(SAV) Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) hat heute die Ja-Parole zur Reform der beruflichen Vorsorge (BVG-Reform) beschlossen. Eine Reform der beruflichen Vorsorge ist dringend notwendig. Denn die Renten der beruflichen Vorsorge stehen seit geraumer Zeit unter Druck. Gründe dafür sind die steigende Lebenserwartung, die vielen Neupensionäre der Babyboomer-Generation und die anhaltend schwierige Lage an den Kapitalmärkten. Weder Inflation noch steigende Zinsen lösen das Problem.
Arbeitgeber
SAV: Barbara Zimmermann-Gerster neue Leiterin des Ressorts Sozialpolitik
(SAV) Das Ressort Sozialpolitik und Sozialversicherungen des Arbeitgerverbands erhält mit Barbara Zimmermann-Gerster eine neue Leiterin. Die Sachverständige in Sozialversicherungsrecht bringt langjährige Führungserfahrung und breite Kenntnisse im Bereich der Arbeitgeberpolitik mit, welche sie während ihrer Zeit beim Schweizerischen Versicherungsverband (SVV) und beim Arbeitgeberverband der Schweizer Maschinenindustrie Swissmem sammelte. Barbara Zimmermann-Gerster folgt auf Lukas Müller-Brunner, der den Schweizerischen Arbeitgeberverband Mitte Jahr verliess, um beim Pensionskassenverband ASIP die Direktorenstelle zu übernehmen.
Vor ihrer Zeit bei Swissmem war Barbara Zimmermann-Gerster unter anderem beim Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport als juristische Beraterin tätig. Sie schloss ihr Lizenziat der Rechtswissenschaften an den Universitäten Zürich und Lausanne ab und besitzt ein LL.M in International and European Law der Vrije Universiteit Brussel.
Arbeitgeber: “Ja zur breit abgestützten Modernisierung der 2. Säule”
Der Arbeitgeberverband schreibt in einer Medienmitteilung:
Das Parlament hat im März eine Reform der 2. Säule (BVG) verabschiedet. Die berufliche Vorsorge wird damit umfassend modernisiert. Die Vorlage ermöglicht viel mehr Personen den Zugang zur zweiten Säule. Dazu stärkt sie die Generationengerechtigkeit. Insbesondere Junge, Frauen, Teilzeitbeschäftigte und der Mittelstand profitieren von einer besseren Vorsorge. Damit wird das Versprechen im Zusammenhang mit der vom Volk angenommenen AHV 21 eingelöst. Die Gegner gefährden ganz bewusst das bewährte 3-Säulen-Prinzip unserer Altersvorsorge.
Arena: Renten und Reform
pw. Die Arena von SRF hat sich ein weiteres Mal des Themas Renten und BVG-Reform angenommen. Hier der Schlagabtausch zwischen Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt und SGB-Gewerkschaftssekretärin Gabriela Medici.
Das Referendum zu rechtfertigen ist offenbar für die Gewerkschaften nicht ganz einfach. Man muss die Argumente weit herholen oder ganz einfach erfinden. Wie etwa bei den Vorwürfen von Medici gegenüber dem ASIP und den Pensionskassen.
“Unausgewogene Teuerungsanpassung der AHV-Renten”
Der Arbeitgeberverband schreibt zum Entscheid des Parlaments für einen ausserordentlichen und vollständigen Teuerungsausgleich der AHV-Renten:
Nach dem Erstrat hat nun auch der Ständerat die Motion der Mitte-Fraktion, die einen ausserordentlichen und vollständigen Teuerungsausgleich bei den AHV-Renten fordert, gutgeheissen. Die Arbeitgeber hatten sich vom Ständerat eine Gegensteuer erhofft und kritisieren die unnötige und willkürliche finanzielle Umverteilung.
Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) bedauert die Annahme der Motion und folgt dabei mehrheitlich der Argumentation des Bundesrates. Eine vollständige und aufgrund der alleinigen Grundlage der Teuerung zu erfolgende Anpassung der Renten, wie sie das Parlament nun beschlossen hat, ist aus verschiedenen Gründen nicht zielführend: Erstens passt der Bundesrat die Renten per Gesetzesgrundlage alle zwei Jahre an – so beschloss er die nächste Anpassung von 2,5 Prozent per 1. Januar 2023. (…)
Zweitens gewichtet man mit der jetzt von den Räten verabschiedeten Lösung die Preisentwicklung und damit die laufenden Renten viel stärker als die neuen Renten, was gegen das Prinzip einer nachhaltigen, alle Realitäten berücksichtigenden Anpassung geht. Gegen den Motionsvorschlag spricht zudem die schwierige finanzielle Lage der ersten Säule. Darüber darf auch die Abstimmung vom 25. September 2022 nicht hinwegtäuschen, ächzt die AHV doch erheblich unter den demografischen Veränderungen unserer Gesellschaft.
Stimmen zum AHV-Ja
Der Arbeitgeberverband schreibt:
Nach 25 Jahren Stillstand gelingt heute mit der AHV-Reform ein regelrechter Meilenstein. Nun gilt es, den Schwung zu nutzen und wie zu Anfangszeiten der ersten Säule einen regelmässigen Reform-Rhythmus zu etablieren. Die Ideen dafür gehen jedenfalls in keinem der politischen Lager aus.
Der Gewerkschaftsbund schreibt:
Trotz einem Millionen-Engagement der Wirtschaft für die Rentenaltererhöhung der Frauen und einer intensiven Angstkampagne der grossen Medienverlage, ist es dem Referendumsbündnis gelungen, stark über die eigene Basis hinaus zu überzeugen. Das Hauptargument der Rentenlücke der Frauen wurde breit debattiert und als Problem anerkannt. Arbeitgeber und Bürgerliche haben während des Abstimmungskampfes um jeden Preis nicht über die geplante weitere Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre sprechen wollen.
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund SGB wird sich vehement gegen weiterführende Rentenaltererhöhungen zur Wehr setzen. Das deutliche Nein in der Westschweiz und im Tessin sowie gemäss den Umfragen auch einer Mehrheit der Frauen zeigt: Allfällige weitere Leistungsverschlechterungen, welche alle Bevölkerungsgruppen treffen, werden in Abstimmungen keine Mehrheiten finden.
Die SP schreibt:
«Das knappe Ja zu den AHV-Vorlagen ist ein Schlag ins Gesicht für alle Frauen, die ihr ganzes Leben hart gearbeitet haben und nun auch noch diese Reform ausbaden müssen», sagt SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer. «Wir werden weiter mit aller Kraft für gezielte Verbesserungen der AHV-Renten kämpfen, etwa bei der Beratung der Initiative für eine 13. AHV-Rente. Anständige AHV-Renten bewirken für Frauen und Menschen mit tiefen Löhnen am meisten.»
Die SP erwartet nun, dass die Bürgerlichen ihre Versprechen einhalten und die Renten der Frauen endlich ansteigen. Konkret heisst das: In der BVG-Reform braucht es unmittelbar wirksame Verbesserungen für Personen mit Teilzeitanstellungen und im Niedriglohnbereich. Das ist ausschliesslich mit einem Renten-Zuschlag zu erreichen, wie es auch die Sozialpartner und der Bundesrat vorschlagen. Lohnungleichheit muss endlich mit wirksamen Massnahmen bekämpft werden, es braucht regelmässige Kontrollen und Sanktionen bei Verstössen.
Arbeitgeber bedauern Verzögerung
Der Arbeitgeberverband schreibt zur Behandlung der BVG-Revision im Ständerat:
Mit seinem Entscheid, die Reform der beruflichen Vorsorge zur erneuten Beratung an die sozialpolitische Kommission zurückzuweisen, sorgt der Ständerat für Verzug bei einem der wichtigsten Geschäfte der laufenden Legislatur. Das steht in deutlichem Widerspruch zu den Voten, die im Rahmen der Eintretensdebatte praktisch unisono zu hören waren: Die Reform sei trotz – oder gerade wegen – der Veränderungen an der Zinsfront und der anziehenden Inflation von grosser Dringlichkeit.
Auch wenn erst kurz vor der Behandlung des Geschäfts offenbar noch komplexe und umfassende Anträge eingegangen sind, die für eine seriöse Beratung Zeit benötigen, bedauern die Arbeitgeber den nun entstehenden Unterbruch sehr. Gerade mit Blick auf die hohe Bedeutung der Altersvorsorge, die praktisch bei jedem Sorgenbarometer auf den vordersten Rängen auftaucht, wäre ein zügiges Vorgehen wichtig gewesen.
Darüber kann auch die AHV-Abstimmung im September nicht hinwegtäuschen, fehlt dann eben diese zweite Säule. Mit den jüngsten Beschlüssen ist auch fraglich, ob die Vorlage überhaupt noch vor den Wahlen fertig beraten und durch eine wahrscheinlich notwendige Volksabstimmung gebracht werden kann.
Das Ende von sozial-patronal
Werner C. Hug kommentiert in der Finanz und Wirtschaft die Trends in der Altersvorsorge, welche weg von der Eigenverantwortung und hin zu einem stets stärker werdenden staatlichen Einfluss führen. Das wird zu Lasten des sozialen Engagements der Arbeitgeber gehen, meint Hug.
Wird mit diesen Reformen die Freiheit gewahrt und das Wohl der wirtschaftlich Schwachen, die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise erreicht? Die Eigenverantwortung des Individuums für seine Altersvorsorge wird je länger, je mehr vom Staat abgenommen. Er soll über Umverteilung in AHV und BVG dafür sorgen, dass die kleinen Einkommen zu einer «angemessenen» Rente Zugang erhalten – ganz im Sinne der Volkspension, ist doch von der dritten Säule, der «zu fördernden Selbstvorsorge mit Massnahmen der Steuer- und Eigentumspolitik», keine Rede.
Arbeitgeberverband blickt auf die älteren Arbeitnehmer
SAV. Als Folge der demografischen Entwicklung und des zunehmenden Stellenwachstums in der Wirtschaft akzentuiert sich der Arbeitskräftemangel. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wollen die Arbeitgeber die inländischen Arbeitskräfte verstärkt für den Arbeitsmarkt gewinnen.
Ein substanzielles Potenzial besteht dabei bei älteren Personen, die etwa durch eine bessere berufliche Mobilität, eine gelebte Zusammenarbeit der Generationen in den Betrieben oder flexiblere Arbeitsmodelle dem Arbeitsmarkt nachhaltiger und länger erhalten bleiben können.
Mit der Organisation focus50plus geht der Schweizerische Arbeitgeberverband die oben angesprochenen Themen ganzheitlich und im Austausch mit Wirtschaft, Wissenschaft und Politik an.
Auch die Arbeitnhmenden profitieren, etwa indem flexiblere Arbeitsmodelle oder eine grössere Arbeitsplatzattraktivität ihnen neue Möglichkeiten und Freiheiten eröffnen. Am Lancierungsevent vom 28. Januar 2022 wird die neue Organisation ins Leben gerufen.
Wirtschaftsverbände einig in Sachen AHV 21
Die NZZ berichtet über einen gemeinsamen Plan zur AHV-Reform der drei grossen Wirtschaftsverbände Economiesuise, Arbeitgeber- und Gewerbeverband. Er kollidiert mit den Absichten der Mitte und der SVP.
Sie sehen es gleich wie die Freisinnigen und sprechen sich «dezidiert» gegen die geplante Rentenerhöhung aus. Für die Wirtschaft sei es «unvorstellbar», einen solchen Schritt zu unterstützen. Die Verbände weisen die bürgerlichen Ständeräte eindringlich darauf hin, dass dieser Ausbau rund die Hälfte der Einsparungen wieder zunichtemachen würde, welche die AHV dank Rentenalter 65 für die Frauen erzielen kann.
Die direkte Folge davon: Um das Sozialwerk trotz der Grosszügigkeit gegenüber den Ehepaaren im Lot zu halten, muss die Mehrwertsteuer stärker erhöht werden als von den Bürgerlichen ursprünglich geplant. Die Ständeratskommission schlägt zwei Etappen vor: Eine erste Steuererhöhung um 0,3 Prozentpunkte ist 2022 geplant, eine zweite um 0,4 Prozentpunkte voraussichtlich 2029. Insgesamt ergibt dies eine Mehrbelastung der Konsumenten von 2,3 Milliarden Franken im Jahr.
Reaktionen auf den Mindestzins-Entscheid
Der Arbeitgeberverband schreibt:
Die Vorsorgeeinrichtungen befinden sich in einer schwierigen finanziellen Lange, die durch die Corona-Krise noch verschärft wird. Im anhaltenden Tiefzins-Umfeld wird eine höhere Verzinsung der Sparguthaben zunehmend schwierig. Eine wachsende Anzahl der Vorsorgeeinrichtungen befindet sich in Unterdeckung. Deshalb mussten die meisten Kassen die Anlageerträge primär zur Bildung der dringend notwendigen Rückstellungen für die Rentenversprechen verwenden .
Der Mindestzinssatz 2021 ist, wie augenscheinlich im Begriff erkennbar, für die Zukunft bestimmend. Relevant sind damit nicht historische Renditen, sondern zukünftige Entwicklungen auf den Kapitalmärkten, die gerade mit Blick auf die Corona-Pandemie alles andere als rosig aussehen.
Mit diesem Entscheid erweist der Bundesrat der beruflichen Vorsorge also einen Bärendienst: Während gerade BVG-nahe Vorsorgeeinrichtungen bereits stark mit dem engen regulatorischen Korsett der gesetzlichen Mindestparameter im BVG kämpfen, werden sie nun durch den unveränderten Mindestzinssatz von 1 Prozent noch weiter in ihrer Handlungsfreiheit eingeschränkt.
Als einzige Alternative bleibt, die systemzersetzende Umverteilung zwischen den Generationen weiter voranzutreiben.
Der Pensionskassenverband ASIP hält fest:
Der ASIP forderte eine Senkung des BVG-Mindestzinssatzes auf 0.5%. Er setzt sich seit Jahren für die Verwendung einer Formel als Richtschnur ein. Die aktuellen Formeln ergeben Werte weit unter 1% als Mindestzins. Der Bundesrat trägt mit seinem Entscheid diesen Ergebnissen nicht Rechnung, was der ASIP bedauert. In Erinnerung zu rufen ist, dass das Zinsniveau im Vergleich zum Vorjahr weiter gesunken ist.
Zudem hat sich die aktuelle finanzielle Lage der meisten Vorsorgeeinrichtungen trotz teilweiser Erholung nach den starken Kurseinbrüchen im Frühling im Vergleich zum Jahresende 2019 verschlechtert. Die Pandemie sollte uns somit als Warnung dienen, wie wichtig es ist, vorausschauend zu denken und entsprechend vorzusorgen. Eine Senkung wäre auch real betrachtet durchaus vertretbar gewesen. Trotz Senkung wird das Leistungsziel im BVG weiterhin übertroffen.
Werner Enz kommentiert in der NZZ:
Wie schon im Jahr 2018 folgt der Bundesrat auch dieses Jahr nicht den Empfehlungen der von ihm als Ratgeberin eingesetzten Kommission für die berufliche Vorsorge (BVG). Diese hatte für 2019 und nun auch für 2021 jeweils eine Senkung des BVG-Mindestzinses von 1 auf 0,75 Prozent vorgeschlagen.
Die Stellungnahme des Bundesrats fällt dieses Mal ausgesprochen minimalistisch aus mit dem Hinweis, er sei darüber informiert worden, dass eine Überprüfung des Mindestzinses in diesem Jahr nicht notwendig sei. Nach aussen entsteht der Eindruck, die BVG-Kommission habe gar keinen Einfluss und der Bundesrat als Gesamtgremium habe Wichtigeres zu tun, als sich Jahr für Jahr mit diesem Thema auseinanderzusetzen.
Aus Bern verlautet dazu beschwichtigend, gemäss Gesetz sei der Bundesrat im Zweijahrestakt verpflichtet, einen Zinsentscheid zu fällen. Er wird sich hiermit 2021 zwingend über dieses Dossier beugen müssen. Aber ist es klug, wenn jetzt im abgekürzten Verfahren auf Empfehlung des Sozialministers Alain Berset der Mindestzins für 2021 einfach bei 1,0 Prozent ohne nähere Prüfung durch die Landesführung stehen gelassen wird?
Arbeitgeberverband /
ASIP /
NZZ
NZZ: “Dicke Luft bei den Arbeitgebern”
Auf der Frontseite der NZZ berichtet Hansueli Schöchli über das Ausscheren von drei Branchenverbänden aus dem Sozialpartnerkompromiss mit einem eigenen Modell zur BVG-Reform.
Mit den Banken, dem Bau und dem Detailhandel haben sich Hochlohn- und Tieflohnbranchen verbündet. Ironischerweise ist der Präsident des kritischen Baumeisterverbands auch einer der zwei Vizepräsidenten im Dachverband der Arbeitgeber. Weitere Branchenverbände sind ebenfalls kritisch, wollen sich derzeit aber nicht öffentlich der Dreiergruppe anschliessen. So hatten etwa der Chemieverband Sciences Industries und der Versicherungsverband im Dezember öffentlich Kritik geäussert.
Die Spitze des Arbeitgeberverbandes ist dem Vernehmen nach über den Vorstoss der Dreiergruppe stark verärgert. Laut diversen Beobachtern hat der Dachverband den mit den Gewerkschaften ausgearbeiteten Vorschlag bisher mit grosser Vehemenz verteidigt und tut sich mit internen und externen Kritikern schwer.
Kritiker mutmassen, die Verbandsspitze habe sich von den Gewerkschaften über den Tisch ziehen lassen, um eine Lösung präsentieren zu können. Der Dachverband hatte den Vorschlag mit zwei Kernbotschaften begründet: Es gehe um die Rettung der zweiten Säule, und eine bessere Reform sei politisch nicht möglich. Letzteres wird sich noch zeigen. Es ist gut möglich, dass das Parlament die Vorlage des Bundesrats verändern und eine Referendumsabstimmung riskieren wird. Für einige der Kritiker ist dieses Risiko überschaubar, weil sie die Bundesratsvorlage als schlimmer betrachten als den Status quo.
Modell Baumeister, Banken, Detailhandel
Noch ein Alternativmodell zur BVG-Revision
Der Schweizerische Baumeisterverband schreibt auf seiner Website:
Der Schweizerische Baumeisterverband, Swiss Retail Federation und Arbeitgeber Banken haben sich in der Allianz für eine mehrheitsfähige Reform der Beruflichen Vorsorge zusammengeschlossen. Die Verbände eint die Sorge um die 2. Säule, für die es dringend eine Reform braucht.
Der von den Gewerkschaften und dem SAV geprägte Reformvorschlag des Bundesrats enthält gute Elemente, ist jedoch aufgrund der vorgeschlagenen Einführung eines Umlageverfahrens und der damit verbundenen Vermischung der Säulen aus Sicht der Allianz nicht mehrheitsfähig.
Das vom Schweizerischen Gewerbeverband sgv präsentierte zweite Modell trägt den Anliegen der Arbeitnehmerseite nicht genügend Rechnung. Die Allianz für einen vernünftigen Mittelweg präsentiert hiermit eine konstruktive Lösung, die zwischen den Vorschlägen des Bundesrats und des sgv liegt.
Der von der Allianz vorgeschlagene Mittelweg nimmt die zentralen Anliegen an die BVG-Reform auf: Senkung des Umwandlungssatzes auf 6.0 Prozent unter Aufrechterhaltung des Rentenniveaus. Die betroffenen Übergangsgenerationen werden so kompensiert, dass sie keine Renteneinbussen zu befürchten haben. Finanziert wird die zielgerichtete Kompensation insbesondere durch die bei den Pensionskassen vorhandenen Rückstellungen, die Altersgutschriften und Kapitalaufbau. Die Allianz ist überzeugt: Mit einem vernünftigen Mittelweg kann eine Reform, im Gegensatz zu den bisher vorliegenden Modellen, mehrheitsfähig werden.
Der Mittelweg nutzt die Zeit und ermöglicht es den 20- bis -24-Jährigen erstmals, über die 2. Säule für ihre Pension vorzusorgen. Dies eröffnet die Möglichkeit, früh mit dem Sparen zu beginnen. Der Mittelweg sieht zudem vor, die Altersgutschriften für 55- bis 65-Jährige von heute 18 Prozent auf 16 Prozent zu senken. Damit sinken die Lohnnebenkosten, was die Situation auf dem Arbeitsmarkt für ältere Arbeitnehmer verbessert.
Die Allianz des vernünftigen Mittelweges vertritt Branchen mit Unternehmen von insgesamt 500ʹ000 Angestellten, die über 13 Prozent des BIP erwirtschaften. In diesen personalintensiven Branchen sind die zur Allianz zusammengeschlossenen Verbände wichtige Sozialpartner.
Baumeisterverband / Arbeitgeber Banken /
Pressmitteilung
Kein gutes Beispiel
pw. Es geschieht höchst selten, wenn überhaupt, dass sich Vertreter der Pensionskassen in den Medien zu politischen Fragen der beruflichen Vorsorge äussern. Auch der Pensionskassenverband tut dies höchst zurückhaltend. Umso bedeutungsvoller, dass sich in der NZZ Gottlieb Keller als Präsident der Pensionskasse Roche zu Wort meldet. Unter dem Titel “Der Reformvorschlag zur zweiten Säule ist kein Beispiel gelebter Sozialpartnerschaft” kritisiert er pointiert den sog. Kompromissvorschlag von Gewerkschaften und Arbeitgeberverband zur BVG-Revision. Am Beispiel von Roche rechnet er vor, wieviel deren Arbeitgeber und -nehmer über die vorgezeichneten 15 Jahre an Beiträgen für den vorgeschlagenen Rentenzuschlag als Solidaritätsleistung aufbringen müssten, bei klarer Benachteiligung der Jüngeren. Ob es bei diesen 15 Jahren als Übergangsfrist für die Umwandlungssatzsenkung bleiben wird, ist aber unsicher, um nicht zusagen unwahrscheinlich. Keller schreibt:
Während dieser 15 Jahre wird ein halbes Lohnprozent abzuliefern sein, welches für einen abgestuften Ausgleich oder Besitzstand der heute über 50-Jährigen verwendet werden soll. Für die Roche-Belegschaft sieht dies – bei gleichbleibender Lohnsumme – in etwa wie folgt aus: Einzahlung des Arbeitgebers aus 0,25 Lohnprozent: 88,5 Millionen Franken; Einzahlungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 0,25 Lohnprozent: 88,5 Millionen Franken – davon 11 Millionen Franken von den über 50 Jahre alten Mitarbeitern, die Jüngeren zahlen somit 77 Millionen, ohne davon zu profitieren. Die Auszahlungen dürften für die künftigen Rentnerinnen und Rentner von Roche, die heute im Alter zwischen 50 und 65 sind, rund 114 Millionen Franken betragen.
Damit finanzieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Roche als Arbeitgeber rund 63 Millionen Franken an völlig unbeteiligte Dritte, quasi als «Solidaritätsbeitrag». Die Solidarität ist richtig und wird und sollte im Rahmen der AHV auch wahrgenommen werden, nicht aber im Rahmen des BVG, das aus früher freiwillig von Firmen gegründeten Kassen entstanden ist (so die erste «Pensionskasse» bei Roche im Jahre 1921). Störend ist zudem, dass die Abwicklung dieser Abgabe von einem halben Lohnprozent und dann die Weitergabe der Gelder durch den Sicherheitsfonds erfolgen sollen, eine Organisation, deren Vorstand aus Vertretern verschiedener Interessengruppen zusammengesetzt ist und von einem Mitarbeiter des Arbeitgeberverbandes präsidiert wird – eine Organisation, die halbstaatliche Funktionen ausübt und die zudem soeben die Beiträge erhöht hat, um schwache Pensionskassen unterstützen zu können.
Arbeitgeber geben schlechte Noten für AHV Reform-Vorlage
“Der Vorschlag des Bundesrats zur Reform der AHV hat bei den Arbeitgebern vielfaches Kopfschütteln ausgelöst. Um die AHV-Leistungen auf bisherigem Niveau zu sichern, müsste die Landesregierung die strukturellen Probleme der umlagefinanzierten AHV schrittweise lösen. Stattdessen will sie über happige Steuererhöhungen an das Portemonnaie der Bürger”. So fasst der Arbeitgeberverband seine Stellungnahme zu den bundesrätlichen Vorschlägen gemäss Vernehmlassung zur AHV-Reform zusammen. Weiter schreibt er:
Die über 80 Mitgliedsverbände, die der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) im Rahmen der Vernehmlassung zur neuen AHV-Reform konsultiert hat, haben derart viele Angriffspunkte und Schwachstellen geortet, dass der neue Reformanlauf als misslungen bezeichnet werden muss.
Stossend ist für die Arbeitgeber zuallererst, dass der Bundesrat die AHV – wie bereits bei der AV 2020 – praktisch ausschliesslich mit einer massiven Finanzspritze von 1,5 Mehrwertsteuerprozenten aus den roten Zahlen führen will. Damit sollen rund 90% der sich in den nächsten Jahren auftürmenden Defizite aufgefangen werden. Als strukturelle Massnahme ist hingegen bloss die Angleichung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre vorgesehen, wobei mit sogenannten Ausgleichsmassnahmen allerdings der Sanierungseffekt sogleich wieder zu einem schönen Teil aufgehoben werden soll.
Trotz massiver Zusatzfinanzierung wird sich die Schieflage der AHV indessen nicht nachhaltig verbessern. Im Gegenteil: Wegen der alternden Gesellschaft wird unser wichtigstes Sozialwerk bereits im Jahr 2030 erneut ein Umlagedefizit von 2 Mrd. Fr. schreiben, das bis 2035 auf 6 Mrd. Fr. anschwillt. Um dieses Loch mit zusätzlichen Geldern zu stopfen, wären nochmals satte 1,5 Mehrwertsteuerprozente notwendig.