BFS. Im Jahr 2021 blieben die Ausgaben für Sozialleistungen in der Schweiz gemäss ersten Schätzungen mit 206 Milliarden Franken weitgehend stabil (+ 0,4% gegenüber 2020), wobei zwischen 2019 und 2020 die Sozialausgaben infolge der COVID-19-Pandemie um 11% zugenommen haben.
Zwischen 2020 und 2021 haben sich zwei gegenläufige Trends gegenseitig neutralisiert: Der Anstieg der Sozialausgaben in den Bereichen Gesundheit (+ 4 Mrd. Franken) und Alter (+ 3 Mrd. Franken) einerseits trafen andererseits auf einen Rückgang der Sozialausgaben im Bereich Arbeitslosigkeit (- 6 Mrd. Franken).
Der Anstieg der Ausgaben im Gesundheitsbereich wurde u.a. durch die Impfkampagne gegen COVID-19 bestimmt. Der Rückgang der Ausgaben im Bereich Arbeitslosigkeit – insbesondere bei der Kurzarbeitsentschädigung – ist u.a. auf die schrittweise Aufhebung der Massnahmen gegen die COVID-19 Pandemie und auf die anschliessende wirtschaftliche Erholung ab dem zweiten Quartal 2021 zurückzuführen.
SDA. Der Ständerat will wie der Nationalrat für 2023 den vollen Teuerungsausgleich für AHV-Rentnerinnen und -Rentner. Er hat am Montag entsprechenden Motionen von SP und Mitte zugestimmt.
Paul Rechsteiner (SP/SG) und Pirmin Bischof (Mitte/SO) verlangten in inhaltlich übereinstimmenden Motionen die Anpassung der AHV- und IV-Renten sowie der Ergänzungsleistungen gemäss dem Landesindex der Konsumentenpreise, und dies spätestens bis Anfang 2023. Zudem soll der Bundesrat dem Parlament ein Konzept dazu vorlegen, wie die Renten bei einer Teuerung von mehr als zwei Prozent künftig regelmässig angepasst werden können.
CHSS. Die Sozialleistunssquote ist im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr um 2,8 Prozentpunkte auf 23,2 Prozent gestiegen. Dies ist der grösste Anstieg seit der Einführung der Gesamtrechnung der Sozialversicherungen (GRSV) im Jahr 1987.
Die Sozialleistungsquote bildet das Verhältnis zwischen den Sozialleistungen und dem Bruttoinlandprodukt (BIP) ab. Sie zeigt, welcher Teil der gesamten Wirtschaftsleistung für den Gegenwert der Sozialleistungen gekauft werden könnte. Im Jahr 2020 erbrachten alle Sozialversicherungen zusammen Sozialleistungen von 164 Milliarden Franken. Das BIP betrug damals laut dem Staatssekretariat für Wirtschaft 706 Milliarden Franken (nominal).
Auslöserin des Anstiegs der Sozialleistungsquote ist die Corona-Krise: Das BIP schrumpfte 2020 gegenüber dem Vorjahr um 2,9 Prozent – und gleichzeitig liessen die Corona-Massnahmen des Bundesrates ab März 2020 die Sozialleistungsausgaben ansteigen. Alleine die Arbeitslosenversicherung (ALV) zahlte im Jahr 2020 Covid-19-Kurzarbeitslosenentschädigungen im Umfang von 9,2 Milliarden Franken aus – und die neu eingeführte Corona-Erwerbsausfallentschädigung (CEE) belief sich auf 2,2 Milliarden Franken.
Der Jahresbericht «Sozialversicherungen 2021» beinhaltet im Sinne einer Gesamtübersicht aktuelle Informationen zu den Sozialversicherungen, einen Überblick über die jüngsten politischen Diskussionen und die sich bietenden Perspektiven. Er gibt Auskunft über die neuesten Kennzahlen der einzelnen Sozialversicherungen und stellt Querbezüge zwischen den verschiedenen Sozialversicherungen dar. Ausserdem vermittelt er eine Gesamtsicht über die anstehenden Herausforderungen und zeigt auf, mit welchen Strategien der Bundesrat diesen begegnet und welche Massnahmen dazu erforderlich sind.
Letztes Jahr sind in der Schweiz 153 Kinder geboren worden, deren Vater 60-jährig oder älter war. Angesichts der Fortpflanzungsfreude der heutigen Jungsenioren erhält das Wort «Babyboomer» eine ganz neue Bedeutung. Um die Jahrtausendwende herum gab es nur etwa halb so viele Neugeborene mit Eltern der Kategorie 60+ wie heute, schreibt die NZZ zu einer Studie des BSV. Die Studie wurde ausgelöst durch die Forderung, die durch diese Kinder ausgelösten Zusatzrenten zu streichen. Deren Summe beläuft sich auf 230 Mio. Franken und sie betragen im Durchschnitt 770 Franken im Monat pro Kind. In der Studie selbst heisst es dazu:
Die Ergebnisse zeigen, dass minderjährige Kinder und junge Erwachsene in Ausbildung, die eine Zusatzrente auslösen, bereits heute – relativ betrachtet – häufiger in Haushalten mit geringer wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit aufwachsen als jene ohne Kinderrente der 1. Säule. Gemäss der Studie wäre eine Reduktion oder ein gänzlicher Wegfall der Kinderrenten vor allem für Kinder bedeutsam, die bereits im Rahmen der aktuell geltenden Regelung in wirtschaftlich leistungsschwachen Haushalten aufwachsen.
Falls eine Reduktion oder der gänzliche Wegfall der Kinderrenten in ökonomisch leistungsschwachen Haushalten nicht kompensiert würde, ist davon auszugehen, dass sich die Lebensbedingungen und damit auch die Chancen der betroffenen Kinder in Schule und Ausbildung verschlechtern würden – was weder aus Sozialversicherungsoptik noch aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive wünschenswert wäre.
Rudolf Strahm hat im Tages-Anzeiger eine Lanze für die AHV Reform-21 gebrochen und die Zusatzfinanzierung mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer begrüsst. Jacqueline Badran kritisierte heftig und meint, eine MWSt-Erhöhung sei das Dümmste, was man tun könne und fordert höhere Lohnbeiträge. Werner C. Hug geht in einer ökonomischen Analyse der Frage nach, was denn nun gescheiter oder richtig ist.
Der Gewerkschaftsbund hat eine Initiative mit dem Titel “Nationalbankgewinne für eine starke AHV” gestartet. Der SGB schreibt dazu:
Heute startet die Unterschriftensammlung für die Volksinitiative «Nationalbankgewinne für ein starke AHV». Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat Milliardenerträge aus Negativzinsen und Gewinnen angehäuft. Dieses Geld muss zurück an die Bevölkerung. Die SNB-Initiative will, dass ein Teil der Gewinne an die AHV geht.
Die Initiative zeigt, dass solide AHV-Finanzen ohne Rentenalterhöhung möglich sind, und bietet eine Alternative zu den Frontalangriffen des Parlaments auf die Renten. Auf die Abbau-Vorlage AHV 21 kann so oder so verzichtet werden, weil die AHV-Prognosen bis 2032 zu pessimistisch sind. Unter Druck sind hingegen die Altersrenten.
Die AHV-Renten halten mit den Lebenshaltungskosten nicht Schritt und die BVG-Renten sinken – auch wegen der Tiefzinspolitik der letzten Jahre. Für viele Rentnerinnen und Rentner reicht das Geld nicht mehr zum Leben. Deshalb braucht es eine Stärkung der AHV mit den Erträgen der Negativzinsen der SNB. Davon profitieren alle.
Arno Schmocker kommentiert in der Finanz und Wirtschaft die Finanzierungssituation der AHV, welche sich kurzfristig aufgehellt hat, sich aber schon bald wieder verdüstert.
Das Parlament hat die Landesregierung mit einer Motion beauftragt, bis Ende 2026 eine Vorlage der Stabilisierung der AHV für die Zeitspanne 2030 bis 2040 auszuarbeiten.
Wie diese ohne Erhöhung des Rentenalters gelingen soll, ist schleierhaft. Mit einer Erhöhung um drei auf 68 Jahre könnte die AHV dauerhaft stabilisiert werden. Doch ein solch grosser Schritt in einer einzigen Etappe hat politisch keine Chance auf Erfolg, zumal der Bundesrat die «Renteninitiative» der Jungfreisinnigen mit dem Vorschlag, das gesetzliche Rentenalter an die steigende Lebenserwartung zu knüpfen, unverständlicherweise ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung empfiehlt.
Mit Blick auf die strukturell desolate Lage der AHV wahnwitzig erscheint dagegen die zustande gekommene Volksinitiative für eine 13. AHV-Rente, über die wahrscheinlich ebenfalls 2023 abzustimmen sein wird. «Für ein besseres Leben im Alter» sollen alle, auch bestens betuchte, Bezügerinnen und Bezüger einer Rente einen Zuschlag von 8,3% erhalten. Zur Finanzierung wären gemäss Bundesrat 4 Mrd. Fr. mehr pro Jahr nötig. Woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Eine Erhöhung der Lohnbeiträge, wie von den Gewerkschaften vorgeschlagen, würde die bereits gigantische Umverteilung in der ersten Säule gewollt massiv verstärken. Populistische Etikettenschwindel retten die AHV nicht
Die AHV schliesst das Geschäftsjahr 2021 mit einem positiven Umlageergebnis von 880 Mio. Franken ab. Dieses Ergebnis bestätigt den bereits im Jahr 2020 beobachteten Anstieg. Es ist hauptsächlich auf die zusätzliche Finanzierung von rund 2 Milliarden zurückzuführen, welche die Schweizer Stimmberechtigen anlässlich der Volksabstimmung zur Vorlage Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF) im Mai 2019 angenommen hatten.
Das positive Anlageergebnis des AHV-Ausgleichsfonds (1652 Millionen) wurde vor dem Hintergrund einer starken nationalen und internationalen wirtschaftlichen Erholung im Jahr 2021 erzielt. Auch die Zinszahlungen der IV für ihre Schulden gegenüber der AHV trugen leicht zum Betriebsergebnis bei. Sie beliefen sich im laufenden Jahr auf 51 Millionen Franken und waren damit gleich hoch wie im Vorjahr, da sowohl Schuldhöhe als auch Zinssatz (0.5 %) unverändert blieben.
Somit weist das Betriebsergebnis für die Sozialversicherung für das Jahr 2021 einen Gewinn von 2,5 Mrd. Franken aus.
Fabian Schäfer schreibt in der NZZ: “Die Diskriminierung der Männer ist offensichtlich. Doch wie lässt sie sich politisch beheben: mehr Geld für die Witwer – oder weniger für die Witwen? Das Parlament versucht wieder einmal, das Problem zu lösen.”
Die kinderlose und voll berufstätige Firmenchefin erhält eine zeitlich unlimitierte Witwenrente – der Hausmann und Vater hingegen geht leer aus, sobald das jüngste Kind volljährig wird: Die Ungleichbehandlung ist offensichtlich. Das sieht auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte so, wobei der abschliessende Entscheid in dieser Sache noch aussteht. Unabhängig vom Ausgang dieses Verfahrens stellt sich innenpolitisch die Frage, wie sich die heutige Regelung noch erklären lässt.
Gar nicht. Darin besteht politisch bereits seit Jahren weitherum Einigkeit. Umstritten ist jedoch, wie die Lösung des Problems aussehen soll. Die Leistungen der Witwen zu kürzen, ist politisch schwierig; die Leistungen der Witwer zu erhöhen, ist teuer. Und die Finanzlage der AHV verschlechtert sich ohnehin gerade erheblich, weil nun sukzessive die grossen Babyboomer-Jahrgänge pensioniert werden. (…)
An den unbefristeten Witwenrenten für Mütter will man nicht rütteln. Stattdessen gab es in der Kommission einen (knappen) Vorentscheid für die Idee, Eltern unabhängig vom Geschlecht gleich zu behandeln. So würden auch Witwer weiterhin Renten erhalten, nachdem ihr jüngstes Kind volljährig geworden ist. Zudem fand ein Vorstoss eine Mehrheit, der auch ledigen Paaren Zugang zu Witwen- und Witwerrenten verschaffen würde.
Ob dies auch im Parlament mehrheitsfähig wäre, ist unklar. SVP und FDP dürften auf eine kostenneutrale Lösung pochen. Den Ausschlag werden wohl die Mitte-Partei und die GLP geben. Die spannende Frage ist, ob es die Mehrheit wagen wird, im Gegenzug zu den Verbesserungen für die Männer gewisse Kürzungen bei den Witwen vorzunehmen.
pw. Daniel Lampart, Ökonom des Gewerkschaftsbunds, kritisiert die AHV-Studie der UBS, vermag allerdings deren bedenkliche Zahlen nicht zu widerlegen. So verlegt er sich auf seine persönliche Auslegung des Begriffs Generationensolidarität, zieht zur Verdeutlichung die Situation des Robinson Cruseo heran und unterstellt der Bank kommerzielle Motive für ihre Untersuchung. Das ist ziemlich fadenscheinig, um nicht zu sagen absurd, und ändert nichts an der Tatsache, dass wir den nächsten Generationen eine gewaltige Schuldenlast aufbürden, welche mit der neuesten Initiative für eine 13. Rente nochmals vergrössert würde. Lampart schreibt:
Die jungen und beruflich Aktiven erhielten die Basis ihres Wohlstandes geschenkt. Ohne dieses Erbe wären sie Robinson Crusoes. D.h. sie müssten alles aus dem Nichts erarbeiten, um überleben zu können. Was dieses Erbe der Eltern und Grosseltern wert ist, ist schwer zu quantifizieren. Man könnte dabei auf den heutigen Durchschnittslohn abstützen, der rund 110’000 Fr. pro Jahr beträgt. Eine Wirtschaft mit Robinson Crusoes würde nur einen Bruchteil davon erwirtschaften und verdienen. Die Robinson Crusoes würden vielmehr ums Überleben kämpfen. (…)
Dass die UBS die AHV kritisiert, ist nicht neu. Im Gegenteil: Die finanzielle Lage der AHV wird Jahr für Jahr in der Publikation zur «Generationengerechtigkeit» dramatisiert. Für die Diskussion über die AHV wäre es aber besser, wenn die UBS-Leute ihre wahren Beweggründe offenlegen würden. Nämlich, dass es sie stört, wenn die Topverdiener mehr in die AHV einzahlen als sie an Rente beziehen. Und dass es für die UBS attraktiver ist, wenn die SchweizerInnen private Altersvorsorgeprodukte kaufen als wenn die AHV ausgebaut wird.
Hansueli Schöchli kommentiert die Studie der UBS zur Finanzierungssituation der AHV.
In vielen Fällen macht die versteckte Subvention etwa die Hälfte der AHV-Rente aus. Kein Wunder, ist die AHV «populär». All dies will im Schweizer Politikzirkus kaum einer hören und schon gar nicht selber sagen. Irritierenderweise stören ab und zu ein paar Ökonomen den Bundesberner Gottesdienst. Zu diesen zählen Bernd Raffelhüschen vom Forschungszentrum Generationenverträge der Universität Freiburg im Breisgau und eine Ökonomengruppe der UBS. Diese Spielverderber haben am Donnerstag ihre neusten Rechnungen zur Generationenbilanz der AHV vorgelegt.
Der erste Kernbefund: Die AHV hat nach geltendem Recht ungedeckte Checks für über 900 Milliarden Franken ausgestellt. Das heisst, die Rentenversprechen übersteigen die künftigen Einnahmen der AHV um diesen Betrag. Künftige Deckungslücken sind in dieser Rechnung mit einem realen Zinssatz von 2,1 Prozent auf den heutigen Barwert heruntergebrochen; eine Deckungslücke von 100 Franken in zwölf Monaten entspräche somit in dieser Rechnung einem Barwert von etwa 98 Franken.
Das Ergebnis der Rechnungen heisst: Für eine nachhaltige AHV müssen Reformen das Verhältnis zwischen künftigen Einnahmen und Ausgaben um über 900 Milliarden Franken verbessern. Der Betrag entspricht der gesamten Wertschöpfung in der Schweizer Volkswirtschaft innert etwa 15 Monaten. Solche Reformen wären happig, aber machbar. Dafür braucht es zum Beispiel eine schrittweise Erhöhung des ordentlichen Rentenalters auf schätzungsweise 68 oder eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 3 bis 4 Prozentpunkte auf 11 bis 12 Prozent.
Die UBS macht das, was der Bundesrat verweigert: Eine Langfrist-Analyse der finanziellen Verfassung der AHV vorzulegen. Dass die Bank zudem für ihre Untersuchungen ein Deutsches Institut beizieht (Freiburg i.Br.) spricht ebenfalls Bände. Jetzt wurde eine neue Studie unter dem Titel “Die Zukunft der AHV” vorgestellt, und sie enthält keine erquickliche Lektüre. Die 1. Säule steht vor riesigen Problemen. Auch die voraussichtlich im Herbst zur Abstimmung gelangende Reform kann lediglich eine gewisse Linderung verschaffen, aber sie nicht lösen. Die kumulierte Finanzierungslücke sinkt damit lediglich von 900 Mrd. auf ca. 650 Mrd. Alle Reformen, auch die AHV 21 belasten primär die jüngere Generation. Wie lange sie das mit sich machen lässt?
In der Mitteilung der UBS heisst es dazu:
Die Anzahl Personen mit Alter ab 65 Jahren wird in der Schweiz bis 2040 um etwa 51 Prozent ansteigen, die Anzahl der Personen im Erwerbsalter dagegen wird gemäss dem mittleren Szenario der Bevölkerungsprognose des Bundesamts für Statistik (BFS) im gleichen Zeitraum praktisch stagnieren. Das untergräbt den Mechanismus des Umlageverfahrens der 1. Säule. Die AHV-Rentenversprechen übersteigen laut aktueller Gesetzgebung die künftigen Einnahmen um circa 126 Prozent des Schweizer Bruttoinlandprodukts (BIP) oder etwa 900 Milliarden Franken (in Preisen von 2019).
Berücksichtigt man das Vermögen des AHV-Ausgleichsfonds, das mit fast 50 Milliarden Franken auf den ersten Blick enorm erscheint, aber angesichts der Verpflichtungen schnell aufgebraucht sein wird, sprechen wir immer noch von einer Nachhaltigkeitslücke von etwa 120 Prozent des BIP. Wer diese Kosten tragen soll, ist eine Frage der gesellschaftlichen Perspektive in Bezug auf die Altersvorsorge.
Hinter den impliziten Schulden stecken zu hohe Leistungsversprechen, denn die derzeitige Gesetzgebung sagt jedem heute lebenden Altersjahrgang im restlichen Lebensverlauf mehr Leistungen aus der 1. Säule zu, als sie ihm im Gegenzug an Zahlungsverpflichtungen auferlegt. Seit 2014 übersteigen die laufenden Ausgaben der AHV die laufenden Einnahmen. Das Jahr 2020 und wenige weitere Folgejahre werden wieder ein positives Umlageergebnis ausweisen, vor allem durch das Inkrafttreten der Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF), die zusätzliche Beiträge in die Kassen einzahlen, allerdings nur für eine kurze Zeitspanne. Somit sind Reformen unerlässlich.
CHSS. Die Wahrnehmung der IV ist über die Jahre (Befragungen 2012–2021) ziemlich stabil geblieben. Mehrheitlich wird die IV von den Arbeitgebenden mit positiven Attributen beschrieben. 35 % der befragten Unternehmen nehmen die Invalidenversicherung hauptsächlich als eine Partnerin/Unterstützerin wahr. 33 % sehen in ihr eine kompetente Anlaufstelle für Fragen rund um beeinträchtigte Mitarbeiter.
Es gibt aber auch kritischere Wahrnehmungen. Ein Fünftel (20 %) der befragten Unternehmen sieht in der Invalidenversicherung eine komplizierte Institution, knapp ein Fünftel eine wenig Bekannte / eine Unbekannte (18 %) und 6 % sehen in der IV primär eine Geldgeberin. Auffällig ist zudem, dass die Wahrnehmung der IV über alle Regionen, Sektoren und Unternehmensgrössenklassen hinweg relativ einheitlich ist.
Allerdings wird die IV eher als Partnerin/Unterstützerin gesehen, je grösser ein Unternehmen ist. Bei den grössten Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden sehen 57 % die IV als Partnerin/Unterstützerin, während dieser Anteil bei den kleinsten Unternehmen mit vier bis neun Mitarbeitenden nur bei 31 % liegt.
BFS. Die Sozialleistungen beliefen sich im von der Covid-19-Pandemie geprägten Jahr 2020 auf 206 Milliarden Franken, was einem Anstieg von 20,4 Milliarden Franken gegenüber 2019 entspricht (real +11,1%). Dieser Anstieg ist grösstenteils auf Leistungen im Bereich Arbeitslosigkeit, inkl. Kurzarbeit und Corona-Erwerbsausfallentschädigung, zurückzuführen (+14,1 Milliarden Franken). Die Bereiche Alter sowie Krankheit und Gesundheitsversorgung trugen mit zusätzlichen 2,7 bzw. 2,5 Milliarden Franken bei.