Pensionskassen müssen in ihren Jahresrechnungen neuerdings als «intransparent» geltende Anlageprodukte ausweisen. Dies schafft Druck auf die Anbieter von alternativen Anlagen.
Rechnungslegung
Neue FER 26 für PKs
Die Fachkommission der Stiftung für Fachempfehlungen zur Rechnungslegung (SWISS GAAP FER) hat die neue FER 26 für Vorsorgeeinrichtungen verabschiedet. Sie tritt per 1. Januar 2014 in Kraft, vorausgesetzt, der Bundesrat ändert Art. 47 Abs. 2 BVV 2. Eine frühzeitige Anwendung ist erlaubt. Die überarbeitete Fachempfehlung FER 26 berücksichtigt die erhöhten Transparenzanforderungen, die aufgrund der Strukturreform in der beruflichen Vorsorge per 1. Januar 2012 resultieren, sowie die notwendigen Ergänzungen aufgrund der Weisung der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) zum Ausweis der Vermögensverwaltungskosten.
Treuhänder: Unternehmensabschlüsse und Unterdeckungen bei VE
Bei der Unterdeckung in einer schweizerischen Vorsorgeeinrichtung empfiehlt es
sich, die Auswirkungen der Sanierungsmassnahmen auf den Jahresabschluss des
angeschlossenen Unternehmens sorgfältig zu prüfen, schreiben Stefan Haag und Silke Rüenaufer (PWC) im Treuhänder 8/2013. Sie erläutern die Auswirkungen von Sanierungsmassnahmen auf Abschlüsse nach Obligationenrecht, Swiss GAAP FER und IFRS.
Towers Watson: Steigende Pensionskosten absehbar
Der Ausfinanzierungsgrad der Schweizer Pensionspläne war über das Jahr 2012 gesehen relativ stabil. Diese scheinbar robuste Entwicklung der Deckungsgrade verschleiert jedoch die Tatsache, dass sowohl die Verpflichtungen als auch das Planvermögen im Verlauf des Jahres stark anstiegen. Die tiefen Rechnungszinsen in Kombination mit den Veränderungen in den internationalen Rechnungslegungsstandards (IAS) werden 2013 zu signifikant höheren Pensionskosten führen als im Vorjahr. Dies geht aus dem Pensionskassen-Index Swiss Pension Finance Watch hervor, der vierteljährlich von Towers Watson auf Basis internationaler Rechnungslegungsstandards (IAS) veröffentlicht wird.
Im vierten Quartal 2012 zeichnete sich nach einem leichten Negativtrend in den ersten drei Quartalen des Jahres 2012 eine leichte Erholung der Deckungsgrade ab. Der Benchmark Pension Index stieg von 88.4 auf 89.7 Punkte, liegt damit aber immer noch tiefer als vor Jahresfrist mit 90.4 Punkten. Die Verpflichtungen sanken im vierten Quartal leicht um 0.3 Prozent, während das Planvermögen um 1.3 Prozent stieg. Über das ganze Jahr stiegen die Verpflichtungen um fast 11 Prozent, während das Planvermögen um 10 Prozent anwuchs. Dies führt zu einer relativ stabilen Entwicklung der Deckungsgrade über das Jahr 2012.
„Die Rechnungszinsen befinden sich weiterhin in einer Negativspirale. Im vierten Quartal 2012 lagen sie bei 1.62 Prozent, vor Jahresfrist dagegen noch bei 2.41 Prozent. Die vom Kapitalmarkt getriebenen Anlageerträge trugen jedoch dazu bei, den Negativeffekt auf die Unternehmensbilanz zu dämpfen“, sagt John Carter, Senior Consultant bei Towers Watson. Für das kommende Jahr empfiehlt der Experte mit Blick auf das schwierige Zinsumfeld, die Pensionsverpflichtungen sehr gut im Auge zu behalten. Dies gilt insbesondere für multinationale Firmen, die nach IAS bilanzieren, denn die Änderungen in den Rechnungslegungsstandards werden ihre Pensionskosten merklich erhöhen.
US: New Rules on Public Pension Funds
Cities, states and the millions of Americans who work for them will soon face new accounting rules that will require many local governments to disclose pension obligations that were hidden until now, stepping up the pressure to rein in public workers’ benefits.
The new rules are the result of more than five years of work by the Governmental Accounting Standards Board on one of the most contentious topics the agency has ever tackled. The current rules have been criticized for making pensions look more affordable than they really are and creating incentives for governments to take undue risks with taxpayer money.
NZZ: “Das Ende des Korridors”
Christoph Schmutz und Beat Gigy befassen sich in NZZ Equity mit den neuen, verschärften IAS-Regelungen für die Bilanzierung von Vorsorgeverpflichtungen. Schmutz beschreibt die Funktion des Korridors, der mit der revidierten IAS-19 jetzt wegfällt, was sich markant in den Bilanzen der Unternehmen mit IAS-Rechnungslegung auswirken wird. “Laut Lukas Marty, CFO der Beratungs- und Prüfungsgesellschaft KPMG, müssen sich die Schweizer Unternehmen auf einen rund 30% bis 50% höheren Vorsorge-Aufwand in der Erfolgsrechnung einstellen.
Dies ist aber nicht die Folge der höheren Vorsorge-Rückstellungen. Diese werden nämlich im sonstigen Gesamtergebnis OCI («other comprehensive income») untergebracht, das an die eigentliche Erfolgsrechnung anschliesst. Die zusätzlichen Kosten ergeben sich aus der Tatsache, dass neu sowohl auf der Vorsorgeverpflichtung als auch auf dem bereits zurückgelegten Vermögen derselbe Zinssatz anzuwenden ist, der Diskontsatz. Unter dem alten Regime konnte eine zu erwartende Rendite auf das Vorsorgevermögen gerechnet und von den Kosten in der Erfolgsrechnung entsprechend abgezogen werden. Da nun der tiefere Diskontsatz vom Aufwand in der Erfolgsrechnung abgezogen wird, resultieren höhere Kosten.”
Gigy geht auf die Tatsache ein, dass nach schweizerischem Recht eine strikte Trennung zwischen Pensionskasse und Arbeitgeberfirma vorliegt. KMU, welche nach Swiss FER bilanzieren, sind deshalb von den IAS-Änderungen auch nicht betroffen. Allerdings werden auch diese Unternehmen von der Finanzierungssituation ihrer VE betroffen. “Nach Einschätzung des Vorsorgeexperten Christian Fitze (Ecofin Investment Consulting) laufen die meisten Anreize im Pensionskassensystem darauf hinaus, zu hohe Diskontierungssätze zu verwenden. Ein zu hoch angesetzter technischer Zinssatz gaukelt sichere künftige Erträge auf dem bestehenden Deckungskapital vor, die sich in Realität nicht oder nur mit einem zu hohen Anlagerisiko erreichen lassen. Auf diese Weise lässt sich ein höherer Deckungsgrad ausweisen, als er sich bei marktgerechter Beurteilung ergäbe.
Offenbar gibt es in der Schweiz ein West-Ost-Gefälle in dem Sinn, dass in der Romandie das Schönfärben mit hohen technischen Zinssätzen noch etwas intensiver ist als im Osten des Landes. Abschreckend für Jüngere Fitze legt dar, dass eine relativ grosse Koalition Interesse daran hat, die zweite Säule gut aussehen zu lassen: die Politik, die die Gesetze erlassen hat, Pensionskassenexperten, die lange Zeit hohe Diskont-Raten geduldet oder vertreten haben, und eben auch die Unternehmen, die die Belastung ihrer Bilanzen durch Sanierungen zu vermeiden suchen. Hinzu komme die mit den verzerrten Zinssätzen einhergehende Umverteilung von den Jungen zu den Älteren bzw. Rentenbezügern, die von einem hohen Umwandlungssatz profitieren.”
“Wenn die Vorsorge auf die Bilanz drückt”
Mehr Transparenz aber auch hoher Aufwand, ausgelöst durch die neuen internationalen Rechnungslegungsstandards für die Vorsorgeverpflichtungen (IAS 19). Die NZZ und andere Zeitungen sind in den letzten Wochen verschiedentlich auf das Thema eingegangen. Die NZZ schreibt: “Am Ende seiner Amtszeit kann der Vorsitzende des International Accounting Standard Board (IASB), David Tweedy, zufrieden sein. Er hat eines seiner Hauptziele bei den Internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) erreicht: Das von ihm stets beanstandete «Korridorverfahren» zur Erfassung von versicherungstechnischen Gewinnen und Verlusten bei Vorsorgeverpflichtungen ist mit der Überarbeitung des neuen Standards IAS 19 durch den IASB im Jahr 2011 abgeschafft worden.
Künftig sind statistische Gewinne und Verluste bei Pensionen sofort und in vollem Umfang zu erfassen, denn entsprechende Wahlrechte zur Bilanzierung wurden beseitigt. In der Bilanz wird also in Zukunft eine Differenz zwischen Vorsorgeverpflichtungen und dem vorhandenen Vermögen (Planvermögen) sofort als Pensionsrückstellung gezeigt. Das bedeutet in vielen Fällen: Eigenkapital wird ergebnisneutral für Pensionsrückstellungen reserviert.
Zudem änderte der IASB die Bilanzierung der Effekte für Vorsorgepläne zurückliegender Arbeitsjahre. Diese werden nun als separate Kostenposition ausgewiesen. Ausserdem passte der IASB die Verzinsung der Vorsorgevermögen an. Sie orientiert sich nicht mehr an den Erwartungen, die den Unternehmen viel Ermessensspielraum liessen, sondern lehnt sich an die Verzinsung der Vorsorgeverpflichtungen an.”
Für Schweizer Unternehmen stellt sich die Frage, ob der Aufwand sich lohnt. Auswege bieten sich an durch den Wechsel zu Swiss GAAP FER oder durch den Abschluss einer Vollversicherungs-Lösung.
Treuhänder: Auswirkungen der IAS 19-Änderungen
In Ausgabe 6/7-2012 des Treuhänder befassen sich Peter Zanella und Martin Welser mit den IAS 19-Änderungen und den Auswirkungen auf die Bilanzierung von Verbindlichkeiten aus Schweizer Vorsorgeplänen. Die in ihrem Beitrag dargelegten Schlussfolgerungen der Arbeitsgruppen (Accounting Working Party – AWP, und Arbeitsgruppe Rechnungslegung der Kammer der PK-Experten) wurden sowohl von den Fachgremien der Treuhand-Kammer als auch von der Schweizerischen Kammer der Pensionskassenexperten gutgeheissen. Die Arbeitsgruppen sind der Meinung, dass von den Änderungen der § 28 und 29 die bisherige Klassifizierung von Schweizer Plänen nicht tangiert wird. Insbesondere werden vollversicherte Vorsorgepläne wie bisher rechnungslegungsmässig als leistungsorientiert behandelt.
Im Fazit ihrer ausführlichen Darlegung kommen die Autoren zum Schluss, dass die Implementierung des revidierten IAS 19, welche spätestens auf den 1. Januar 2013 zu erfolgen hat, weitreichende Auswirkungen auf die Abbildung von Schweizer Vorsorgeplänen in IFRS-Abschlüssen haben wird. Neben der Abschaffung der Korridormethode, dem Verzicht auf einen über dem Diskontsatz liegenden erwarteten Kapitalertrag und den erweiterten Anhangsangaben sind auch Auswirkungen auf die Berechnung der Pensionsverpflichtung und des Dienstzeitaufwands zu erwarten.
Der im Geschäftsjahr effektiv bezahlte reglementarisch festgelegte Arbeitnehmerbeitrag wird wie bisher vollumfänglich vom Dienstzeitaufwand abgezogen. Das Ausmass der Reduktion ist dabei deutlich geringer als bei der strikten Aufteilung. Auch sind die Bestimmungen im Fall von Sanierungsmassnahmen ausführlicher und klarer geregelt. Nicht grundlegend geändert hat sich die Definition von Leistungs- und Beitragsorientierung. Auch sogenannte vollversicherte Pläne werden weiterhin unter die Definition von leistungsorientiert fallen.
NZZaS: BV verstärkt bilanzwirksam
In der NZZ am Sonntag beschäftigt sich Charlotte Jacquemart mit den Auswirkungen der revidierten IAS 19-Vorschriften auf die Bilanzen international tätiger Schweizer Firmen. Sie schreibt: “Bis jetzt durften Unternehmen die nicht von Vermögenswerten gedeckten Pensionskassenverpflichtungen ausserhalb der Bilanz führen. Dazu wurde von vielen Firmen die sogenannte Korridor-Methode angewendet: Ein kleiner Teil der Lücke wurde in der Bilanz mitgeführt, der grösste Teil nicht. Damit ist Schluss. Patrick Baeriswyl vom Beratungsunternehmen Mercer sagt: «Ab 2013 muss die Netto-Pensionsverpflichtung vollständig in der Bilanz ausgewiesen sein und gegen das Eigenkapital verrechnet werden.»
Viele Firmen sind erst daran, zu berechnen, was die Umstellung für sie bedeutet. Wenige haben schon Klarheit: Die Swisscom hat im Geschäftsjahr 2011 umgestellt und von der Korridor- Methode auf die volle Verbuchung der Pensionskassenverpflichtung gewechselt: Die Umstellung verschlingt per Ende 2010 eine knappe Milliarde Eigenmittel (20%). Peter Burkhalter, Leiter Konzernrechnungswesen der Swisscom, findet trotzdem, dass die Abschaffung des alten «Korridors» richtig ist: «Die bisherige Methode hat ein falsches Bild gezeigt.» Bei der Swisscom sei 2010 anstelle der Nettoverpflichtung von 1,2 Mrd. Fr. ein Gut haben von 250 Mio. Fr. ausgewiesen worden. «Bei vielen Firmen sind die Verpflichtungen in jüngster Zeit wegen der stark gesunkenen Zinsen angestiegen. Dieser Effekt kam unter der alten Buchungsart in der Bilanz nicht zum Vorschein», sagt Burkhalter.
Werden sich die neuen Regeln nachteilig auf unser Pensionskassensystem auswirken? Viele nehmen das an. «Die Firmen wollen keine Rentenverpflichtungen mehr in den eigenen Büchern», sagt Benno Ambrosini (LCP Libera). Das erreicht man, indem man Anlagerisiken auf die Arbeitnehmer überwälzt, Altersleistungen abbaut oder nur noch Alterskapital auszahlt und keine Renten mehr garantiert. Der Trend hin zum Abbau in dieser Art sei bei international tätigen Firmen schon länger sichtbar, weiss Ambrosini. «Bei reinen Schweizer Firmen ist noch unklar, wohin die Reise geht.» Werner Hertzog vom Beratungsunternehmen Aonhewitt hingegen glaubt zu wissen, wo es langgeht: «Die Bilanzprobleme werden zunehmen. Deshalb werden Firmen ihren Mitarbeitern in Zukunft lieber mehr Lohn oder Bonus zahlen als eine hohe Rente versprechen. Denn Cashflow-Probleme sind nun einmal einfacher zu lösen als Bilanzprobleme.»
Interpellation Graber: Überobligatorische Vorsorge und IAS-Revision
SR Konrad Graber (CE, LU) hat in seiner Interpellation auf die Folgen der neuen IAS-Vorschriften und die absehbaren Konsequenzen für die BV der Schweiz verwiesen. Der Ständerat hat sie am 1.6.2012 behandelt. Graber verwies in seinem Votum u.a. auf die neue Lösung bei der PK Novartis. Graber führte aus: “Mit der Verlagerung des Anlagerisikos und der Rentenverpflichtungen auf den Versicherten müssen diese Vorsorgekapitalien nicht mehr nach den IFRS verbucht werden. Es bleibt lediglich der steuerlich attraktive Effekt. Das stellt auch der Bundesrat fest, wenn er sagt, dass damit die Übertragung eines Teils der Risiken vom Unternehmen auf die Versicherten erfolge.
Die Problematik besteht aber, wie ich gesagt habe, nicht bei diesen sehr hohen Einkommen, sondern bei Einkommen zwischen 83 520 und 125 280 Franken. Bei diesen Löhnen im mittleren Gehaltsbereich besteht das Risiko, dass auf das Überobligatorium verzichtet wird. Ich gehe davon aus, dass wir nächstens auch mit dieser Tendenz konfrontiert sein werden.
Das würde ja – wenn ich die Antwort des Bundesrates richtig verstanden habe – auch der Bundesrat bedauern. Wenn wir uns in die Lage eines CFO einer Gesellschaft versetzen, hat der natürlich ein Interesse, dass bei der Pensionskasse ein möglichst hoher Deckungsgrad zu verzeichnen ist. Er hat sogar ein Interesse, dass eine möglichst hohe Überdeckung besteht. Wenn wir das auf einen einfachen Nenner bringen, heisst das: weniger anwartschaftliche Verpflichtungen, mehr Beiträge beziehungsweise weniger Leistungen. Damit entsteht ein Druck auf die paritätische Verwaltung. Dieser Druck entsteht durch die Gesellschaft, obwohl gerade das schweizerische Pensionskassenkonzept von einer Trennung ausgeht.
Der Bundesrat schreibt abschliessend, dass die betroffenen Instanzen an den Konsultationen teilnehmen sollten. Es würde mich vom Bundesrat jetzt in Ergänzung zu dieser Interpellation interessieren zu erfahren, wen er mit "betroffenen Instanzen" anspricht. Ist da die Finma angesprochen, und weiss die Finma etwas von ihrem Glück? Oder sind neben den Berufsorganisationen wie der Treuhandkammer noch andere Instanzen des Bundes gemeint, beispielsweise jemand aus dem Departement? Das würde mich eigentlich konkret noch interessieren. Es würde mich interessieren zu erfahren, wen der Bundesrat anspricht, wenn er selber die betroffenen Instanzen praktisch dazu auffordert, sich an den Konsultationen zu beteiligen.
Aus meiner Sicht können wir nicht nur auf Glück hoffen, ab und zu muss man dem Glück auch ein bisschen nachhelfen. Auf alle Fälle ist es deutlich zu wenig, wenn der Bundesrat mit den Worten beruhigt, diese Entwicklung müsse aufmerksam verfolgt werden. Das scheint mir eine Floskel zu sein, die uns nicht weiterhilft. Deshalb bin ich von der Antwort des Bundesrates in dieser Frage eigentlich nicht befriedigt. Dies auch deshalb, weil ich davon ausgehe, dass hier noch etwas auf uns zukommt, was man heute vielleicht noch nicht so konkret erahnt und auch in den Statistiken, die wie gesagt vergangenheitsbezogen sind, nicht aufscheint.”
IAS 19-Revision und die Folgen für Schweizer IFRS-Bilanzen
Spätestens per 1. Januar 2013 werden die revidierten IAS 19-Vorschriften in Kraft gesetzt. Dies wird weitreichende Auswirkungen auf die Unternehmensbilanzen gemäss IFRS haben. Unter anderem ist anzunehmen, dass risikoärmere Anlagestrategien bevorzugt werden und Generationentafeln an Bedeutung gewinnen, schreibt Peter Zanella von Towers Watson in der Schweizer Personalvorsorge 05/12. Die im Detail oftmals sehr komplexen Regelungen werden knapp zusammen gefasst und die Konsequenzen für Unternehmen und – indirekt – die Vorsorgeeinrichtung dargestellt.
Geringe Attraktivität der IAS für KMU
Unternehmen, die vom Rechnungslegungsstandard IFRS auf Swiss GAAP FER wechseln, verlieren im Durchschnitt einen Drittel ihres Wertes und weisen einen um 22% höheren Gewinn aus als vorher. Dies zeigt eine im «Schweizer Treuhänder» veröffentlichte Studie der Geschäftsberichte von 16 Unternehmen, in der Zahlen vor und nach der Umstellung von IFRS auf Swiss GAAP FER verglichen werden. Der Hauptunterschied wird durch die unterschiedliche Behandlung des sogenannten Goodwills erklärt. Dieser bei Fusionen entstehende Wert scheint ein ungeliebter Gast in den Bilanzen zu sein, wurde er doch bei der Umstellung immer sogleich «entsorgt». Ähnliches gilt für andere immaterielle Posten, zumal dadurch auch noch die Erfolgsrechnung dank weniger Abschreibungen entlastet wird, schreibt Christoph Schmutz in der NZZ.
Der am häufigsten genannte Grund für den Wechsel ist indessen die Komplexität des internationalen Regelwerkes. Ein Beispiel ist die komplizierte Berechnung der nötigen Vorsorgerückstellung. Swiss GAAP FER dagegen bietet eine einfache Lösung, die auf dem Abschluss der auch nach Swiss GAAP FER bilanzierenden (Schweizer) Pensionskassen basiert. Martin Blom, Finanzchef des Maschinen- und Anlagebauers Mikron, beklagt sich zudem über die häufigen Änderungen der IFRS. Auch die angekündigten Überarbeitungen etwa des Leasing- oder des Vorsorgestandards werden häufig erwähnt. Diese erforderten einen hohen Aufwand von den verantwortlichen Stellen im Betrieb, brächten aber häufig wenig Mehrwert, sagt Blom.
Orell Füssli, welche die Zahlen für 2011 erstmals nach Swiss GAAP FER präsentiert hat, erwartet gemäss Finanzchef Johannes Caprez dank diesem Schritt mittelfristig finanzielle Vorteile. Dieses Jahr habe man bereits zehn Seiten im Geschäftsbericht gespart. Bei Mikron resultierten geringere Ausgaben von rund 30 000 Fr. bei der Honorierung der Revisionsstelle und von 20 000 Fr. für Drittgutachten. Der interne Aufwand zur Erstellung der Jahresrechnung sank um rund 10%. Typischerweise wird jedoch nicht wegen der tieferen Revisionskosten gewechselt, auch wenn erwartet wird, dass diese sinken.
Treuhänder: Vergleich von IAS 19 und FER 16 am konkreten Fall
Im “Treuhänder”, Ausgabe Nr. 5/2012, vergleicht Daniel Suter (PwC) einerseits die einstufige Erfolgsrechnung nach Swiss GAAP FER mit der Darstellung des Gewinns bzw. Verlusts und des sonstigen Gesamtergebnisses nach IFRS. Anderseits die unterschiedliche Rücksichtnahme des Rechnungslegungsstandards auf die Schweizer Verhältnisse im Vorsorgerecht. Für den Vergleich werden die Verhältnisse bei einer VE in Unterdeckung zugrunde gelegt.
Die (sehr knappe) Zusammenfassung der ausführlichen Analyse mit zahlreichen Tabellen lautet: “Im Vergleich zur Lösung nach IFRS wird nach Swiss GAAP FER der Betrag in der Bilanz ausgewiesen, der vom Arbeitgeber wahrscheinlich zu bezahlen sein wird. Belastend ist die sofortige und vollständige Erfassung dieses Betrags in der Erfolgsrechnung. Der Zeitpunkt der Erfassung in der Jahresrechnung ist abhängig von den Entscheidungen der Geschäftsleitung und des leitenden Organs der Vorsorgeeinrichtung. Nach IFRS können zwar die Annahmen beeinflusst werden, nicht aber der Zeitpunkt der Erfassung, da die Berechnung des Nettoaufwands des Arbeitgebers vorgegeben ist. Die EU-Kommission hat den geänderten IAS 19 im März 2012 zur Anwendung innerhalb der EU anerkannt.”
NLZ: Abschreiber wegen neuer Buchungsregeln
Die Neue Luzerner Zeitung befasst sich mit den Konsequenzen der verschärften IAS. Die Zeitungschreibt: “Ab nächstem Jahr dürfen versicherungsmathematische Verluste nicht mehr aufgeschoben, sondern müssen sofort gebucht werden. Gleichzeitig gilt nur noch ein Nettozins für die Berechnung des Vorsorgeaufwands. Was kompliziert tönt, hat massive Konsequenzen für die Unternehmen, so auch beim Basler Chemiekonzern Clariant. Dort heisst es auf Seite 103 im aktuellen Geschäftsbericht: «Es wird damit gerechnet, dass die Einführung das konsolidierte Eigenkapital des Konzerns mit 235 Millionen Franken und das Konzernergebnis mit 11 Millionen Franken belasten wird.» Auf Basis der heutigen Zahlen hätte Clariant damit auf einen Schlag 8 Prozent weniger Eigenkapital. Auch der Gewinn des Spezialchemikanten würde wiederkehrend um über 4 Prozent geschmälert.
Verlässliche Zahlen über die finanziellen Auswirkungen der Regeländerung aber fehlen. Nur so viel: Buchprüfer KPMG hat vorgerechnet, dass sieben SMI-Konzerne im Geschäftsjahr 2010 versicherungsmathematische Verluste von 6,5 Milliarden Franken vor sich herschoben. Wobei sich die Situation im letzten Jahr nochmals verschärft haben dürfte. «Die Erträge auf den Pensionskassenvermögen sind gesunken, die Verpflichtungen haben sich erhöht», sagt KPMG-Finanzchef Lukas Marty. Dieses Aufschieben der Verluste war bislang erlaubt. Denn die Verluste mussten erst abgestottert werden, wenn sie 10 Prozent der Pensionskassenverbindlichkeiten überstiegen.
Bislang waren es zwei Zinssätze, auf deren Grundlage der Vorsorgeaufwand berechnet wurde: einer für die Verbindlichkeiten der Pensionskasse und einer fürs PK-Vermögen. In den meisten Unternehmen ging man davon aus, dass die langfristige Rendite auf dem Vermögen höher ausfällt, als der Diskontierungszinssatz auf den Verbindlichkeiten liegt. Bei der Post liegt die Zinsdifferenz beispielsweise bei 1 Prozentpunkt, bei der Migros sind es 1,4 Prozentpunkte. Neu gilt der tiefere Diskontierungszinssatz, sowohl für PK-Vermögen wie auch für PK-Verpflichtungen. Mit der Konsequenz, dass der Vorsorgeaufwand steigt. Dafür herrscht Transparenz: «Die Über- oder Unterdeckung der PK wird mit der Regeländerung nun aus der Bilanz ersichtlich», sagt PWC-Wirtschaftsprüfer Daniel Suter und fügt an, es handle sich um eine «Missbrauchsgesetzgebung ». Denn: «Bisher konnten die Unternehmen ihre Erträge steuern, je nachdem, wie aggressiv die Anlagestrategie ihrer Pensionskasse war.» Die überrissenen Renditeerwartungen der Pensionskassen könnten sich nun für manche Unternehmen als finanzieller Bumerang erweisen.”
Sonntag: Magere Renditen, tiefere Renten und schärfere IFRS-Regeln
“Der Sonntag” berichtet über die (bekannte) Kapitalmarktlage und die Konsequenzen der tiefen Renditen. Zur Sprache kommen auch die Konsequenzen der neuen IFRS-Regeln. Die Zeitung schreibt: «Wir sind wegen IFRS unter Druck, die Leistungen anzupassen», sagt der Chef einer grossen Pensionskasse. Seinen Namen will er nicht zitiert haben, da er die Mitarbeitenden nicht unnötig verunsichern will. Die Regeländerung per 2013 bewirkt, dass Anreize entstehen, die Rentenleistungen zu senken. Andernfalls drohen Gewinneinbussen, Rückstellungen oder ein Eigenkapitalrückgang. Laut Lukas Marty, Finanzchef der Revisionsgesellschaft KPMG, führt der revidierte IFRS-Standard unter anderem «bei vielen Unternehmen zu einer deutlich höheren Belastung der Erfolgsrechnung, was den Gewinn schmälert». Die neuen IFRS-Regeln werden selbst vom Pensionskassenverband Asip stark kritisiert: «Die Vorschriften können für die davon betroffenen Unternehmenspensionskassen indirekt zu Leistungsänderungen führen, die nicht zugunsten der Versicherten sind», sagt Asip-Präsident und Migros-Pensionskassen-Chef Christoph Ryter. Der Pensionskassenverband steht laut Ryter dem IFRS-Standard generell kritisch gegenüber. Der Asip könne allerdings gegen die beschlossenen Regeln «nichts Wirkungsvolles» unternehmen – obwohl sich die geänderten Bestimmungen «negativ auf die weitere Entwicklung der Pensionskassen» der IFRS-Firmen auswirken könnten.