Der AHV-Ausgleichsfonds wie auch Pensionskassen lassen ihr Vermögen von einer US-Depotbank verwahren. Das ruft die Politik auf den Plan. Bankprofessor Peter V. Kunz erklärt in einem Interview mit dem Tages-Anzeiger die Risiken. Auszüge:
Herr Kunz, gesetzt der Fall, die USA erlassen aus irgendeinem Grund Sanktionen gegen die Schweiz: Würden nur Gelder auf US-Banken eingefroren?
Es wären sämtliche Vermögenswerte, die sich ausserhalb der Schweiz befinden, gefährdet. Nicht nur Konten bei US-Banken, sondern bei allen Banken. Auch eine UBS wäre betroffen.
Wie findet so etwas faktisch statt, gäbe es eine Liste, auf der der AHV-Ausgleichsfonds oder Schweizer Pensionskassen aufgeführt sind?
Wir waren bis jetzt noch nie auf einer US-Sanktionsliste als Staat. Die Schweiz gilt nicht als Unrechtsstaat, anders als der Iran. Aber die USA schauen kritisch auf die Schweiz, etwa auf die Nationalbank wegen angeblicher Währungsmanipulationen. Es ist nicht davon auszugehen, dass Sanktionen gegen die Schweiz als Staat verhängt würden. Aber auf US-Listen könnten bestimmte Unternehmen aufgeführt werden, die Tätigkeiten in der Schweiz wahrnehmen. Die US-Depotbank State Street, UBS und andere einzelne Banken wie auch Firmen könnten betroffen sein.
Es ist also egal, ob es sich um eine US-Bank, eine Schweizer Bank oder eine andere ausländische Bank handelt, bei der Geld aus der Schweiz verwahrt wird?
Ja, es kommt nicht darauf an, ob es sich um eine ausländische oder inländische Bank handelt. Auch die UBS würde sich an US-Sanktion halten müssen.
Compenswiss hält gut 30 Prozent ihrer Vermögenswerte in US-Anlagen, verwahrt müssen sie vor Ort werden. Sie meinen, das ist wegen einer möglichen Verweigerung des Zugriffs zu riskant?
Wenn man den USA misstraut und das Risiko des Einfrierens sieht, darf man nicht mehr in US-Wertschriften investieren. Oder zumindest zu einem geringeren Anteil.
Was aber würde passieren, wenn der AHV-Ausgleichsfonds aus welchem Grund auch immer nicht an seine Vermögenswerte kommt, würde die Rentenauszahlung stocken?
Wenn Compenswiss über längere Zeit keinen Zugriff hätte, würde der Bund wahrscheinlich wieder über Notrecht Geld zur Verfügung stellen. Wir sprechen von rund 40 Milliarden Franken, das ist zwar sehr, sehr viel – aber nicht existenzgefährdend für die Schweiz. Bei der UBS-Krise im Jahr 2007 ging es um mehr als 60 Milliarden.