Die laufende Reform der Altersvorsorge dreht sich in nicht geringem Ausmass um die Situation der Frauen. AHV 21 ist verbunden mit der Angleichung der Rentenalter. Bereits wurde deswegen das Referendum lanciert, trotz grosszügiger Übergangsbestimmungen. Bei der Debatte zur BVG 21 wurde im Nationalrat mehr über den Pension Pay Gap lamentiert als über Umwandlungssatz und Umverteilung. Da scheint vieles im Argen zu liegen. Was wäre zu tun, haben Frauen die Lösung?
Die Schweizer Personalvorsorge hat in den letzten zwei Jahren eine Reihe von Beiträgen zum Thema «Frauen in der 2. Säule» publiziert, die jetzt als E-Paper frei zugänglich ins Internet gestellt wurden. Eine aufschlussreiche und herausfordernde Lektüre; erhellend, aber nicht wirklich befriedigend.
Bekannt ist, dass Frauen tiefere Renten von ihren Pensionskassen erhalten und desgleichen, dass sie in weit grösserem Ausmass als Männer Teilzeit arbeiten. Etwas weniger häufig erwähnt wird, dass Frauen Kinder zur Welt bringen und mit den zwei vorerwähnten Tatbeständen dazu ein Zusammenhang besteht oder doch zumindest bestehen könnte. Kinderlose Frauen weisen nur geringfügig tiefere Löhne undRenten auf.
Die Vorschläge und Forderungen der Autorinnen und interviewten Frauen gehen in zwei Richtungen: Frauen sollen sich verstärkt in ihrer Arbeit engagieren, selbstbewusster auftreten und höhere Löhne verlangen, die Karriere auch bei Mutterschaft nicht aus den Augen verlieren und sich vor allem nicht auf ihre Männer verlassen. Zudem werden staatliche Massnahmen verlangt, mehr Krippen- und Kita-Plätze, damit frau sich auf Erwerb und Karriere konzentrieren kann.
Der andere Schwerpunkt betrifft das BVG. Weil Teilzeitbeschäftigte benachteiligt sind, soll das Gesetz angepasst werden. Gefordert werden ein tieferer Koordinationsabzug, am besten dessen Abschaffung, und eine tiefere Eintrittsschwelle, am besten gar keine. Zudem sollen auch bei Kürzest-Beschäftigungen (unter drei Monaten) in jedem Fall PK-Beiträge fällig werden. Nichts wirklich Neues also, bloss von allem etwas mehr.
Was offenbar als unausweichlich, wenn nicht zwingend gesehen wird, ist die weitgehende Übernahme männlich geprägter Rollenbilder im Berufsleben durch die Frauen. Dies unter dem Titel «Gleichberechtigung» und verstanden als «Fortschritt». Wünschen wir uns das, ist es alternativlos oder fällt uns nichts anderes mehr ein?
Und die Kinder? Sie gehören zu den Verlierern dieser gesellschaftlichen Entwicklung, wie Untersuchungen belegen. Sie sind heute weit weniger glücklich als noch vor zehn, zwanzig und mehr Jahren. Nur löst das im Parlament keine Debatten aus; vermutlich weil es nicht ins feministische Narrativ passt.
Oder man leistet sich zwei Nannys, wie eine der Autorinnen, was aber schwerlich als Modell dienen kann.
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Ob uns der Gesetzgeber mit dem neuen, ab 1.1.22 geltenden Art. 30b ZGB aus der Bredouille hilft? Da steht in Abs. 1 in treuherziger Formulierung: «Jede Person, die innerlich fest davon überzeugt ist, nicht dem im Personenstandsregister eingetragenen Geschlecht zuzugehören, kann gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten erklären, dass sie den Eintrag ändern lassen will.» Aber fest überzeugt muss er oder sie schon sein, innerlich. Sonst wird das nichts mit der Geschlechtsänderung.
Allerdings beschränkt sich die Auswahl auf die heteronormativ binäre Auswahl M und F, LGB… etc. ist derzeit nicht lieferbar.
Mit dieser Einschränkung lässt sich gemäss «Verordnung über Gebühren im Zivilstandswesen» unter Abschnitt II. «Entgegennahme von Erklärungen, 4. Namensführung und Geschlecht», eine Änderung des im Personenstandsregister eingetragenen Geschlechts und eine damit verbundene Änderung von Vornamen (Art. 14b Abs. 1 ZStV) für bescheidene CHF 75 erledigen.
Nun wissen wir zwar seit Michel Foucault et.al., dass Geschlecht keine biologische Disposition, sondern ein gesellschaftliches Konstrukt darstellt. Ob aber mit diesem bürokratischen Simsalabim, der aus Frauen Männer macht und umgekehrt, irgendwelche Probleme gelöst werden? Sie werden bloss «dekonstruiert» und die herrschende Orientierungslosigkeit noch verstärkt.
Nicht dass wir auf staatlich verordnete Gesellschaftsreformen setzen sollten. Die Erfahrungen mit dem Kommunismus sollten uns Warnung genug sein. Enttäuschend nur, dass so wenig Kreativität in diesen wichtigen Fragen auszumachen ist.
Peter Wirth, E-Mail