Der Bobachter hat Monika Bütler nach ihren Gedanken zur beruflichen Vorsorge befragt. An Ideen zur Verbesserung fehlt es ihr nicht. Bütler, 62, war bis 2021 ordentliche Professorin der Uni St. Gallen. Heute ist sie selbständige Ökonomin und Mitglied mehrerer Verwaltungs- und Stiftungsräte. Auszüge aus dem Interview.
Frau Bütler, immer mehr Leute müssen nach der Pensionierung mit weniger als 60 Prozent ihres letzten Lohns leben. Darf das sein?
Für Einzelpersonen, die mehr als 100000 Franken verdienen, und Paare mit mehr als 150000 Franken im Jahr ist das meist nicht kritisch. Für alle anderen ohne Vermögen schon.
Wo liegt die Schamgrenze?
Wenn man sein ganzes Leben lang Vollzeit gearbeitet und vorgesorgt hat und trotzdem nicht die angestrebten 55 bis 60 Prozent des letzten Verdienstes erreicht. Die sehr tiefen Einkommen wiederum sind über Ergänzungsleistungen sehr gut abgesichert. Dazu kommen Beiträge für Pflege und Arztkosten. Es gibt kein Land, das nach unten besser absichert.
Für den unteren Mittelstand gilt das nicht.
Wir müssen dafür sorgen, dass diese Menschen besser abgesichert sind. Zum Beispiel indem man bei tieferen Einkommen Absenkungen des Umwandlungssatzes in der zweiten Säule über Querfinanzierungen ausgleicht. Und die Lohnbeiträge für die zweite Säule erhöht.