Andreas Jäggi schreibt im Organisator, was Unternehmer gegen sinkende Renten tun können.
Arbeitgeber
“Fünf vor zwölf bei der AHV”
Frédéric Pittet, Stv. Ressortleiter Sozialpolitik und Sozialversicherungen beim Schweizerischen Arbeitgeberverband, befasst sich in einem Gastkommentar in der NZZ mit den düstern Aussichten der AHV und warnt vor einer starken Erhöhung der Mehrwertsteuer, um ihre Finanzen zu retten. Er empfiehlt als ersten Schritt eine moderate Erhöhung der MWSt und die Angleichung der Rentenalter. Damit wäre bis 2027 eine Stabilisierung gegeben. Dann müsste eine zweite Reformetappe mit einer schrittweisen, allgemeinen Rentenaltererhöhung folgen.
Die Finanzspritze [der Staf] ist nur ein Tropfen auf den heissen Stein, denn die grosse Pensionierungswelle der Babyboomer rollt ab 2020 erst richtig an. Innert weniger Jahre wird die Zahl der Rentner um eine Million Menschen wachsen. In Kombination mit einer tieferen Zuwanderung und unsicheren Wirtschaftsaussichten wird sich die jährliche AHV-Finanzierungslücke bis 2030 auf über fünf Milliarden Franken und 2035 sogar auf über zehn Milliarden Franken vergrössern – im besten Fall. Um Defizite in dieser Grössenordnung auszugleichen, müsste die Mehrwertsteuer um bis zu drei Prozentpunkte erhöht oder das Rentenalter um beinahe vier Jahre für Frau und Mann angehoben werden. (…)
In Anbetracht dieser Herausforderungen schlägt der Schweizerische Arbeitgeberverband einen ausgewogenen Reformweg in Etappen vor. In einem ersten Schritt soll die AHV finanziell stabilisiert werden. Hierfür genügt eine moderate Mehrwertsteuererhöhung um 0,3 Prozentpunkte, gekoppelt an die Angleichung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre. Letztere könnte auch mit einer gezielten Ausgleichsmassnahme verbunden sein. Dieser ausgaben- und einnahmenseitig ausgewogene Reformschritt würde die AHV- Finanzierung bis mindestens 2027 stabilisieren. Bis dann muss die politische Diskussion so weit fortgeschritten sein, dass eine zweite Reformetappe in Kraft gesetzt werden kann, die auch eine schrittweise allgemeine Rentenaltererhöhung mit einschliesst.
Arbeitgeber kritisieren SGK-N wegen Überbrückungsleistung
Der Arbeitgeberverband kritisiert in einer Meldung die Entscheide der nationalrätlichen Sozialkommission für ihre Entscheide bei der Behandlung der geplanten Überbrückungsleistung. Der geforderte Leistungsausbau wird als verantwortungslos bezeichnet.
Die nationalrätliche Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK-N) will bei der Überbrückungsleistung für ältere Arbeitslose (19.051) mehrheitlich eine massive Ausweitung des Bezügerkreises erwirken. Sie hat es verpasst, auf den Ständerat zuzugehen, und verteuert damit nicht nur die neue Sozialleistung, sondern riskiert auch das Scheitern der Vorlage.
Statt – wie von den Arbeitgebern gefordert – das Mindestbezugsalter auf 62 Jahre anzuheben, beharrt die SGK-N auf Alter 60 und lockert gleichzeitig die Bezugsvoraussetzungen erheblich. Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) unterstützt das Ziel des Bundesrats, ausgesteuerten älteren Personen eine existenzsichernde Überbrückungsleistung zu ermöglichen. Dies jedoch unter der Voraussetzung, dass die Betroffenen nicht anderweitig auf existenzsichernde Mittel zurückgreifen können.
Das Gesamtpaket der Massnahmen muss jedoch dafür sorgen, dass ältere Arbeitnehmer gar nicht erst in den Anspruchskreis für die neue Überbrückungsleistung geraten. Angesichts des sich akzentuierenden Fachkräftemangels ist es wichtig, Menschen besser dabei zu unterstützen, wieder im Arbeitsmarkt Tritt zu fassen, wenn sie vor Alter 60 die Stelle verlieren.
Geht es nun nach der SGK-N, sollen sogar bereits vor Alter 60 ausgesteuerte Personen in den Genuss der neuen Leistung kommen, sobald sie zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr noch während fünf Jahren gearbeitet haben. Faktisch wird die Altersgrenze 60 für einen Bezug damit sogar ausgehebelt.
Geschäft Ueberbrückungsleistung / Mitteilung SAV / Mitteilung SGK-N
“Das BVG in seiner Reinheit”
Roland Müller, Direktor des Arbeitgeberverbands verteidigt in einem Beitrag auf der Website des Verbands den Sozialpartnerkompromiss resp. die Vernehmlassungsvorlage des Bundesrats gegen die anschwellende Flut der Kritiker. Vor allem gegen den ASIP geht seine Kritik, der ein eigenes Modell entwickelt hat.
Weil der Asip als Verband der reichen Pensionskassen den Bundesrat mit seinem eigenen Modell nicht zu überzeugen vermochte, musste er sich andere Verbündete im Kampf gegen den ungeliebten Rentenzuschlag suchen. Fündig wurde er beim Dachverband der Arbeitgeber, wo drei deutlich unterlegene Verbände sich darauf einliessen, zu den selbsternannten Vertretern der reinen Lehre zu konvertieren. Seither skandieren auch sie: Rettet die Reinheit des BVG!
Fakt ist, dass sich der Rentenzuschlag nicht einfach herausbrechen lässt. Das Modell ist fein austariert, die Sozialpartner haben kaum eine Alternative ausgelassen. So wurde etwa geprüft, den Rentenzuschlag zu befristen. Allerdings entstünden daraus in den nächsten Jahren Kosten, die gerade für gewerbliche Branchen und ihre Beschäftigten nicht verkraftbar wären. Verbesserungen sind aber willkommen, sofern sie den Kompromiss nicht aus den Angeln heben. Denn ohne Kompromiss rückt eine BVG-Reform in weite Ferne.
Im Parterre und im ersten Stock
Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt wirft sich in einem Interview mit der Luzerner Zeitung für den Renten-Kompromiss in die Schanze. Auszüge:
CVP-Präsident Gerhard Pfister räumt dem Kompromiss geringe Chancen ein.
Überall wo wir eine Chance bekommen, den Sozialpartnerkompromiss zu erklären, ist das Verständnis deutlich besser. Die SVP und der Gewerbeverband reden den Kompromiss mit Schlagworten wie Umverteilung schlecht. Doch das stimmt so einfach nicht.
Der solidarisch finanzierte Zuschlag für Neurentner ist ein Systembruch in der BVG.
Schon heute findet eine Umverteilung statt: Jedes Jahr werden sieben Milliarden Franken von Erwerbstätigen zu den Rentnern umverteilt. Um diese deutlich zu reduzieren, schlagen wir die Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6,0 Prozent vor. Das würde im Durchschnitt zu 13 Prozent tieferen Renten führen. Um das zu verhindern, braucht es den solidarisch finanzierten Rentenzuschlag. Ein Lohnbeitrag von 0,5 Prozent zur Sicherung des zweitwichtigsten Sozialwerkes für die nächsten 15 Jahre ist aus unserer Sicht verkraftbar.
Selbst Millionäre bekommen einen Rentenzuschlag von 200 Franken pro Monat.
Der Millionär beteiligt sich mit seinen Lohnbeiträgen auch stärker an der Finanzierung als weniger gut Verdienende. Die meisten Millionäre beziehen zudem ohnehin keine Rente, sondern lassen sich ihr Alterskapital ausbezahlen.
BR- contra ASIP-Modell: Was kostet die Reform?
Markus Brotschi greift im TA die Diskussion um die Kosten der Reformmodelle von Bundesrat (SoKo) und ASIP auf. Die Kostenrechnung ist schwierig, da schwer abzuschätzen ist, wie viele Destinatäre überobligatorisch versichert und von der UWS-Senkung nicht betroffen sind. Zudem stellen sich Zuordnungsprobleme: sind bereits getätigte Rückstellungen den Kosten zuzuschlagen oder nur zusätzliche Belastungen, und bildet der Rentenzuschlag nun Teil planmässigen Finanzierung? Der TA schreibt:
Ausgerechnet der Arbeitgeberverband, der einen grossen Teil dieser Wirtschaft vertritt, kämpft vehement für den Kompromiss mit den Gewerkschaften. Dass dieser Kompromiss in der Politik so schlecht dastehe, dafür sei massgeblich der Pensionskassenverband (Asip) verantwortlich. «Der Asip rechnet den Sozialpartnerkompromiss schlecht», hält der Arbeitgeberverband in einer Stellungnahme fest. Konkret geht es um die Kosten der Reform. Der Asip liess seinen eigenen Reformvorschlag und jenen der Sozialpartner von Pensionskassenexperten der St.Galler Beratungsfirma «c-alm» durchrechnen. Diese kamen zum Schluss, dass der Sozialpartnerkompromiss 3,25 Milliarden, der Asip-Vorschlag jedoch nur 2,1 Milliarden pro Jahr kostet. Das Sozialpartnermodell wäre demnach rund eine Milliarde Franken teurer.
«Das ist falsch», sagen nun die Arbeitgeber. Die vom Asip beauftragten Experten hätten sich beim Sozialpartnermodell um 400 Millionen verrechnet. Den Fehler ortet der Arbeitgeberverband bei der Annahme, bei wie vielen Personen künftig ein höherer Lohnanteil versichert wäre. Hier hätten sich die «c-alm»-Experten auf Zahlen der gescheiterten Reform Altersvorsorge 2020 gestützt, was zu viel mehr Betroffenen und deutlich höheren Kosten führe, als dies der Fall sei. «Ob es sich um eine vorsätzliche Schlechtrechnung handelt oder ob dem Experten ein kaum nachvollziehbarer, peinlicher Fehler unterlaufen ist, bleibt offen», hält der Arbeitgeberverband fest.
“Bundesrat im Gleichschritt mit den Sozialpartnern”
Der Arbeitgeberverband zeigt sich glücklich über die bundesrätliche Vorlage zur BVG-Revision, die sich eng an das Modell der Gewerkschaften und der Arbeitgeber hält. Der Verband schreibt:
Der Sozialpartnerkompromiss ist der einzige von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite – den beiden Finanzierern des BVG – getragene Reformvorschlag. Er sichert die Renten auf dem bisherigen Niveau, ist rasch umsetzbar und bedeutet für die Vorsorgeeinrichtungen einen vertretbaren administrativen Aufwand. Mit den ausgewogenen beitrags- und leistungsseitigen Massnahmen ist diese Lösung auch KMU-tauglich und vor dem Stimmvolk mehrheitsfähig. Dies hat offenbar auch den Bundesrat überzeugt.
Das Vernehmlassungsverfahren dürfte diesen Frühling beendet sein. Der Schweizerische Arbeitgeberverband erwartet, dass die Vernehmlassung zügig weiterbearbeitet wird, damit die Botschaft noch vor dem Sommer zuhanden des Parlaments verabschiedet werden kann. Die Arbeitgeber unterstützen Bundesrat und Parlament weiterhin, den demografischen Herausforderungen der beruflichen Vorsorge mit nachhaltigen Massnahmen entgegenzutreten. Wichtig ist jetzt, dass die Reform rasch durch das Parlament kommt und nicht aufgeschnürt wird. Denn damit würde der austarierte Kompromiss aus dem Gleichgewicht fallen.
Arbeitgeber gegen Treibsand und den ASIP
pw. In der NZZ bringen Valentin Vogt und Roland Müller, Präsident und Direktor des Arbeitgeberverbands, nochmals ihr mit den Gewerkschaften ausgehandeltes BVG-Reformprojekt in Stellung gegen den Vorschlag des ASIP. Sie appellieren an die Verantwortung von PK-Verantwortlichen, dieses Modell zu unterstützen, auch wenn ihre Kassen den Umwandlungssatz längst weit über die neue Zielgrösse von 6% hinaus gesenkt haben und wegen des geforderten halben Lohnprozents deren Destinatäre gleich zweimal zur Kasse gebeten werden. Sie schreiben:
Auf einen Nenner gebracht: Das Sozialpartnermodell stärkt, modernisiert und vereinfacht das BVG. Dies trifft auf alle Vorsorgewerke zu, denn die im Kompromiss vereinten Sozialpartner haben besonderes Gewicht auf eine ausgewogene Generalüberholung gelegt. Darum zielt die Kritik des Pensionskassenverbands Asip ins Leere. Er hat in diesen Spalten moniert, mit dem Sozialpartnermodell müssten sich Pensionskassen, die ihre Umwandlungssätze im überobligatorischen Bereich bereits deutlich gesenkt hätten, an der Gesundung von BVG-nahen Kassen beteiligen.
Für einen Pensionskassen-Chef, der sich lediglich um seine eigene wohldotierte Kasse kümmert, ist diese Haltung zwar nachvollziehbar. Ausgeblendet bleibt allerdings die Verantwortung für das Gesamtsystem. Für rund 30 Prozent der Erwerbstätigen, unter ihnen viele aus gewerblichen Branchen, liegen die Rentenleistungen beim gesetzlichen Minimum oder nur wenig darüber. Das symbolische Haus der beruflichen Vorsorge ist einsturzgefährdet, wenn die unterste Etage morsch und der Baugrund nicht mehr tragfähig ist.
Mithin setzt der Sozialpartnerkompromiss hier an: Er sichert die Zukunftsfähigkeit aller Kassen. Fehlt diese Garantie für die ganze berufliche Vorsorge und wird der von Gewerkschaften und Arbeitgebern austarierte Kompromiss im neu zusammengesetzten Parlament aufgeschnürt, droht ein Debakel. Dann wären sämtliche Akteure in einer wackligen Bauruine gefangen und müssten um die Renten zittern.
NZZ / Kommentar Konrad-Ryter / Uebersicht Reform
NZZ: Teure Giesskanne
Für kommenden Mittwoch (11.12.19) wird die Publikation der Vernehmlassungsvorlage zur BVG-Revision erwartet. In der NZZ werden schon früher geäusserte Vorbehalte gegen den sog. Sozialpartner-Kompromiss wiederholt. Er dürfte die Grundlage für die Vorlage des Bundesrats bilden. Hansueli Schöchli hält ihn für zu teuer und eine Belastung für die jüngeren Generationen. Die Arbeitgeber erachten die in der NZZ genannten Zahlen für falsch. Vor allem stossen sie sich am Begriff der “Luxusrevision”, der ebenfalls wiederholt wird. Schöchli schreibt:
Die St. Galler Vorsorgeberatungsfirma c-alm hat nun die finanziellen Folgen einer solchen Reform ohne Giesskanne ausgerechnet. Demnach würden sich die Gesamtkosten im Vergleich zum Sozialpartner-Vorschlag etwa halbieren – auf rund 1,5 Mrd. Fr. pro Jahr. Die Kosten für die Rentenzuschläge alleine könnte man so gar um 80 bis 90% reduzieren. «Kompensationsmassnahmen sollten weitgehend durch die wenigen betroffenen Pensionskassen selbst getragen werden, denn dafür bestehen bereits Rückstellungen», sagt zudem c-alm-Experte Roger Baumann. Unter Berücksichtigung dieser Rückstellungen «wären kaum mehr Rentenzuschläge im Sozialpartnermodell nötig».
Eine solches Modell ohne Giesskanne würde zwar einem Kernpunkt des Vorschlags der Gewerkschaften und des Arbeitgeberverbandes widersprechen. Doch wären die Risiken einer allfälligen Referendumsabstimmung überschaubar. Die von den Sozialpartnern vorgeschlagene Reform «wäre für die grosse Mehrheit der Pensionskassen schlechter als das Nichtstun», betont Roger Baumann. Und: «Mit einer BVG-Revision sollte man eigentlich die Umverteilung bekämpfen, doch dieses Reformmodell bringt noch zusätzliche Umverteilungen von mindestens 1 Mrd. Fr. pro Jahr.» Im Szenario ohne Reform bliebe der gesetzliche Mindestumwandlungssatz auf überhöhten 6,8%. Dann müsste man laut Baumann betroffenen Vorsorgeeinrichtungen die Möglichkeit geben, einen Zusatzbeitrag zur Finanzierung der Rentenzahlungen zu erheben.
“Der Sozialpartnerkompromiss wird schlecht geredet”
Der von den Gewerkschaften und dem Arbeitgeberverband unterbreitete Vorschlag zur BVG-Revision ist auf viel Kritik gestossen, auch auf auf diesen Seiten. Vor allem aber die Artikel in der NZZ sind offenbar den Arbeitgebern sauer aufgestossen. Roland Müller, Direktor des Arbeitgeberverbands, setzt sich nun auf der Website des Verbands zur Wehr. Unter dem Titel “Der BVG-Sozialpartnerkompromiss wird schlecht geredet” stellt er fest, dass einzig mit dem Kompromiss das nominelle Rentenniveau erhalten werden könne. Die in der NZZ aufgeführten Kostenrechnungen (c-alm) beruhten auf anderen Annahmen und seien unvollständig.
Müller geht jedoch auf den wichtigsten Kritikpunkt an den Vorschlägen nicht ein; der Rentenzuschlag bleibt unerwähnt. Er schreibt:
Wenig glaubwürdig ist zudem, dass nicht mit den von den Sozialpartnern offengelegten und vom BSV validierten Kosten gerechnet wird, sondern mit unveröffentlichten Berechnungen einer Beratungsfirma. Die Berater stützen sich dabei auf andere Annahmen, die im Grundmodell der Kompensation zu höheren Kosten von mehreren Hundert Millionen Franken führen.
Zudem ist anscheinend vergessen gegangen, die Kosten für die Zusatzkompensation der Übergangsgeneration in den beiden anderen Modellen ebenfalls aufzurechnen. Wäre der Kostenvergleich korrekt, müssten für den Sozialpartnerkompromiss jährlich 2,7 Milliarden Franken deklariert werden, mindestens ebenso viel für das Modell des Pensionskassenverbands (ASIP) und 1,9 Milliarden Franken für das Modell des Schweizerischen Gewerbeverbands (sgv) dazu gerechnet werden. Mit anderen Worten: Es werden die berühmten Äpfel mit Birnen verglichen.
Wäre die Analyse gründlich gemacht worden, hätte dem Sozialpartnerkompromiss in der NZZ das Etikett der «Luxuslösung» nicht verpasst werden dürfen. Oder die Lust an der Zuspitzung hätte zu schlagzeilenträchtigen Namen für alle Modelle führen müssen – vielleicht «Dumpinglösung» für das sgv-Modell oder «Technokratenlösung zulasten der Schwächsten» für das ASIP-Modell.
Artikel Müller / Material zum Kompromiss
“PKs zerzausen die Rentenreform”
Bernhard Kislig schreibt im Tages-Anzeiger über Reaktionen von Pensionskassen zum sog. Sozialpartner-Kompromiss von Gewerkschaften und Arbeitgeberverband (ex Gewerbe).
Kritik gibt es am geplanten Rentenzuschlag. Diesen sollen Neurentner für eine Zeit von 15 Jahren erhalten, um neben weiteren Kompensationen Einschnitte bei der Rente zu verhindern. Etliche Pensionskassen – darunter vor allem auch die grossen – hätten ihre Hausaufgaben längst gemacht, den Umwandlungssatz gesenkt und allfällige Rentenausfälle der Übergangsgeneration abgefedert, sagen mehrere Pensionskassenverantwortliche und Experten.
«Wie die meisten anderen Kassen haben wir die technischen Parameter angepasst und gleichzeitig Leistungseinbussen für die Versicherten abgefedert», sagt zum Beispiel Christoph Ryter, Geschäftsführer der Migros-Pensionskasse – eine der grössten Vorsorgeeinrichtungen der Schweiz. Würde der Kompromiss der Sozialpartner umgesetzt, müsste die Migros-Pensionskasse den Neurentnern einen Rentenzuschlag von monatlich 100 bis 200 Franken bezahlen, obwohl diese wegen der Senkung des Umwandlungssatzes keine Einbussen hätten, da die Migros-Pensionskasse ohnehin bereits grosszügigere Leistungen vorsieht. «Ich mag es jedem Rentner gönnen, wenn er mehr Geld erhält», so Ryter. Aber er würde das nicht fair finden, wenn Neurentner nach den bereits erfolgten Kompensationen zulasten der Kasse einen weiteren Zuschlag erhalten.
Auch Martin Wagner, Geschäftsführer der Pensionskasse der Credit Suisse, kritisiert den geplanten Rentenzuschlag. «Die von den Sozialpartnern vorgeschlagene Reform weist zwar positive Ansätze wie die Anpassung des Mindestumwandlungssatzes auf, sie verfehlt jedoch das Ziel einer nachhaltigen Finanzierung der Altersvorsorge», argumentiert Wagner.
Arbeitgeber: Neues Konzept für den Mindestzins
In einem “Hintergrund-Artikel” beleuchtet der Arbeitgeberverband die unbefriedigende Situation bei der Festlegung des BVG-Mindestzinses und fordert eine Neukonzeption oder genauer, seine Abschaffung.
Das Konzept des Mindestzinssatzes müsste grundsätzlich überarbeitet werden. Für die Arbeitgeber trägt dieses Konzept den unterschiedlichen Vorsorgetypen und ihren unterschiedlichen Regulierungen nicht genügend Rechnung. Darum ist es nicht mehr zukunftstauglich. «Alles über einen Leisten zu schlagen, ist weder sinnvoll noch notwendig», sagt Martin Kaiser, SAV-Ressortleiter Sozialpolitik und Sozialversicherungen. Der Mindestzinssatz ist in der Praxis vor allem für eine kleine Zahl von Vorsorgeeinrichtungen wichtig, die ausschliesslich oder überwiegend Vorsorgeleistungen im obligatorischen Bereich anbieten oder die aus anderen Gründen finanziell unter Druck stehen.
Es wäre deshalb logisch, die Kompetenz zur Bestimmung der Höhe der Verzinsung der Altersguthaben in die Hände der paritätisch zusammengesetzten Stiftungsräte zu geben. Denn sie wären am besten in der Lage, die Situation ihrer Vorsorgeeinrichtung richtig einzuschätzen und eine partnerschaftliche Lösung zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern zu finden.
Für die Garantie des verfassungsmässigen Leistungsziels genügt der gesetzlich geregelte Mindestumwandlungssatz vollauf. Gestützt auf die langjährigen Erfahrungen sind auch Befürchtungen unberechtigt, wonach möglichst viele Vorsorgeeinrichtungen eine möglichst tiefe Verzinsung beschliessen würden. Es zeigt sich klar, dass auch gegenwärtig nur jene Vorsorgeeinrichtungen den Mindestzins anwenden, die in einer schwierigen Situation sind.
Die grosse Mehrheit der Einrichtungen verzinst das Altersguthaben ihrer Versicherten gemäss ihren Möglichkeiten zu einem häufig sogar deutlich höheren Wert, was auch erwünscht ist. Die paritätischen obersten Organe haben keinerlei Interesse, ihren Destinatären eine unnötig tiefe Verzinsung zukommen zu lassen. Problematisch ist hingegen, dass der technische Parameter Mindestzins immer mehr verpolitisiert wird. Solange das gesetzliche Konzept nicht angepasst wird, dürfte sich daran nichts ändern.
Arbeitgeber zur AHV-Botschaft: Fehlanreize
Der Arbeitgeberverband schreibt zur Botschaft des Bundesrates zur AHV 21:
Das milliardenschwere Finanzierungsloch in der AHV weitgehend über Zusatzfinanzierungen in Form einer satten Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,7 Prozentpunkte stopfen zu wollen, ist aus Sicht der Arbeitgeber unrealistisch. Darunter würde nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft mit ihren zahlreichen KMU leiden. Auch den Bürgern, namentlich dem Mittelstand, würden unzumutbare Belastungen aufgebürdet.
Die Arbeitgeber fordern deshalb eine Anpassung der Vorlage mit einem ausgewogenen Mix aus leistungs- und einnahmeseitigen Massnahmen, die eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um moderate 0,3 Prozentpunkte enthalten soll. Das oberste Ziel muss sein, das Rentenniveau zu halten, ohne die Generationensolidarität einer noch grösseren Belastung auszusetzen.
Angesichts des sich zuspitzenden Fachkräftemangels muss das Parlament die Vorlage zudem um eine gezielte Anreizmassnahme für den freiwilligen längeren Verbleib im Arbeitsmarkt anreichern. Die Arbeitgeber fordern die längst fällige Erhöhung des seit über zwei Jahrzehnten nicht mehr der allgemeinen Kostenentwicklung angepassten Freibetrags für erwerbstätige AHV-Bezüger von 1400 Franken auf 2000 Franken pro Monat. Der Freibetrag spielt in der persönlichen Beurteilung von Menschen im AHV-Alter, ob und in welchem Umfang sie weiterarbeiten wollen, eine wichtige Rolle.
Sogar Fehlanreize setzt der Bundesrat, indem er den Vorbezug der AHV und damit die vorzeitige Pensionierung noch attraktiver macht. Dies führt zu jährlichen Mehrkosten von über 300 Millionen Franken, die zur Sicherung der AHV-Renten auf heutigem Niveau fehlen (siehe Tabelle).
Arbeitgeber: Mindestzins 2020 nicht über 0,5 Prozent
Während die durchschnittliche Performance der Pensionskassenvermögen in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres mehr als 8 Prozent erreichte, legt nun der Arbeitgeberverband präventiv dar, weshalb für das kommende Jahr ein halbes Prozent das Maximum der Gefühle für den BVG-Mindestzins sein dürfen. Gleichzeitig wird das Konzept des Mindestzinses in Zweifel gezogen. Grundlage der Forderung sind diverse Formeln, welche eine objektive Festlegung erlauben sollen und welche alle als Resultat dieses halbe Prozent anzeigen.
Auffallend ist, dass trotz den verschiedenen Gewichtungen der weitgehend identischen Bestandteile der Formeln derzeit alle Ergebnisse praktisch gleich sind. Sämtliche Formeln – auch die bis im letzten Jahr als sogenannte «alte Minderheitsformel» verwendete Formel – ergeben für das Jahr 2020 einen Mindestzins von 0,5%. Dies mag auf den ersten Blick erstaunen. Allerdings befindet sich die Schweiz seit Jahren in einem Tiefzinsumfeld, und selbst 10-jährige Bundesobligationen werfen aktuell eine Rendite von weniger als -1,0% ab. Darüber hinaus trüben sich die Aussichten der Weltwirtschaft zusehends ein.
Die BVG-Kommission wird also nicht darum herumkommen dem Bundesrat für 2020 einen Mindestzinssatz von 0,5% empfehlen zu müssen. Sonst würde sie an der Realität vorbeizielen und die jetzt schon schwierige Situation weiter akzentuieren, mit der die Welt der beruflichen Vorsorge oder mindestens Teile davon konfrontiert ist.
Das Konzept des Mindestzinssatzes müsste grundsätzlich überarbeitet werden. Für die Arbeitgeber trägt dieses Konzept den unterschiedlichen Vorsorgetypen und ihren unterschiedlichen Regulierungen nicht genügend Rechnung. Darum ist es nicht mehr zukunftstauglich. «Alles über einen Leisten zu schlagen, ist weder sinnvoll noch notwendig», sagt Martin Kaiser, SAV-Ressortleiter Sozialpolitik und Sozialversicherungen. Der Mindestzinssatz ist in der Praxis vor allem für eine kleine Zahl von Vorsorgeeinrichtungen wichtig, die ausschliesslich oder überwiegend Vorsorgeleistungen im obligatorischen Bereich anbieten oder die aus anderen Gründen finanziell unter Druck stehen. Es wäre deshalb logisch, die Kompetenz zur Bestimmung der Höhe der Verzinsung der Altersguthaben in die Hände der paritätisch zusammengesetzten Stiftungsräte zu geben.
IV: Arbeitgeber kritisieren Bund und Parlament
In einem Kommentar zu Situation und Weiterentwicklung der IV kritisiert der Arbeitgeberverband den verzögerten Schuldenabbau sowie die drohende Mehrbelastung der Arbeitgeber durch den zunehmenden Eingliederungsdruck.
Bund und Parlament (schieben) die nachhaltige Sanierung der IV immer mehr hinaus. Ursprünglich wurde der Schuldenabbau bis 2024 versprochen – nun gehen die jüngsten Projektionen des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) davon aus, dass dieses Ziel sogar erst 2032 erreicht werden kann. «Dies liegt vor allem daran, dass Bundesrat und Parlament die Situation immer wieder beschönigen und vor den erforderlichen strukturellen Massnahmen zurückschrecken», betont Martin Kaiser, SAV-Ressortleiter Sozialversicherungen und Sozialpolitik.
Diesen Eindruck der Arbeitgeber konnten die bisherigen Beschlüsse zur Weiterentwicklung der IV des Bundesrats und des erstbehandelnden Nationalrats nicht entkräften. Statt die notwenigen Sanierungsmassnahmen anzugehen, wollen sie den schwarzen Peter den Arbeitgebern zuspielen. Unter dem wohlklingenden Titel «Zusatzvereinbarungen», wobei es sich effektiv um eine «Quote Light» handelt, soll zusätzlicher Eingliederungsdruck auf die Wirtschaft gemacht werden.
Angeblich sollen auch finanzielle Zuwendungen der IV zur Förderung der beruflichen Eingliederung möglich werden. Diese Unterstützung ist insbesondere zur Verbesserung praxistauglicher Prozesse und zur besseren Koordination der verschiedenen Beteiligten zwingend nötig. Nicht alles könne den Arbeitgebern delegiert werden, sagt Martin Kaiser: «Aber ausser einem Lippenbekenntnis fehlen konkrete Zahlen. Nicht einmal Aussagen über die Höhe eines finanziellen Engagements finden sich in den Materialien zur Revision. Quoten oder quotenähnliche Regelungen sind definitiv nicht zielführend.» Es ist zu hoffen, dass die zuständige Ständeratskommission diese Woche das Heft grundsätzlich in die Hand nimmt.
SAV / NZZ Wirtschaftlichkeit der 4.5.6. IV-Revision