Bundesrat Maurer hat der NZZ ein bemerkenswertes Interview gegeben. Er steht dem einschneidenden Regime gegen das Virus skeptisch gegenüber. Er plädiert für eine rasche, unkomplizierte Öffnung der Restaurants. Und er skizziert, wie schwierig es wird, die Corona-Schulden wieder loszuwerden. Auszüge:
Herr Maurer, Sie sind als Finanzminister in der Corona-Krise so etwas wie der Retter der Nation – gefällt Ihnen diese Rolle?
Nein, ganz und gar nicht. Mein Auftrag wäre ja eigentlich, auf das Geld aufzupassen. Aber das ist zurzeit ziemlich schwierig. Wir werden dieses Jahr voraussichtlich ein Defizit von 30 bis 50 Milliarden Franken machen, je nachdem, wie sich die Arbeitslosigkeit und die Kurzarbeit entwickeln. Schon das allein ist dramatisch. Hinzu kommen die verbürgten Überbrückungskredite für Firmen von maximal 40 Milliarden Franken. Angesichts dieser Summen ist es mir als Finanzminister nicht mehr wohl in meiner Haut.
Gehen Sie davon aus, dass der Bund für die Bürgschaften noch mehr Geld bereitstellen muss?
Dies ist in jeder Hinsicht die entscheidende Frage: Wie lange wird diese Phase noch dauern, in der wir die Wirtschaft so stark zurückbinden? Jede Rückkehr zur Normalität – natürlich immer unter Einhaltung der gesundheitlichen Vorgaben – ist extrem wichtig. Jeder Tag, den wir warten, kostet uns Millionen. Wir müssen uns im Bundesrat sehr genau überlegen, wie wir hier die Prioritäten in den nächsten Wochen setzen.
Sprich: Sie persönlich würden den Restaurants und Bars sofort erlauben, wieder den Betrieb aufzunehmen.
Vielleicht nicht gerade sofort, aber ich wäre froh, wenn wir rasch vorwärtsmachen könnten. Aus meiner Sicht braucht es hier keine grossen staatlichen Vorgaben, sondern wir können auf die Eigenverantwortung der Wirte zählen. Es ist in ihrem Interesse, dass bei ihnen die Hygiene- und Distanzregeln eingehalten werden. Sonst haben sie keine Gäste.
Ihre Skepsis ist nicht zu überhören. Ist der Bundesrat aus Ihrer Sicht mit den einschneidenden Massnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus zu weit gegangen?
Ich trage alle Entscheide mit, die der Bundesrat gefällt hat. Aber es stimmt, dass ich frühzeitig darauf hingewiesen habe, welch enorme wirtschaftlichen Schäden wir damit anrichten. Das ist auch meine Aufgabe als Finanzminister. Man darf nicht einfach die Augen vor den Kosten verschliessen. Aber angesichts der gesundheitlichen Risiken haben wir uns für dasselbe Vorgehen entschlossen wie viele andere Länder. Ich frage mich, ob das wirklich notwendig war. Gerade am Montag habe ich mit meiner schwedischen Amtskollegin telefoniert. Dort lebt man mehr oder weniger normal weiter. Das Bruttoinlandprodukt ist viel weniger stark eingebrochen. Ich bin gespannt, wie Schweden mit seiner liberalen Strategie aus dieser Krise herauskommen wird.