Laurent Schlaefli, CEO von Profond und neuer Präsident von inter-pension, äussert sich in einem Interview der Handels-Zeitung zu aktuellen Fragen der 2. Säule. Auszüge:
Ein Thema der Politik ist die freie Pensionskassenwahl der Versicherten.
Das ist noch kein Thema – und die freie Pensionskassenwahl lehnen wir ab, obwohl ich das persönlich spannend fände. Eine freie Pensionskassenwahl würde die Grundprinzipien der zweiten Säule, so wie sie heute besteht, unterlaufen.
Möglicherweise hätten Sie dadurch bei Profond einen massiven Zulauf, zumal Sie da deutlich höhere Erträge erzielen als andere.
Es gibt noch etliche weitere Pensionskassen, die hohe Erträge erzielen. In diesem Jahr haben wir aber eine ganz andere Situation. Die Lage ist sehr angespannt. Die Invasion Russlands in die Ukraine bestraft die Märkte genauso wie die Geldpolitik der Zentralbanken der vergangenen Jahre. Wir haben per Ende Mai 2022 seit Jahresanfang einen Rückgang des SMI um 19 Prozent und des Swiss Bond Index um 12 Prozent gesehen. Im Juni hat sich das sicherlich nicht besser entwickelt. Wir werden sehen, wie es dann aussieht. Aber ein Teil der Gewinne, die noch Ende 2021 ausgewiesen wurden, sind weg.
Wo sehen Sie Handlungsbedarf, wenn der Deckungsgrad fällt?
Die Pensionskassen denken langfristig, sie handeln aber teilweise kurzfristig. Natürlich fängt man in den Pensionskassen an, nervös zu werden, wenn der Deckungsgrad Richtung 100 fällt. Es ist auch nicht tragisch, wenn dieser Deckungsgrad einmal kurzfristig unter 100 Prozent fällt. Stresstests von Aufsichtsbehörden ergeben, dass viele Pensionskassen auch darunter sein können – aber kaum eine Kasse würde auch bei extremen Szenarien unter 90 Prozent Deckungsgrad fallen.
Aber es gibt jetzt fundamentale Veränderungen – wirken die sich gar nicht aus?
Doch, beispielsweise bei Immobilien sehen wir Veränderungen: Es war lange Zeit schwierig, mehr als 2 Prozent Rendite zu erzielen. Wenn jetzt die Zinsen steigen, gibt es Wertverluste bei einigen Immobilienanlagen, wenn sie in Form von Fondsbeteiligungen gehalten werden. Hier steigt der Druck auf die Pensionskassen. Bei Direktbeteiligungen passiert hingegen im Moment noch nichts. Entscheidend aus Sicht einer Pensionskasse ist immer der Cashflow, der mit Immobilien erzielt wird – und hier sieht es gegenwärtig gut aus. Denn mit den Mieteinnahmen bezahlen wir letztlich einen Teil der Pensionen.
Interview Schlaefli