Trotz Innovationskraft zögern Pensionskassen bei Venture-Capital-Investitionen. Dabei bietet diese Anlageklasse grosses Potenzial, meint Max Meister in Bilanz. Er schreibt:
Warum hinkt gerade die Schweiz als einer der wichtigsten Finanzplätze weltweit – mit immerhin dem dritthöchsten institutionellen Vermögen in Europa – im internationalen Vergleich hinterher? In den USA und zunehmend in Europa tätigen institutionelle Anleger verstärkt Investitionen in den Bereich Venture Capital (VC); Schweizer Pensionskassen halten sich in dieser Anlageklasse aktuell noch auffallend zurück.(…)
Schweizer Pensionslassen dürfen seit Anfang 2022 bis zu fünf Prozent in den Bereich Venture Capital investieren. Dies verbirgt sich hinter der «Quote für Anlagen in nichtbörsennotierte Schweizer Unternehmensbeteiligungen». 2023 haben nicht einmal 100 der über 1300 Schweizer Pensionskassen in diese Anlagekategorie investiert, und dies nur mit mässigem Appetit: Nur 0,02 Prozent der Schweizer Pensionskassenvermögen werden im VC-Bereich angelegt. Natürlich gibt es eine Vielzahl von Gründen für diese Zurückhaltung, die die Entscheider bei institutionellen Investoren stets anführen.
Einer der Hauptgründe für die geringe Beteiligung der Pensionskassen am VC-Markt sind die strengen regulatorischen Vorgaben. In der Schweiz unterliegen Pensionskassen der «BVV 2»-Regulierung, die klare Anlagegrenzen aufweist. Zwar wurde wie erwähnt die Hürde für nichtkotierte Anlagen gelockert, aber die strengen Vorschriften zur Risikodiversifikation und zu den Sicherheitsanforderungen machen es durchaus schwierig, grosse Summen in die Anlageklasse Venture Capital zu stecken. Ein limitierender Faktor ist sicherlich auch, dass Pensionskassen die ausreichende Liquidität ihrer Anlagen gewährleisten müssen. (…)
Ein weiteres Problem ist der Mangel an VC-spezifischem Fachwissen und der Branche zugeneigten Strukturen. Venture Capital erfordert besondere Kenntnisse und Netzwerke, damit langfristig wiederholbare und erfolgreiche Investitionen getätigt werden können. Gleiches gilt bei der Fondsmanagerauswahl. In Ländern wie den USA oder Grossbritannien haben sich institutionelle Investoren über Jahre hinweg das notwendige Know-how angeeignet und eigene Teams für diese Anlageklasse aufgebaut. In der Schweiz gibt es hingegen nur wenige Pensionskassen, die in ihren internen Teams über dedizierte Private-Markets- oder gar VC-Spezialisten verfügen. (…)
Für eine echte und nachhaltige Änderung müssten die regulatorischen Rahmenbedingungen weiter gelockert werden, es müssten Incentive-Systeme geschaffen werden, die Anlageklasse Venture Capital sollte im öffentlichen Diskurs besprochen werden können, und es bräuchte natürlich einige medienwirksame Exits und Erfolgsgeschichten, die das subjektive Vertrauen ins lokale Ökosystem stärken. Nur durch gezielte Reformen, Investitionen ins Know-how und eine stärkere Vernetzung zwischen den einzelnen Stakeholdern können diese Herausforderungen gemeistert werden.
Bilanz