicherheit
BFS. Im Jahr 2019 bezogen 682’551 Personen ein Taggeld der Arbeitslosenversicherung, eine Rente der Invalidenversicherung oder Leistungen der wirtschaftlichen Sozialhilfe. 32’291 Personen (4,7%) davon erhielten innerhalb des Jahres Leistungen aus mehreren Systemen. 2019 war damit zum zweiten Mal in Folge ein Rückgang der jährlichen SHIVALV-Gesamtbezugsquote im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen (von 12,6% in 2018 auf 12,3% in 2019). Der Rückgang ist dabei allein auf eine Abnahme bei der Quote der Taggeldbeziehenden in der ALV zurückzuführen, blieben doch die Bezugsquoten der Sozialhilfe und der IV stabil.
IV-Statistik 2020
EDI. Die Eidgenössische Invalidenversicherung (IV) richtete 2020 an rund 450’000 Personen Leistungen aus. Sie schloss 2020 bei Ausgaben von 9,6 Milliarden mit einem Defizit von 0,4 Milliarden Franken (Umlageergebnis). Den grössten Ausgabenteil bildeten die Renten mit 5,3 Milliarden Franken. Von 247000 Invalidenrenten wurden rund 218’000 in der Schweiz und 29^^000 im Ausland ausgerichtet. Die individuellen Massnahmen kosteten rund 2 Milliarden Franken und kamen 211’000 Versicherten zugute. Mit 110’000 Leistungen standen die medizinischen Massnahmen (vor allem bei Kindern mit Geburtsgebrechen) an der Spitze, es folgte die Abgabe von Hilfsmitteln an 65’000 Personen. Für rund 47’000 Personen vergütete die IV Massnahmen zur beruflichen Eingliederung im Umfang von 790 Millionen Franken.
IV-Rente trotz Massnahmen
Jeder fünfte Massnahmenbezüger erhält trotz Massnahmen eine Rente
Die Wirkung einer beruflichen Massnahme lässt sich daran messen, ob ein Bezüger danach doch eine Rente erhält oder nicht (Leerlaufquote). Aber nicht nur: IV-Stellen, die (zu) viele (unnötige) Massnahmen anordnen, werden auch gewisse Erfolge verzeichnen und damit die Leerlaufquote drücken.
Avenir Suisse schreibt: Die Unterschiede zwischen kantonalen Eingliederungsstrategien sind frappant. Nicht nur die Beträge per Bezüger variieren stark, sondern auch die Anzahl Personen, die von solchen Massnahmen profitieren, sowie der Erfolg solcher Massnahmen. Um die Mittel effizienter einzusetzen, sollte ein Kostendach für alle beruflichen Massnahmen pro IV-Stelle, gestützt auf die Anzahl Anmeldungen pro Jahr, festgelegt werden.
Im Quadranten oben rechts in der Abbildung sind die IV-Stellen zu finden, die wahrscheinlich zu undifferenziert Eingliederungsmassnahmen anordnen. Die Bezügerquote ist dort überdurchschnittlich hoch, und überdurchschnittlich viele Bezüger erhalten nach den Massnahmen trotzdem eine Rente.